Fauda oder: Aufklärungseinheit Kirsche 

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Wo nicht weiser Rat ist, da geht das Volk unter; wo aber viele Ratgeber sind, findet sich Hilfe. (Sprüche 11,14)

Die vierte Staffel von Fauda (Trailer) habe ich jetzt fast ganz angesehen, bis auf die letzte Episode, die, so berichten die Qualitätsmedien, als Cliffhanger enden soll. Man braucht denjenigen, die die ersten drei Staffeln gesehen haben, diese nicht empfehlen, sie werden sie ohnehin anschauen.

Ich kenne merkwürdigerweise niemanden, dem „Fauda“ nicht gefallen hat, außer den üblichen Verdächtigen, die aber angesichts des großen – auch internationalen – Erfolgs jetzt zaghaft zurückrudern (Paywall): „‘Fauda’ Season 4 Captures the Israeli Zeitgeist“.

Vermutlich liegt das auch daran, dass Israel-Hasser und andere Antisemiten sich die Serie gar nicht erst ansehen, weil sie immer noch von einem „Palästinenser“-Staat träumen und etwas Positives wie israelische Spezialeinheiten nicht ertragen können weil die nicht gendern, weil ihre geliebten „Palästinenser“ dort nicht gut wegkommen, ja sogar manchmal erschossen werden, wenn sie wieder mal herumterrorisieren. „‘Fauda’ Isn’t Just Ignorant, Dishonest and Sadly Absurd. It’s anti-Palestinian Incitement“, schreibt ein „Palestinian living in the occupied territories“ im Leib- und Magenblatt deutscher Medien.

Man hat so seine Lieblingsschauspieler. In den ersten Staffeln war ich mir nicht sicher, ob mir Lion Raz alias Doron gefällt. Die Kerle benehmen sich in meinem Sinne orientalisch, Affektkontrolle ist nicht so verbreitet, und manchmal sind sie so erregt, dass sie sich prügeln – die Guten! Von Arabern erwarte ich nichts anderes. So was findet ich immer lächerlich, aber man kann nicht alles haben.

In der vierten Staffel kommt das zum Vorschein, was offenbar schon immer ein Teil des Plots war: Wie Krieg Menschen deformiert, bis sie es nicht mehr aushalten, wenn sie denke können. „Doron“ hat den Charme eines Bulldozers. Man merkt, dass er als Bodyguard gearbeitet hat und bei Verdächtigen nicht lange fackelt. Erst draufhauen, dann fragen. Außerdem hält sich nicht an Befehle. Er war in einer Spezialeinheit und weiß, wie es dort zugeht. Wie aber will man professionell arbeiten, wenn jeder tut, was er will? Sein übergroßes Misstrauen geht allen auf die Nerven, aber am Ende behält „Doron“ recht.

Gleichzeitig sieht man auch, dass er leidet. Nicht zufällig hat die Hauptfigur nur eine Ex-Frau. Es ist schwer, mit ihm auszuhalten, nicht wegen des Charakters, sondern wegen der ständigen Anspannung, unter der er steht. Das ist recht gut und einleuchtend gespielt.

Meine heimliche Lieblingsheldin ist aber Meirav Schirom, nicht nur wegen ihres grandiosen Aussehens und ihrer Ausstrahlung. Sie habe ein Herz aus Stein, sagen die Kollegen im Film, aber es gibt Szenen, in denen sie die Einzige ist, die fordert, man müsse Alternativen finden, anstatt Leute um des höheren Zwecks willen zu opfern. Wenn wie weinen muss, dass macht sie das heimlich.

Die Frauenfiguren machen den Unterschied zu vielen Hollywood-Produktionen aus. Von israelischen Produktionen erwartet man, dass die Damen alle wie Supermodels aussehen und auf mannigfaltige Weise exotisch schön sind. In „Fauda“ ist das nur manchmal so, aber das mag auch an meinem individuellen Geschmack liegen. Die Araber oder meinetwegen die „Palästinenser“, die es zum Beispiel mit „Dana“ (Meirav Schirom) zu tun bekommen – vor allem bei Vernehmungen -, haben nichts zu lachen. Solche Frauen nenne ich „emanzipiert“. Sie sind das exakte Gegenteil der arabischen Damen, die immer mit Hijab herumlaufen und sanft gucken und die Männer aufmuntern, wenn sie nicht genug Terror machen. (In israelischen Filmen haben alle Frauen lange Haare und alle Männer kurze, da sind sie ganz „old school“.)

