Hungerspiele

hunger games

Vor einigen Tagen habe ich mir auf einem Streaming-Portal meines Vertrauens (ja, ich wiederhole mich) „Die Tribute von Panem – The Hunger Games“ angeschaut sowie den zweiten Teil The Hunger Games: Catching Fire (im Original, deshalb auch Links auf das englische Wikipedia).

Ich muss zugeben, dass ich überrascht war. Angesichts des kommerziellen Erfolges vermutet ich eher eine Hollywood-Mainstream-Fantasy-Soap-Opera und dergleichen oder einen Schrott wie „Game of Thrones“. (Rezensionen auf „Rotten Tomatoes“) Außerdem finde ich die Heldin Katniss weder sexy noch hübsch noch agiert sie intelligent – und sie schluchzt zu viel herum. Sie passt also nicht in mein Beuteschema. „Katniss ist damit die bis dahin erfolgreichste weibliche Heldenfigur der US-amerikanischen Kinogeschichte.“ hunger gamesWTF?! Das sagt ja schon viel aus.

Dennoch musste ich über den Plot und wie er umgesetzt wurde, nachdenken, und ich wurde auch gut unterhalten. Das reicht mir schon, um die Filme insgesamt als positiv anzusehen und sie zu empfehlen.

Peter Suderman schreibt in „The Washington Times„: „that [m]aybe it’s a liberal story about inequality and the class divide. Maybe it’s a libertarian epic about the evils of authoritarian government. Maybe it’s a feminist revision on the sci-fi action blockbuster. Maybe it’s a bloody satire of reality television“, but concludes the film only proposes these theories and brings none of them to a reasonable conclusion.“

Das fasst genau das zusammen, was ich auch denke. Vieles könnte vielleicht so sein, was uns dazu zwingt, daüber zu theoretisieren, wie Filme beeinflussen – und ob. Manche Filme und Kunstwerke wirken ja ganz anders, als der oder die Erschafferin es sich dachte. Die Antwort ist wie immer: Filme und andere Medien (auch Burk’s Blog) bestärken das, was der Rezipient ohnehin denkt. Wenn ein feiger Reaktionär „the Hunger Games“ anschaut, wird er (oder sie) nicht zum mutigen Revolutionär.

Ich liebe aber ganz besonders den „Showmaster“ Caesar Flickerman (vgl. Screenshot oben rechts), genial gespielt von Stanley Tucci. Ich habe selten so eine ätzende medienkritische Satire auf das Fenrsehen und seine verblödende und systemerhaltene Wirkung gesehen. Einfach unglaublich gut und zynisch und zum Totlachen. Ich vermute aber, dass die Zuschauer von MDR, von DSDS und „Germanys next Topmodel“, Dschungelcamp und anderen so genannten „Unterhaltungssendungen“ im deutschen TV gar nicht merken, wie „Caesar Flickerman“ sie auf die Schippe nimmt, weil sie ihr eigenes Rezeptionsverhalten schon als „normal“ ansehen.

hunger games

Nun zu den Frauen bzw. zu der Heldin Katniss. Die „Hungerspiele“ sind – von mir aus gesehen – natürlich Kinderfilme. Die werberelevante Zielgruppe, die Devotionalien der Figuren, mit denen sie sich identifiziert, kauft, ist unter 20. Dementsprechend sind auch die medialen Abfallprodukte (vgl. Screenshot oben) an „Mädchen“ (Was ist der beste Lippenstift?) und Jungen gerichtet. Von Emanzipation keine Spur. Ich sehe auch kein Rollenschema, das irgendwie kritisch oder interessant oder neu wäre. Frauen als „Kämpferinnen“ kommen in Fantasy-B-und C-Movies schon lange vor. Die „Tribute von Panem“ sind sogar noch reaktionärer als „Lara Croft“, weil Sex noch nicht einmal angedeutet wird (wegen der Zielgruppe und der US-calvinistischen Prüderie).

Die Filme lässt mich rätselnd zurück (dann sind sie sowieso gut). Man kann sie auch als Metaphern der Macht interpretieren: Wie den Untertanen von der herrschenden Klasse medial vermittelt wird, dass das System gut ist.

Revolutionär oder gar „links“ sind die „Hungerspiele“ jedoch nicht, weil sie nicht die Realität zeigen. Das trauen sie sich nicht, genausowenig wie in Elysium. Ausbeutung und Verblödung der Massen im Kapitalismus? Dürfen wir nicht zeigen. Also müssen wir das Thema in eine fantastische ferne Zukunft verlegen. Sonst kämen die Untertanen auf dumme Gedanken über ihre eigene Realität.

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Kommentare

14 Kommentare zu “Hungerspiele”

  1. D.B. am Juni 30th, 2014 10:57 am

    Moin Burks, wieso guckst du dir nicht mal das Original an? Sprich: Battle Royale, Japano Produktion. Die Amiversion war doch ultra Hochglanz-plastik weichgespült…
    Nun ja,wie gesagt –
    http://www.ofdb.de/film/9742,Battle-Royale—Nur-einer-kann-%C3%BCberleben

    Gruß!

