Wohngemeinschaft

wohngemeinschaft

Mitte der 80-er Jahre, Fabriketage im Hinterhof, Skalitzer 33, Kreuzberg. Wir wohnten da zu acht. (Hallo, Susanne!)

Ich bin dort zu sehen, aber man muss das Ambiente erklären. Die Fabriketage war 400 qm groß und hatte auch eine riesengroße, rund vier Meter hohe Halle. Dort war u.a. ein Fotolabor, dessen Tür man sieht. Damals wurde viele Häuser in Kreuzberg abgerissen oder renoviert, und man kam schnell und kostenlos an „Baumaterial“. Ich hatte mir zahlreiche Fenster besorgt und aus denen ein „Häuschen“ innerhalb der Halle konstruiert, das aussah wie ein Stellwerk. Oben waren mein Bett und unten der Schreibtisch. Der Rest meiner Habseligkeiten verteilte sich irgendwo. Jemand anderes hatte auf der anderen Seite der Halle auch sein Zimmer gebaut. Privatsphäre geht anders, aber so waren damals die Zeiten.

wohngemeinschaft

Ich hatte noch einen zweiten Schreibtisch in der Halle, den man im Hintergrund erkennt. Das Foto wurde ca. 1986 gemacht, die Herren links und rechts waren Mitglieder des Redaktionsteams des Herrmann. Wir waren damals eine verwegene Bande, die auch vor Illegalem nicht zurückschreckte. Einmal stürmte die Polizei durch unsere WG, weil sie jemanden suchte, der über uns wohnte und der bei uns durch die Hintertür hinein gekommen war und durch die vordere wieder hinaus rannte. Irgendwann stellte der sich, weil die Polizei per Lautsprecher verkündete, die das Katz-und-Maus-Spiel leid war, wenn er nicht freiwillig käme, würden sie das ganze Gebäude auf den Kopf stellen.

wohngemeinschaft

Meine Geburtstagsparty ebendort (1987). Neben mir sitzt meine damalige Ex, die aus Westdeutschland angereist war und kein Geschenk hatte, nur sich selbst, wie sie mir augenzwinkernd verkündete, leider nur für eine Nacht. Links – mit der Flasche – steht Heinz Sporkhorst, der damals im hintersten SO 36 eine Druckerei betrieb und der heute in Havelberg lebt.

Zu der Fabriketage gehörte auch ein Lastenfahrstuhl, den wir offiziell nicht benutzen durften, was wir natürlich trotzdem taten. Als die Gäste der Geburtstagsfeier 1987 in feuchtfröhlichem Zustand das Event verlassen wollten und den Fahrstuhl benutzten, blieb er stecken. und sie musste alle hinausklettern und außen hinunter.

wohngemeinschaft

image_pdfimage_print

Kommentare

2 Kommentare zu “Wohngemeinschaft”

  1. NBG am April 11th, 2023 3:22 pm

    Das sieht irgendwie nach einer Menge Spaß aus!

    Schon mal Skalitzer 33 gegoogelt? Gibt’s ja anscheinend immer noch halbwegs „old school“.

  2. ... der Trittbrettschreiber am April 12th, 2023 12:30 am

    Ich werde das Rätsel in meinem Leben wohl nicht mehr lösen, warum diese Klientel mit ihrem pädagogisch pseudokünstlerischem Ambiente und grünlinks Gehabe bei mir immer so einen verächtlichen Kloß in meiner Brust erzeugt, sobald ich ihr begegne, Bilder von ihr sehe oder Masseneinladungen zu Lesungen erhalte, auf denen Autorinnen und Autoren zumeist selbstbeweihräuchernde Opferliteratur denen vortragen, die immer so freundlich nicken, wenn sie Begriffe wie Freiheit und Volk und Unterdrückung dargeboten bekommen.
    Wenn ich einer alte Putzfrau im Pelzmantel auf der Kö in Düsseldorf begegne, die obendrein noch einen dicken Klunker trägt, fange ich an zu schmunzeln. Sehe ich eine Möchtegernintellektuelle mit Beuyshut und alte Mädchen mit Designerstrumpfhosen und Pipi Langstrumpfröckchen, wird mir immer ganz bang, weil die es mit ihrer verblödet glücklichen Ausstrahlung doch tatsächlich in die Eliten unserer Gesellschaft schaffen und dann mein Klopapierverhalten per Gesetz influenzen – die Putzfrau aus Bilk prostet mir einfach zu, wenngleich auch nicht mit einem JEVER aber mit einem Perlwein in rosé. That’s the difference?

    PS Wer ist der Harmonikamann – ich hoffe, er grölt nicht Biermannsche Frooyhaaits-„Gesänge“.

    https://www.youtube.com/watch?v=Ew1-q5Lq28I

Schreibe einen Kommentar