Fauda setzt Standards, was das atemberaubende Tempo angeht. Dagegen ist „Outlander“ mit seinen unendlich vielen Staffeln eine Serie in Zeitlupe, obwohl da auch ständig etwas geschieht, mehr als in deutschen Kriminalfilmen. Ich merke das an meinem Sehverhalten: Es gibt selten Filme, bei denen ich nicht zwischendurch herumzappe. Bei Fauda mache ich das nicht, andererseits zwinge die unerträgliche Spannung manchmal zu Pausen. „Doron“ ist wie üblich undercover unterwegs und ständig in Gefahr, entdeckt zu werden, und ständig sind ihm die Häscher auf den Fersen. Man wünscht sich manchmal mehr Sex, nur zum Erholen.

Sheldon Kirshner schreibt: „Fauda gets off to a slow and somewhat confusing start, but gains traction and momentum and achieves greater audience appeal by the third or fourth episode. The casting is exemplary, with the Jewish and Arab actors giving realistic performances. To its credit, Fauda neither romanticizes nor glosses over the uglier aspects of the Israeli commandos’ role in confronting Israel’s enemies. A viewer is left with the sober impression that Israel and the Palestinians are locked in perpetual strife.“

Ergo: Absolut sehenswert, wie alle anderen Staffeln auch.

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Lior Raz, Meirav Shirom und Moran Rosenblatt (Photo: Rafi Deloya)

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Kommentare

5 Kommentare zu “Fauda oder: Aufklärungseinheit Kirsche ”

  1. Christian Miller am Januar 31st, 2023 2:54 am

    Der Cliffhanger am Ende der aktuellen Staffel war schon eine unangenehme Überraschung, zumal es in den früheren Staffeln stets etwas eindeutiger zuende ging. Eine fünfte Staffel soll jedenfalls noch nicht ausgeschlossen worden sein, doch bleibt die Frage, was man sich künftig noch alles einfallen lassen kann. Nach Nablus, Dschenin, Gaza-Stadt, dem Golan, Libanon und Syrien gehen Dorons Team doch allmählich die Einsatzgebiete aus.
    Wo können die noch unerkannt herumlaufen, ohne ständig auf ihre Fahndungsplakate zu treffen?

    Da es in den vergangenen Staffeln ohnehin nie ein richtiges Happy End gegeben hat, könnte man die Serie mit dem blutigen Finale der vierten Season wohl auch enden lassen. Gerade Doron dürfte nach allen Erfahrungen längst reif für die Couch und jede Menge Rotwein sein … Allein die Verluste, die er bislang hinnehmen musste, würden jeden Menschen irre werden lassen.

    Die interessanteste Figur der Staffel (sowie mein heimlicher Favorit der ganzen Serie) war sowieso Gabi „Captain“ Ayoub, an dessen „Tod“ ich keine Sekunde geglaubt habe. Da mag seine Bildschirmpräsenz in der Staffel auch noch so gering gewesen sein, – aber wie Itzig Cohens Figur hier seelisch komplett zerbrochen und am Ende wieder notdürftig aufgefangen wurde, das fand ich schon sehr beeindruckend. Sollte er sich nicht wieder erholen, kann die ganze Serie tatsächlich aufhören. In Sachen coole Sau stiehlt er dem Grobian Doron seit vier Staffeln wirklich jede Show.

    Wenn man Netflix glauben mag, ist „Fauda“ vor allem im Libanon sehr erfolgreich. Ob das auch für den schiitischen Süden des Landes gilt, wo doch dieses Mal die Hizbullah die Schurken stellt?