  2. admin am Juni 30th, 2014 11:35 am

    Werde ich tun. Danke für den Tipp. Aber basiert die japanische Version auch auf der Buchvorlage?

  3. andreas am Juni 30th, 2014 12:30 pm

    warum ist „game of thrones“ (The song of ice and fire) schrott? versteh ich nicht. sehr gut und aufwändig produziert, überraschend nah an den büchern. game of thrones ist zudem auf der verlinkten seite http://www.rottentomatoes.com/tv/game-of-thrones/ höher bewertet, genau wie auf der imdb-seite http://www.imdb.com/title/tt0944947/?ref_=fn_al_tt_1. ungebeten nutze ich die gelegenheit die bücher zu empfehlen, die englischen originale. in keinem der ersten drei von mir gelesenen bücher wurde ein einziges mal text kopiert und eingefügt, wie es mir schon oft in anderen serien aufgefallen ist. zudem kosten die einzelnen bücher je € 8,- im gegensatz zur haarsträubend übersetzten deutschen version. da sind die einzelnen bände geteilt, also insgesamt 10, zu je € 15,-. die wortgewaltigen, detailversessenen beschreibungen fordern selbst von geübten englisch lesern einstweilen lexika zu rate zu ziehen. 10 von 10 punkten.

  4. D.B. am Juni 30th, 2014 12:31 pm

    Habe das Buch nie gelesen, aber ich vermute das die näher dran ist, allein weil Battle Royale da viel konsequenter in der Richtung ist.

  5. admin am Juni 30th, 2014 1:55 pm

    Games of Thrones ist keine Sci-fi, sondern nur Fantasy und Pseudo-Mittelalter, ohne jede Gesellschaftskritik. GoT ist nur Soap Opera.

  6. Eike am Juni 30th, 2014 2:31 pm

    Das Gleiche gilt für Walking Dead. Lindenstraße mit Zombiestatisten.

  7. elvis am Juni 30th, 2014 2:34 pm

    Ist das legal, Burks? Das ist doch ähnlich wie Fussballspiele über ein Streaming-Portal schauen oder irre ich?

  8. admin am Juni 30th, 2014 2:53 pm

    Das ist legal. Sonst wäre es ja verboten :)

  9. blu_frisbee am Juli 2nd, 2014 3:12 am

    Lesetip
    > http://www.zeit.de/2012/30/Puritanismus/komplettansicht
    Was verbindet „Die Tribute von Panem“, die „Twilight“-Saga und den SM-Porno „Shades of Grey“? Sie exportieren einen amerikanischen Puritanismus nach Europa, der sogar noch in der Pornografie lebendig bleibt.

  10. admin am Juli 2nd, 2014 7:15 am

    Exakt. Danke für den Tipp. „Die Vampirsaga und Die Tribute von Panem sind – auch von Erwachsenen lebhaft konsumierte – Beispiele einer schwarzen Jugendpädagogik, die das Mädchen als schützenswerte Unschuld, den Mann aber als – vorzugsweise alkoholisierten – Lüstling darstellen“.

    Quod erat demonstrandum. Ich frage zusätzlich, welchen politischen Zweck Puritanismus verfolgt. Das ist ja in Deutschland auch nicht anders, nur nicht so krass.

  11. blu_frisbee am Juli 2nd, 2014 8:39 am

    Ob Puritanismus nun einen Zweck verfolgt, gar einen politischen, oder nur Ausdruck einer geistigen Sackgasse ist sei dahingestellt. Konservative dissenting protestants buchstabieren Geschlechterverhältnisse und family values gern vormodern, so wie türkische Migranten in Döland tw konservativer sind als türkische Türken. Jedenfalls haben sie dating rituale: http://en.wikipedia.org/wiki/The_Rules Daß es übern Teich schwappt: Kulturimperialismus, soft power?
    > http://www.newyorker.com/reporting/2008/11/03/081103fa_fact_talbot?currentPage=all

  12. elvis am Juli 2nd, 2014 11:41 am

    admin am Juni 30th, 2014 2:53 pm

    Das ist legal. Sonst wäre es ja verboten :)

    Du nutzt demnach ein kommerzielles Streamingangebot wo Du Gebühren zahlst?

  13. admin am Juli 2nd, 2014 1:32 pm

    Ich zahle keine Gebühren. In diesem Fall nutzte ich http://putlocker.is/ (Malware-verseucht, aber ich kann damit umgehen)

  14. Hunger Games: Capitalist agitprop : Burks' Blog am Januar 17th, 2015 6:44 pm

    […] 1 auf einem Streaming-Portal meines Vertrauens angesehen, in Englisch mit spanischen Untertiteln. Vor kanpp einem Jahr hatte ich hier schon etwas zu den Vorläufern des Streifens geschrieben. Ich muss zugeben, dass ich […]

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