Weitreichende Kommunikationsstörungen

Man mag mich als hyperkritischen Querulanten abtun oder als Nörgler, aber was da gegen die Vorratsdantenspeicherung an „Argumenten“ durch die Medien rauscht, finde ich zum Teil nur noch lachhaft. Insbesondere die Pressemitteilung des AK Vorratsdatenspeicherung vom 04.02.2008 und die Beispiele aus dem anonymisierten Schriftsatz überzeugen nicht. Das Problem scheint nicht nur die Vorratsdatenspeicherung zu sein, sondern auch die Ignoranz und penetrante Belehrungsresistenz der Betroffenen. Mein Mitleid hält sich daher in Grenzen, wenn ich mir das Gejammer anhöre.

Borg

[X] „schaltet sein Mobiltelefon seit Jahresanfang kaum noch ein, um eine Bewegungsdatenspeicherung zu verhindern. Damit ist er auf diesem Wege nicht mehr erreichbar, etwa für Pressekontakte.“ Meinen die mich? Das Handy ist schon immer die unsicherste Art zu kommunizieren, zumal die Gesetzeslage den Einsatz von IMSI-Catchern erlaubt, mit denen auch Unschuldige mal eben so abgehört werden konnen. Mit dem Handy erzeugt man ohnehin ein Bewegunsprofil. Das hat mit der Vorratsdatenspeicherung rein gar nichts zu tun. Wer das vermeiden willl, muss sich Prepaid-Karten aus dem Ausland besorgen.

[X] „berichtet, er unterlasse beim Surfen im Internet jede Aktivität im Bereich seiner Intimsphäre.“ Dann muss man das Gesetzesvorhaben ausdrücklich loben. Endlich kümmern sich die Surfer um ihre Privatsphäre! Und wenn die Vorratsdatenspeichung für unzulässig erklärt wird, dann ist den Surfern wieder alles egal?

[X] „Da ich mich bekanntermaßen antifaschistisch und politisch betätige muss ich davon ausgehen, dass meine Daten besonders geprüft werden. Darunter fallen natürlich auch private Kommunikationen. Seit in Kraft treten der Speicherung beschränken sich meine Telefongespräche und Internetkorrespondenz nur noch auf das wesentliche“. So ein Unsinn. Welche Daten werden wie „besonders geprüft“? Man sollte sich ohnehin so verhalten, dass so wenig Daten wie möglich anfallen. Private Kommunikation muss daher verschlüsselt werden. Wer das nicht will, darf nicht weinen und klagen. Und was war noch mal „Internetkorrespondenz“? Instant Messaging per Second Life? Internet Relay Chat? SMTP? Oder Postings im Usenet? All das sollte man ohnehin auf das Wesentliche beschränken und nicht das Internet mit sozialen Geräuschen vollmüllen. „Freunde und Bekannte schreiben unabhängig vom jeweiligen Inhalt weniger Emails und führen lieber persönliche statt Telefongespräche.“ Das ist wohl kaum emprisch beweis- und messbar. Wenn die Vorratsdatenspeicherung dazu führte, dass mehr persönlich miteinander gesprochen würde, fände ich das super. Aber natürlich nur in der Sauna oder im Schwimmbad, weil da am Körper angebrachte Wanzen auffallen und Richtmikrophone feucht werden.

[X] „…habe ich mich aus diversen Foren und chats zurück gezogen und somit leider auch keine Möglichkeit mehr mich mit anderen anonymen opfern aus zu tauschen.“ Schlicht Blödsinn. Man kann IRC und Pseudonyme benutzen und seine IP mit Tor schreddern.

„Gesprächspartner wollten etwa nur noch kurze Gespräche führen, oder es wird ein ‚Knacken in der Leitung‘, ein verlangsamter Internetzugang oder eine sonstige technische Störung gemeldet. […] moniert etwa, er habe ‚das eigenartige Gefühl, das eine dritte Person mithört'“. Jetzt gerät es zur Comedy. Wer eigenartige Gefühle hat, es würde jemand mithören, aber ansonsten keine Fakten beibringen kann, der sollte den Rat beherzigen, den Helmut Schmidt bei Visionen empfiehlt: Zum Arzt gehen! Was hat dieser gequirlte Quark in einem Schreiben an das Bundesverfassungsgericht zu suchen?

Den größten Quatsch verbreiten wieder hier schon behandelten Heiße-Luft-Spezialisten: „Viele Personen berichten, sie oder ihre Gesprächspartner setzten nun Verschlüsselung, Anonymisierungsdienste oder sonstige Umgehungstechniken ein. Bereits in der Beschwerdeschrift ist darauf hingewiesen worden, dass die Vorratsdatenspeicherung die Nutzung von Verschleierungsmöglichkeiten befördert und dadurch selbst im Fall schwerer Straftaten eine gezielte Überwachung vereiteln kann. Die Initiative ’no abuse in internet“ (naiin), eine von der Wirtschaft getragene Einrichtung zur Bekämpfung von Online-Kriminalität, befürchtet nun in der Tat, ‚dass die Aufklärung von per Internet verübten Straftaten durch die massenhafte Speicherung von Verbindungsdaten weiter erschwert wird.'“ Ja, unter diesen Umständen bin ich selbstredend für die Vorratsdatenspeicherung! Setzt mehr Verschlüsselung, Anonymisierungsdienste oder sonstige Umgehungstechniken ein!

„Der Journalist […] schreibt, er schränke seine Internetnutzung im Bereich der Recherche über die elektronischen Medien nun stark ein.“ Dann hat er den Beruf verfehlt und/oder keine Ahnung. Man kann sich dagegen schützen, ausspioniert zu werden. Die geplante Vorratsdatenspeicherung erstellt massenhaft Bewegungsprofile von normalen Bürgerinnen und Bürgern; Kriminelle fängt man natürlich nicht damit. Das Gesetz ist ohnehin nur ein Vorwand, um den Überwachungsstaat populistisch zu verkaufen.

[X] „ist Journalist / Chefredakteur für internationale und nationale Medien und berichtet: ‚Seit dem 01.01.08 haben wir größte Probleme mit Informanten die uns bei brisanten Angelegenheiten nur noch sehr begrenzt Telefonate oder elektronische Kommunikation einsetzen.’“ Ich wette, dass niemand bei diesem Medium verschlüsselt oder zum Beispiel eine anonyme Nachrichtenbox wie die German Privacy Foundation nutzt.

Fazit: Wer solche Freunde hat, braucht keine Feinde mehr. Ich weiß nicht, wen die mit dem Blödsinn beeindrucken wollen. Schäuble und Konsorten werden sich ins Fäustchen lachen.

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