Bascha Mika: Hurra, wir prozessieren!

„Hurra, wir prozessieren!“ schreibt die taz heute und meint das juristishe Gerangel zwischen Henryk M. Broder und Evelyn Hecht-Galinski. Über ihre eigenen Prozesse findet man leider nichts.

Darüber berichtet gewohnt linkfrei Focus online: „Mit einer einstweiligen Verfügung hat die Chefredakteurin der linken [sic!] ‚Tageszeitung‘ (taz), Bascha Mika, das Interviewbuch ‚Die Vierte Gewalt‘ (Kulturverlag Kadmos) stoppen lassen.“

Auch Hal Faber kommentiert süffisant: „Da gibt es in Berlin eine tageszeitung die von anarchischen Anfängen nach 30 Jahren in einer konservativen Idylle angelangt ist und nur noch gelegentlich auffällt, wenn sie etwa eine Kampagne gegen die blöden Journalisten startet, die ihre Interviews autorisieren lassen. Dabei leistet sich das Blatt eine Chefredakteurin, die kurzerhand mit einer einstweiligen Verfügung, wegen „besonderer Dringlichkeit“ ohne Anhörung der Gegenpartei, die Auslieferung eines Buches über die vierte Gewalt verbieten lässt, weil angeblich eine Autorisierungsabrede nicht eingehalten wurde.“

Leider werden beide Aetikel nicht konkret genug. Focus online suggeriert irgendwie und irgendwo, es gehe um die Frage der sexuellen Orientierung („Outing ist out“), als wenn das etwas bedeutete. Und wenn es eine schriftliche Vereinbarung gegeben hätte, das Interview Mikas autorisisieren zu lassen, hätte es keinen Rechtsstreit gegeben. Bascha Mika „wollte ihr Gespräch am Ende dann doch lieber nicht gedruckt sehen und verweigerte die Autorisierung“, schreibt Focus Online. Bei Heise hört sich das ganz anders an: „In den Hausmitteilungen des Verlegers heißt es dazu: ‚Bascha Mika hatte ihre Bereitschaft zu dem Interview gegeben, dieses auch geführt und später die Transkription des Interviews für gut befunden. Dann jedoch hat sie nach Verstreichen einiger Monate ihre Einwilligung überraschend zurückgenommen.'“ Bei spiegel online wird die Sache noch einmal anders geschildert: „Das Gespräch sei zwar ‚gut transkribiert‘, aber einige Aussagen hätten nichts ‚mit dem Thema zu tun‘, teilte Mika den Autoren mit. Nach einem teils heftigen Mail-Wechsel untersagte sie jede Veröffentlichung und drohte mit dem Gericht, sollten einzelne Aussagen trotzdem bekanntwerden. Als das Buch – inklusive Mika-Interview – jetzt doch erschien, beschwerte sich die Chefredakteurin prompt beim Verleger; schon zuvor übergab sie den Fall ihrem Anwalt. Mika wehrt sich gegen Vorwürfe, das Interview unterdrückt haben zu wollen. Sie empfand einen Interviewer ‚als unseriös‘ und habe kein Vertrauen mehr gehabt.“

Es nervt, wenn man die doch gar nicht so komplizierten Zusammenhänge so wirr geschildert bekommt, dass man selbst recherchieren muss. Zu einem professionell geführten Interview gehört keine Autorisierung. Dennoch kann zusätzlich ein Hintergrundgespräch stattfinden, aus dem dann in gegenseitigem Einvernehmen eventuell nicht zitiert wird. Von einer Chefredakteurin kann man verlangen, dass sie druckreif redet, dass man also die Transkription des Interviews abdrucken kann, ohne das Gesagte noch einmal „autorisieren“ zu lassen. Mir scheint es, als ob beide Seiten sich unprofessionell verhalten haben. Der Verleger hätte nach der Vorgeschichte doch ahnen können, was auf ihn zukommt. Aber wegen dieser Petitessen zu prozessieren, ist einfach nur peinlich.

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