Fast Planwirtschaft sowie Greifzangen

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Ich konnte nicht widerstehen – ein Fall für das Softwaremuseum. Dabei ist die Maschine, auf der das oben läuft, extrem effektiv: Man loggt sich hier per Transponder, der Teil des Schlüsselbundes ist, ein und wählt per Touchpad aus, was man essen will, eine Woche im voraus. An dem jeweiligen Tag loggt man sich wieder ein, und die Küche kriegt einen digitalen „Bon“ und weiß, was sie liefern soll. Man wird platziert, und das Mahl wird an den Platz gebracht. Ich sehe keinen Unterschied zur kommunistischen Planwirtschaft: Nichts muss weggeworfen werden, und das Küchenpersonal kann ökonomisch rational handeln. Und ich gehe jetzt Jagen und Fischen. Oder irre ich mich?

Das profitorientierte Gesundheitssystem ist marode, selbstredend auch die Reha-Einrichtungen. Das äußere Luxus täuscht. Wenn man sich die medizinische Seite ansieht, weiß man nicht, ob man weinen oder lachen soll. Am Wochenenden und an Feiertagen wird nicht gearbeitet – es müssten höhere Löhne gezahlt werden. Das geht gar nicht. Und wenn ein Physiotherapeut krank wird, fällt seine Stunde eben aus. Wäre ich Fußballprofi, bekäme ich vermutlich täglich mindestens fünf Stunden irgendwas zu tun.

Ich werde zwei Tage zusätzlich verlieren – Himmelfahrt und Pfingstmontag. Zum Glück waren die Physiotherapeutinnen im Martin-Luther-Krankenhaus sehr professionell und haben mir Übungen empfohlen, die ich selbst machen kann. Hier „rehabilitiere“ ich schon fünf Tage und bin bisher nur zwei Mal je 15 Minuten Standfahrrad gefahren, habe zwei Mal in der „Hockergruppe „jeweils 20 Minuten die Beine geschlenkert, und durfte betreut spazierengehen, was ich auch allein geschafft hätte. Ich warte immer noch auf eine individuelle Physiotherapie. Die erste ist laut „Dienstplan“ am Freitag…

Gestern ist mir beim unbegleiteten Gehen mein neues Gelenk rausgeflogen (Luxation). Ich bewegte mein rechtes Bein falsch, es knackte hörbar, und mein rechter Fuß drehte sich nach außen, was nicht sein soll. Es tat höllisch weh, wie bei einem starken Krampf. Ich hatte großes Glück, weil die nächste Bank nur 20 Meter weit entfernt war. Als ich mich schmerzverkrümmt darauf fallen ließ, gabe es wieder einen hörbaren Knack, und das Gelenk war wieder drin. Learning by doing. Gelobt sei, was hart macht.

greifzangen

Falls jemand eine Greifzange braucht, weil zu weit Bücken temporär verboten ist: Das ein einschlägige Angebot der Großbourgeoisie (Foto links) ging hier schon am zweiten Tag kaputt, weil a) aus Plastik mit einem zerbrechlichen Scharnier und b) weil ich mich draufgesetzt hatte – allerdings auf weichem Untergrund. Heute bekam ich vom hiesigen Reha-Geräte-Experten eine neue. „Immer aus Metall“ war sein Rat, und der ist vermutlich richtig. Es geht in homoöpathischen Dosen voran.

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Kommentare

4 Kommentare zu “Fast Planwirtschaft sowie Greifzangen”

  1. Jim am Mai 24th, 2022 8:13 pm

    In „homöopathischen Dosen“? Also gar nicht?? Oh nein, hoffentlich geht’s wirklich voran!

  2. ... der Trittbrettschreiber am Mai 24th, 2022 9:50 pm

    „neues Gelenk rausgeflogen“

    Was so ein lateinischer Begriff doch zu leisten vermag. Auf einmal ist das nicht Fassbare, Unerklärliche und eigentlich diffus Skandalöse in der Schublade „alles ganz normal“ verortet. Ähnlich ist es ja mit den High-Tech-Diagnosen unser Zeit bis hin zur Sapiosexualität des modernen, nur noch auf intellektuelle Stimuli erregt reagierenden Genders m/w/d/y. Im Klartext, was immer das ist, könnte es einfacher gesagt werden. Kein Bock auf nix, was den Bestand der Menschheit zu sichern geeignet wäre, also ganz dümmlich gedacht.
    Luxare – mmh. Ja natürlich kugelt da was aus aber ist das in Ordnung? Sind die Ingenieure so hinterst, dass sie das nicht verhindern könnten?
    Wieso kann ein Schiff auf dem Ozean nicht gelöscht werden – hallo? Wasser rings um den Flugzeugträger und der schmiert ab, weil der Brand, der sich immer weiter ausgebreitet hat, im Maschinenraum entstanden war?
    Vielleicht sollten wir, Burks, Deine geneigten (nein, nicht vor Lachen) Lesenden innen und außen einen Notruf an die Autoindustrie unseres Vertrauens absetzen. Es ist selten, das eine Nockenwelle bei der ersten Probefahrt im Handschuhfach landet – überraschend eigentlich, oder?

    Nun mal etwas Satire: Sei, lieber Burks, wie immer vorsichtig!

    Ergotherapeutische Skizze:
    Völlig richtig: Selbst am Ball und am Fahrrad bleiben, die Motivation der Helfenden scheint langsam zu gesunden – leider zum Nachteil der Health-Customers.
    Bewege Dich und am besten machst Du parallel dazu eine einschlägige Anleitung dazu. Augmented real, bitte.

    Alles Beste hier vom Trittbrett aus – und nimm die Kurven … ;) nicht zu hart!

  3. Böckenkamp am Mai 25th, 2022 6:29 pm

    Bis zu 10% der neu implantiereten Hüftgelenke kommt zur Luxation.

    Ich sagte Dir, dass sich erst eine Neo-Kapsel bilden/wachsen muß. Das dauert seine Zeit, ich denke so ca 8-12 Wochen.

    Hoffentlich bleibt es ein einmaliges Erlebnis. Du hattest Glück, dass sie wieder reingesprungen ist. Normalerweise kann man die Reposition nur in Narkose bewältigen – Zuviel Muskelzug auf das verrenkte Gelenk.
    Aber es gibt mehrere Richtungen in denen ein Gelenk luxieren kann: nach vorne oben, unten, hinten oben, unten und die Subluxation, also die nicht vollständige Verrenkung. Läßt sich nur durch ein Röntgenbild im luxierten Zustand verifizieren: unangenehm!
    Gute Besserung, ich habe dir einen Artikel aus dem Ärzteblatt geschickt.

  4. gottfried24 am Mai 26th, 2022 1:01 pm

    Schröder, dachte eigentlich Sie packen Tellkamp’s neues Buch ein. Also das aktuell gefährlichste Buch der Welt. Hat fast 100% negative Kritiken hier in Deutschland.

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