Autorisierung – ein Juristen- und Journalisten-Hoax

Einen netten Juristen-Hoax gibt es auf Medien Monitor – „ein Ausbildungsprojekt des Instituts für Journalistik der Technischen Universität Dortmund“:
Juristische Grundlage von Autorisierungen ist das allgemeine Persönlichkeitsrecht.

Bruhahahaha. Das ist, mit Verlaub, Schwachfug. Es gibt keine rechtlichen Grundlagen für „Autorisierungen“ von Interviews. Als ich Chefredakteur war, habe ich das schlicht verboten. Wer Interviews autorisieren will, kriegt kein Interview. So einfach ist das.

Telepolis schrieb vor neun Jahren (2003): „Bis zur Unkenntlichkeit autorisieren – Neun bundesdeutsche Tageszeitungen wehren sich mit einer Aktion gegen zunehmend restriktiv gehandhabte Interview-Autorisierungen, Besserungen sind wohl nicht zu erwarten.“ Quod erat demonstrandum.

Ich schrieb hier 2008: „Zu einem professionell geführten Interview gehört keine Autorisierung. Dennoch kann zusätzlich ein Hintergrundgespräch stattfinden, aus dem dann in gegenseitigem Einvernehmen eventuell nicht zitiert wird.“

Kein Wunder, dass der deutsche Journalismus so wenig investigativ, so duckmäuserisch, so zahm, so obrigkeitshörig ist, wenn sogar journalistische „Ausbildungsprojekte“ auf diesen Hoax reinfallen.

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Kommentare

7 Kommentare zu “Autorisierung – ein Juristen- und Journalisten-Hoax”

  1. redsnapper am Mai 11th, 2012 9:27 am

    sehr schön, man muss nur lange genug warten. den link hätte ich gerne vor drei oder vier monaten gehabt als ich deshalb via mehl anfragte. ich hab es nämlich auch nicht nachvollziehen können, die ewige authorisiererei, wollte aber argumentationsfutter.

  2. bombjack am Mai 11th, 2012 11:13 am

    Naja….. wenn die Herren und Damen Journalisten mit unter Interviews nicht nach ihrem Gusto umschneiden würden, was besonders bei Reizthemen wie Drogen, Kinderpornographie, Pädophilie usw. zu beobachten ist, dann wäre eine Autorisierung unnötig.

    Btw. Du schreibst als Chefredakteur hast Du Autorisierung verboten, nur wie hast Du das gehandhabt, wenn Du bzw. Deine Mitarbeiter bei jemanden vorstellig wurden wegen eines Interviewwunsches von Seiten der Zeitung und der vorgesehene Interviewpartner möchte den Artikel vorher sehen und blöder weise kommt man um diese Person nicht rum?

    bombjack

  3. yep am Mai 11th, 2012 9:09 pm

    Besonders ’schön‘ sind die Interviews DER ZEIT von sg. ‚Spitzenpolitikern‘ aus der ersten oder zweiten Reihen – es steht da meist gar nicht mehr drin.

    Lustiger sind da schon die Interviews am Morgen vom DLF, wobei ich das Gefühl habe, dass diese auch immer öfter stärker aufbereitet und vorab aufgezeichnet werden.

  4. admin am Mai 12th, 2012 12:10 am

    Beide Seiten schneiden alles mit, und wenn ein journalist Mist veröffentlicht, dann veröffentlicht die andere Seite, was wirklich gesagt worden ist. So einfach ist das.

  5. ... der Trittbrettschreiber am Mai 16th, 2012 5:40 am

    „Wer Interviews autorisieren will, kriegt kein Interview. So einfach ist das.“

    Wer will freiwillig ein Interview? Journalisten.
    Wer traut denen nicht und möchte deshalb autorisieren? [bitte selbst ausfüllen].
    Welch ein Konflikt.
    Für die Ausbildungsprojekte:
    Unterschiede machen immer mehr Unterschiede – wer will das?

  6. Lieber Spiegel, : Burks' Blog am September 10th, 2013 4:41 pm

    […] gibt es weder eine rechtliche Grundlage noch würde das ein seriöser Journalist zulassen. Als ich Chefredakteur war, habe ich das […]

  7. Wie unabhängig und glaubwürdig sind deutsche Journalisten oder: Ich bin die acht Prozent : Burks' Blog am Mai 24th, 2014 1:35 pm

    […] Für das Autorisieren gibt es weder eine rechtliche Grundlage noch würde das ein seriöser Journalist zulassen. Als ich Chefredakteur war, habe ich das […]

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