Kachelmann Final Release und Tron

„Lehrstunden in Sachen Rechtsmedizin“ titelte SpOff, und der Artikel ließ mich mir eine beinah endgültige Meinung zum Thema „Kachelmann“ bilden:
„Der von Kachelmanns Anwalt eingesetzte Kölner Rechtsmediziner Markus Rothschild zitierte vor Gericht aus dem „Handbuch für gerichtliche Medizin“ einen Zehn-Punkte-Katalog von Merkmalen, wie sie für Selbstverletzungen typisch seien. Verblüffend viele Merkmale trafen anscheinend auf die Nebenklägerin zu…“

Bei stern.de wird es genau so deutlich:
„Silvia May hat sich die Verletzung wahrscheinlich selber beigebracht. Diese Meinung vertreten jedenfalls die von der Verteidigung beauftragten Rechtsmediziner Markus Rothschild und Klaus Püschel. ‚Ich halte es für ausgesprochen unwahrscheinlich, dass durch den schmalen Messerrücken eine so flächige Wunde entsteht.‘ Gleicher Meinung sind Püschel und Rothschild auch bei der Bewertung der Kratzspuren an Mays Körper.“

Ich habe noch einen anderen Grund, dem Rechtsmediziner Markus Rothschild zu glauben – ich habe ihn vor mehr als zehn Jahren mehr als eine Stunde lang interviewt und mir ein Bild machen können. Aus meinem Buch „Tron – Tod eines Hackers“:
Bei der Obduktion des Toten waren anwesend „der obduzierende Arzt, Dr. Markus Rothschild, der Direktor des Instituts für forensische Medizin, Professor Dr. Dr. h.c. Volkmar Schneider, sowie Klaus Ruckschnat, Kriminalhauptkommissar und Leiter der 3. Mordkommission. Eine Obduktion dauert ungefähr drei Stunden. (…) Dr. Markus Rothschild ist ein Jahrzehnt jünger als der Autor, hat an einer Eliteschule in Berlin das Abitur gemacht und Famulaturen in Hongkong und Nord-Borneo vorzuweisen. Im Februar 1999 habilitierte er im Fach Rechtsmedizin. Im August 1998 untersuchte er im Auftrag des UN-Kriegsverbrechertribunals Massengräber in Bosnien-Herzegowina. Er darf der Presse keine Auskünfte über den konkreten Fall geben, aber Fragen allgemeiner Art beantwortet er bereitwillig.“

Der Mann weiß, wovon er spricht. Nicht jedoch die Verschwörungstheoretiker vom Chaos Computer Club, die immer noch glauben, ihr „Märtyrer“ sei ermordet worden – die müssten auch behaupten (und das tun sie), dass das damalige eindeutige Obduktionsergebnis falsch gewesen sein. Fragen Sie einfach Dr. Rothschild.

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Kommentare

6 Kommentare zu “Kachelmann Final Release und Tron”

  1. Einer von wenigen am Februar 11th, 2011 7:10 pm

    Trons Tod hat auch soviel mit dem Boulevardfall Kachelmann zu tun, das es überhaupt garnicht herbeigezogen wirkt, die laaaange Brücke (welche auch lang ist) über die Rechtsmedizin zu schlagen, um mal wieder ein wenig alte Schmutzwäsche zu waschen, oder?

    Und dich dann nicht mal trauen „Die Verschwörungstheoretiker des CCC“ beim Namen zu nennen, sooviele sind es nicht.

    Gänzlich verfehlt würde an dieser Stelle wirken, auf die trotz hervorragender Ausbildung und Reputation eines der beteiligten Rechtsmediziner verbleibenden Ungereimtheiten im damaligen Fall einzugehen. Oder mal dazu Stellung zu beziehen, wieso Trons Eltern dich seitdem ins Fegefeuer wünschen. Denen traue ich nun am wenigsten zu, am „Märtyrertod“ Ihres Sohnes interessiert zu sein. Eltern wollen glaube ich immer nur die Wahrheit wissen. Es ist nicht wirklich so, das dein Buch die Deklaration der absoluten Wahrheit dastellen würde. Ich hoffe der Illusion gibt man sich nicht einmal als Autor hin.

