1967 und danach

1967Ich lese gerade das hervorragende Buch Tom Segevs „1967: Israels zweite Geburt“ (2005).

Sehr interessant, dass alle Fragen, die heute in Israel diskutiert werden, schon damals aktuell waren, also vor dem Sechstagekrieg, der dazu führte, dass Israel sein Staatsgebiet erheblich vergrößerte, einschließlich Judäa und Samaria, der Golan-Höhen und ganz Jerusalem. Ich dokumentiere eineinhalb Buchseiten über ein Memorandum, das damals estellt wurde.

Das College hatte eine Studie über die wirtschaftliche Lebensfähigkeit des Westjordanlands und die Auswirkungen einer Besetzung auf die israelische Wirtschaft in Auftrag gegeben. Ihr Verfasser Zvi Zussman gelangte zu dem Schluss, dass Israel es wirtschaftlich durchaus verkraften könne, die Westbank zu besetzen und zu annektieren.

Peled brachte in diesem Zusammenhang allerdings einen Begriff ins Spiel, der aus der Mode gekommen war: In diesem Fall, so sein Einwand, werde sich »der Jischuv« — eine alte Bezeichnung für die jüdische Gemeinschaft vor der Staatsbildung in Palästina — die anspruchsvol.leren Berufe sichern, während sich die arabischen Arbeiter zwangsläufig auf die »körperlichen Tätigkeiten« würden beschränken müssen, eine Trennung, die wirtschaftliche wie soziale Probleme aufwerfen würde.

Ausführlich ging Peled außerdem auf die demographische Bedeutung des Westjordanlands ein. Die arabische Bevölkerung werde spätestens 2050 mit dem jüdischen Bevölkerungsanteil gleichziehen, wahrscheinlich aber schon 2035 und in einigen Gebieten noch früher. Er ging davon aus, dass Israel die arabischen Bewohner der Westbank nicht deportieren würde und ihnen auch ihre Bürgerrechte nicht würde vorenthalten können. Das laufe auf einen Block von vierzig bis fünfzig arabischen Abgeordneten in der Knesset hinaus. Die Araber würden zur zweitgrößten, vielleicht sogar zur größten Gruppe im Parlament werden. Israel würde sich mit einer großen Zahl arabischer Minister abfinden und mindestens einem von ihnen ein »wichtiges« Ressort mit großem Budget anvertrauen müssen. Auch einige Botschafterposten würde man an Bewohner des Westjordanlands vergeben müssen, denn »solche Positionen kann man nicht auf immer und ewig nur den eigenen Leuten vorbehalten«.

Einige jüdische Gruppen würden den Arabern diese Rechte vielleicht zu nehmen versuchen, die daraufhin eine Revolte anzetteln und dadurch die jüdische Mehrheit zwingen könnten, mit einer Politik der eisernen Faust zu reagieren, unter Einschluss von Restriktionen und der Schaffung spezieller Ansiedlungsrayons. So drohten sich Rassismus und Unterdrückung zu entwickeln, die »wir als Volk und als Juden verabscheuen und die unseren Staat in ein zweifelhaftes Licht setzen und auf der internationalen Bühne in eine schwierige Lage bringen würden«. Der Begriff »Ansiedlungsrayon« spielte auf die Beschränkungen der Niederlassungs- und Bewegungsfreiheit an, die den russischen Juden unter der Zarenherrschaft auferlegt worden waren.

In der arabischen Bevölkerung würden vermutlich Oppositionsbewegungen entstehen, fuhr Peled fort, und Israel würde Maßnahmen ergreifen, die für einen »Polizeistaat« charakteristisch seien. Wenn die Araber nicht in der israelischen Armee dienen müssten, würde sich die arabische Jugend zum harten Kern einer nationalen Befreiungsbewegung entwickeln. Gebiete mit hoher arabischer Bevölkerungskonzentration könnten zu Stützpunkten für Terroristen werden.

Da man den Arabern Bildungseinrichtungen zur Verfügung würde stellen müssen, werde innerhalb kurzer Zeit eine gut ausgebildete Schicht von Arabern heranwachsen, die mit den Juden um die anspruchsvoljen Jobs in Konkurrenz träte. Die Trennung zwischen Juden und Arabern werde sich auf Dauer nicht aufrechterhalten lassen. Araber würden in die groBen Städte an der Küste ziehen, und in den Vororten würden arabische Elendsviertel entstehen. Die dadurch erwachsenden sozialen Probleme erforderten hohe öffentliche Ausgaben. Zudem würden die Araber die Lebensweise jener Israelis beeinflussen, die eine ähnliche kulturelle Herkunft besaßen, insbesondere der Misrachim, der orientalischen Juden. Auch zu Eheschließungen zwıschen Angehörigen der beiden Gruppen werde es kommen, warnte Peled.

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Kommentare

2 Kommentare zu “1967 und danach”

  1. nh am Mai 1st, 2023 6:13 pm

    Als von Siegermächten/Kriegsgewinnern implantiertes Volk sich anzumassen, zu annektieren mit Vergleich auf den laufenden Konflikt RUS-UA erwarte ich einen moralisch-ethischen Abgleich Herr Blogmeister.
    Einseitige Parteinahme hilft nicht.
    Geschichtsklitterung sollte man den linksgrünen Profis überlassen.
    Sofern überhaupt jemand noch Geschichtsbewusstsein vorweisen kann.
    Apropos Annektion :
    Schon mal Gedanken darüber gemacht, was sich einwanderungstechnisch in diesem unseren Land abspielt ?
    Noch sitzen Sie warm und trocken und in unserem Alter spielt es hoffentlich keine Rolle.
    Wer im Donbass wollte eine amerikanische Militärjunta ? Forschen sie.
    Wer hat fette Offshore-Konten und seine Familie sicher ausser Landes ? Forschen Sie.
    Es ist ermüdend.

  2. blu_frisbee am Mai 3rd, 2023 9:08 pm

    May beschrieb Indianer als aussterbendes Volk.
    Hitler las im Bonker sämtliche Romane nochmal.
    Die Naziideologie ist Verfallsdiagnose.
    Das Heilige wird beschmutzt.
    https://www.youtube.com/watch?v=zzG_3x3Bvlk

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