Hanno und die Wissenschaft von den Klimaten [Update]

Geographike Hyphegesis

Wieder so ein Buch, was man dringend braucht: Germania und die Insel Thule: Die Entschlüsselung von Ptolemäus‚ „Atlas der Oikumene“.

Es geht um die Geographike Hyphegesis (erstellt um 150 n.u.Z.): Bei der Geographike handelt es sich um eine umfassende Darstellung der bekannten Welt des 2. Jahrhunderts n. Chr. mit etwa 8000 Ortsangaben durch ein Koordinatensystem. Sie ist damit der historisch erste bekannte Versuch, Teile der als Kugel erkannten Erde in einer Kartenprojektion zutreffend darzustellen.

Was mich fasziniert ist, wenn man damals versuchte, „wissenschaftlich“ im heutigen Sinn zu arbeiten. Ptolemäus war ein großer Universalgelehrter, aber lag auch manchmal groß daneben. Welche Quellen benutzte er über Germanien? Diese Einteilung der germanischen Orte in klimata könnte auf Vermessungen der römischen Armee zurückzuführen sein, die für die Feldzüge in Germanien zwischen 14 v. Chr. und 16 n. Chr. erstellt wurden und von den römischen Garnisonen am Rhein ausgingen. Anscheinend hatte Ptolemaios Zugriff darauf.

Faszinierend! Ptolemäus lebte in Alexandria! Woher wusste er überhaupt, dass solche Vermessungen existierten? Offenbar kannte er auch Hanno den Seefahrer, einen Katharer Karthager, der schon 600 Jahre vorher die Westküste Afrikas erkundet hatte. Schade, dass die damals nicht fotografiert oder – wie Alexander von Humboldt – gezeichnet haben…

[Update] Das Buch schildert ausführlich, welche Quellen Ptolemäus zur Verfügung gestanden haben könnten. Man kann jetzt auch die Insel Thule lokalisieren: Es ist die Insel Smøla beim norwegischen Trondheim. Von dort aus ruderte/segelte man damals sechs Tage bis nach Britannien und vice versa.

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Kommentare

7 Kommentare zu “Hanno und die Wissenschaft von den Klimaten [Update]”

  1. multiplikato am Januar 17th, 2023 6:38 pm

    wie würde Spock sagen „faszinierend“

  2. Cato am Januar 18th, 2023 9:23 am

    Du meinst einen Karthager. Kartharer wurden dann später von den Katholiken aber auch verbrannt, in römischer Tradition: Caedite eos. Novit enim Dominus qui sunt eius.

  3. Wolf-Dieter Busch am Januar 19th, 2023 2:22 pm

    Karthager mit g, soviel ich weiß.

  4. Corsin am Januar 19th, 2023 10:32 pm

    Diese Einteilung der germanischen Orte in klimata könnte auf Vermessungen der römischen Armee zurückzuführen sein, die für die Feldzüge in Germanien zwischen 14 v. Chr. und 16 n. Chr. erstellt wurden und von den römischen Garnisonen am Rhein ausgingen.

    Die Analyse dieser Vermessungen ergibt allerdings, das der Erdumfang den (griechich-)römischen Insidern zur Zeitenwende viel besser bekannt gewesen ist als Ptolemäus, in dessen zu kleinem Erdmodell die Daten aus den Germanienfeldzügen unter Augustus keinen Sinn ergeben.

    Das römische Hauptquartier der zweiten Phase dieser Feldzüge lag bekanntlich in Haltern — recht genau 3° nördlich von Augusta Praetoria (Aosta), einer der Ausgangsbasen der augusteischen Alpen- und Germanienfeldzüge.

    Was wie ein Zufall erscheinen mag, entpuppt sich bei genauerem Blick als System.

    Schon die allerersten Basen am Niederrhein folgen einem Muster — so beträgt etwa die Luftliniendistanz zwischen Vetera I, Asciburgium und Novaesium jeweils rund 27.8 km, was einem Viertelgrad des Erdumfangs entspricht. Die Luftlinien von Novaesium nach Bonna sowie von Bonna nach Confluentes entsprechen jeweils einem halben Grad des Erdumfangs.

    Ein halbes Grad beträgt auch die Distanz zwischen Mogontiacum und Rödgen sowie zwischen Asciburgium und Olfen.

    https://forum.archaeologie.online/uploads/default/original/2X/1/1c881a9e107281775df55dcadd64e1319e274504.png

    Kurzum: Ptolemäus war entweder ein Idiot, oder wie Tycho Brahe meinte, ein Fälscher/Betrüger.

    https://de.wikipedia.org/wiki/Claudius_Ptolem%C3%A4us#Kritik

  5. Corsin am Januar 19th, 2023 10:37 pm

    Errata:
    Haltern liegt 6° nördlich von Aosta.

  6. Corsin am Januar 21st, 2023 3:48 pm

    Drei Ergänzungen noch, da aus der oben verlinkten Karte nicht ersichtlich:

    – Bonn liegt genau 1° südlich von Haltern (und Anreppen) und somit 5° nördlich von Aosta.

    – Der nördlichste bekannte römische Stützpunkt auf dem Kontinent, Bentumersiel, liegt recht genau 1.5° nördlich von Haltern.

    – Rund 2° südlich von Aosta lag der römische Flottenstützpunkt im heutigen Stadtteil Cimiez der Stadt Nizza.

    (Demnach sieht es sehr so aus, als hätten die Römer vom Mittelmeer bis zur Nordsee eine saubere Gradmessung hingelegt — etwas, dass man bislang erst den Vermessern der Neuzeit zugetraut hatte.)

  7. Corsin am Januar 21st, 2023 4:04 pm

    — Wie ich gerade zerknittert feststelle, habe ich in den obigen Beiträgen so oft ‚das‘ mit ‚dass‘ und umgekehrt vertippselt, dass (!) es letztlich wieder aufgehen müsste, wenn man die fehlerhaften ’s‘ an die richtige Stelle verschöbe.

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