    Wie siehts damit aus? Keine Substanz mehr da?

    P.S. Sind die hier sonst üblichen Tittenbilder zur Illustration ausgegangen?

  2. hanna am Februar 12th, 2011 10:14 am

    Danke!!
    Du sprichst mir aus der Seele, @Dutchmann!

    Bitte, könntest Du mal deinen Finger auf einen gewissen Müller legen?
    Ich meine nicht einen polyzyklisch-Aromatischen,
    sonern Einen, der vielleicht dabei ist aus wunderbaren Chinesischen Tassen wieder einmal feinstes Granulat herzustellen, wie mir einige Hexadezimalzahlen berichten, die unsere Festplatten hier erreicht haben.

    Danke!!

    hanna.

  3. hartmut am Februar 13th, 2011 1:39 pm

    @ einer von wenigen:

    „Denen traue ich nun am wenigsten zu, am “Märtyrertod” Ihres Sohnes interessiert zu sein. Eltern wollen glaube ich immer nur die Wahrheit wissen. “

    Dass ich nicht lache. Wenn man keine Ahnng hat, einfach mal die Fresse halten! Kriminalisten wissen, dass Eltern, deren Kind sich selbst getötet hat, i m m e r ein (nachvollziehbares!) Interesse an alternativen Deutungen haben. Denn Selbstmord = Eltern fühlen sich schuldig. Deswegen entwickeln fähige Ermittler immer eine gesunde Skepsis gegenüber Elternangaben, wenn sie die Todesumstände bei einem Selbstmord ermitteln. „Nie hatte er Depressionen, immer war er glücklich“ etcetc, mit solchen Aussagen können sich Ermittler ihr Büro tapezieren.

  4. hartmut am Februar 13th, 2011 1:50 pm

    und axo, burks, zu Kachelmann: da habe ich mir nicht nur fast eine Meinung gebildet. Und zwar wegen eines weiteren, mE viel entscheidenderen Punktes: Der fehlenden DNA-Spur auf dem Messer. Damit ist kachelmanns Unschuld im Grunde bereits prima facie bewiesen – man muss schon abenteuerliche VTs konstruieren, um diese fehlende DNA-Spur weg zu erklären.

  5. Sascha am März 6th, 2012 8:19 pm

    Bleiben wir doch bei den Fakten: Die Leiche von Boris F. wurde von einem anerkannten Experten untersucht und es wurden keinerlei Spuren von Fremdeinwirkung entdeckt.
    Selbst wenn Tron für diverse Geheimdienste etc… eine Gefahr dargestellt hätte, wäre es ein leichtes gewesen ihn zu töten, respektive ihn zu beseitigen. Warum sollten diese Leute solch ein Aufwand betreiben um einen Suizid vorzustäuschen (angebliche Kühlhaustheorie der Verschwörer). Das Risiko dabei entdeckt oder enttarnt zu werden, würden keine Profis eingehen. Auch nach 14 Jahren gibt es keinerlei Hinweise auf Täter oder Motive.

  6. Jörg Kachelmann und das Chaos – Chronik Teil III « Ritaevaneeser's Blog am Januar 1st, 2013 1:23 pm

    […]  “Der von Kachelmanns Anwalt eingesetzte Kölner Rechtsmediziner Markus Rothschild zitierte vor Gericht aus dem “Handbuch für gerichtliche Medizin” einen Zehn-Punkte-Katalog von Merkmalen, wie sie für Selbstverletzungen typisch seien. Verblüffend viele Merkmale trafen anscheinend auf die Nebenklägerin zu…” (https://www.burks.de/burksblog/2011/02/11/kachelmann-final-release-und-tron) […]

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