  2. admin am Januar 31st, 2023 12:47 pm

    Das mit Gabi sehe ich auch so. Und es war mir seit der Entführung klar, dass er wieder auftauchen würde. Ich glaube, die Moral von der Geschicht ist, dass man – also auch Doron – weiterleben muss, trotz der Verluste. Das haben viele Juden auch so erlebt, die nach Palästina auswanderten und ihre Familie in einem KZ verloren haben. Doron ist nur äußerlich ein Grobian, vgl. wie er Gabi zu sich nach Hause nimmt. IMHO kann man Fauda weiterlaufen lassen mit einem neuen Team, wenn z.B. Doron kurz wieder auftaucht, ähnlich wie bei Vikings – dort stirbt der eigentlich Held auch mittendrin, und es geht munter weiter.

  3. Wolf-Dieter Busch am Januar 31st, 2023 12:51 pm

    Spürst duʼs auch in dir? Der Mensch hat ein Krieger-Gen.

    (Übrigens ich auch. Ohne die körperliche Voraussetzung.)

  4. Christian Miller am Februar 1st, 2023 3:05 am

    „Doron ist nur äußerlich ein Grobian […]“

    Dass unter Dorons harter Schale ein weicher Kern steckt, steht völlig außer Frage; dafür haben wir schon zuviel gesehen. Wie unglaublich hart diese Schale sein muss, um diesen Dienst überhaupt tun zu können, wurde ja u.a. vom Scharfschützen Avichai in der ersten Staffel eindrücklich beschrieben, als dieser auf die brutalen Ausbildungsmethoden der Einheit zu sprechen kommt: Sie wurden bisweilen geprügelt wie die Hunde, um auf Kommando augenblicklich zu funktionieren. Ließe er (Avichai) nur einmal Gefühle zu, würde er vor Angst erstarren und wäre handlungsunfähig. Das ganze gelegentliche Machogehabe und die blöden Scherze untereinander haben wohl nur den Zweck, die eigenen Ängste und Sorgen zu überspielen. Wenn die Situation es zulässt, öffnet natürlich auch Doron sein großes Herz und kümmert sich rührend um seine(n) Kameraden. Ich hoffe natürlich auf ein Wiedersehen mit Gabi.

    Ich nehme mal an, wir gehen beide davon aus, dass Doron das Staffelfinale überlebt. Bei den anderen des Teams wäre ich mir da nicht so sicher, denn dafür wurden sie zu arg zusammengeschossen. Ich kann mir daher nicht so recht vorstellen, dass die Einheit in dieser Form weiter bestehen wird.
    Eine Fortsetzung mit einem neuen, jüngeren Team wäre durchaus möglich. Ein genesener Doron könnte in diesem Fall als taktischer Berater fungieren und die Einsätze von der Einsatzzentrale aus begleiten. Denkbar wäre auch eine administrative Kommandoposition à la Micky Moreno (erste Staffel), obwohl ich mir das bei Dorons Gemüt und seiner Einstellung gegenüber der Befehlskette schlecht vorstellen kann. (Er würde sich wahrscheinlich schon nach nur einem Einsatz mit dem Verteidigungsminister prügeln.)

    Möglicherweise sehen wir ihn ja in einem Nebenplot ganz einfach als Ruheständler, der wieder mit seiner bildschönen Ehefrau und seinen Kindern zusammenkommt. Die beiden Kinder waren schon länger nicht mehr in der Serie aufgetaucht. Und dann züchten sie glücklich und zufrieden in der Negev ihre Pferde, oder sie keltern genüsslich ihren Merlot. Ich würde es der Figur wünschen.
    Hoffen wir also auf eine fünfte Staffel von Fauda.

  5. epikur am Februar 5th, 2023 7:41 pm

    Die Serie ist gut inszeniert und unterhaltsam.

    Die erste Staffel war hier noch vorbildlich, weil sie gezeigt hat, wie die „Dienste“ mit ihren systematischen und willkürlichen (Dronen-)Tötungen, unfreiwillig immer mehr Terroristen erschaffen haben. Und sie haben das Leben der Palästinenser gezeigt. Nun werden „die Araber“ reihenweise und ohne Skrupel abgeknallt. Sind halt alles böse Terroristen.

    Ist mir dann doch zu einseitig geworden. Schade.

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