Verwohnt

hinterhof keller mansarde

„In einem Hinterhaus, das einen schlechten, stark verwohnten Eindruck macht, bewohnt der wegen einer Armwunde arbeitsunfähige Patient eine Stube und Küche der zweiten Etage. Die Stube ist 4,80 Meter lang, 4,00 Meter breit und 2,60 Meter hoch. Der Kranke teilt sie tagsüber mit drei und nachts mit zwei Personen. Notdürftiges Mobiliar und Trümmer alten Bauholzes usw. füllen den traurigen Raum. Der Hof zeigt bei Regenwetter sintflutartige Zustände.“

Aus Gesine Asmus (Hrsg.) Hinterhof, Keller und Mansarde. Einblicke in Berliner Wohnungselend 1901 – 1920.

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Kommentare

8 Kommentare zu “Verwohnt”

  1. Corsin am Februar 19th, 2021 4:15 pm

    Da fühlt man dann doch, dankbar, letztlich einen Fortschritt — auf der doppelten Fläche bei besserer Luft mit einer sehr umgänglichen felinen Schlafgängerin.

    Mein Kreuzberger Vorfahr hatte es dazumal vor hundert Jahren als Schornsteinfegermeister etwas besser als diese armen Leute und konnte eine schöne Wohnung in der Wrangelstraße mieten, in der er fast 60 Jahre bis zu seinem Tod Ende der 1970er Jahre lebte.

  2. flurdab am Februar 19th, 2021 4:19 pm

    Das muss die berühmte Nachverdichtung sein.

    Der sozialdemokratische Abgeordnete Albert Südekum:
    „Man kann einen Menschen mit einer Wohnung gerade so gut töten wie mit einer Axt.“

    Für Interessierte:
    Großstädtisches Wohnungselend / Südekum, Albert (Public Domain)
    https://digital.zlb.de/viewer/metadata/34192913/1/

    Stadtkritik, Reform und Heimatschutz um 1900Von Christian Knäpper, Christine Rapp und Sefanie Lehmkuhl
    http://wwwhomes.uni-bielefeld.de/esteinberg/pdf/stadtgeschichte/neuzeit/stadtkritik_reform_und_heimatschutz_um_1900.pdf

  3. flurdab am Februar 19th, 2021 4:27 pm

    „Erst das Essen, dann die Miete“
    Der Berliner Mietstreik 1932/33

    Nur mal als zeitgenössischer Denkanstoss für die pandemiegeschädigten Mieter in Deutschland.
    Könnte ja notwendig werden.
    http://www.trend.infopartisan.net/trd0513/t040513.html

  4. ... der Trittbrettschreiber am Februar 19th, 2021 4:35 pm

    :-)… das ist ja fast so romantisch wie in meinem Keller – sogar mit Bollerwagen fürs Lehrgut.

  5. Corsin am Februar 19th, 2021 7:21 pm

    @Trittbrettschreiber

    Das Lehrgut wurde dann wohl zuvor vom Leerkörper ausgetrunken?

  6. ... der Trittbrettschreiber am Februar 19th, 2021 9:33 pm

    @Corsin
    Flüssigkreide, als Fun oder Bock – die Idee.
    Wissen lässt sich nicht nur aus Büchern destillieren! Man muss die Flaschen nur dort abholen, wo sie (noch) stehen (können).

  7. Fritz am Februar 20th, 2021 2:36 pm

    Ähnliche Fotos finden sich übrigens hier massenhaft: http://nycma.lunaimaging.com/luna/servlet/view/all/when/1916-1920?sort=identifier%2Coriginal_negative_number%2Cdate%2Ctype

    Archiv der New Yorker Polizei von 1916-1920.

  8. flurdab am Februar 20th, 2021 3:26 pm

    Berliner Ziehtage waren wohl auch ein großer Spaß.
    Die Seite des Berliner Mietvereins, sehr interessant.
    https://tinyurl.com/ycxwohs3

    Damals wurden Wohnungen noch „trocken“ gewohnt.
    Es wurde noch mit Kalkmörtel gemauert der nicht wie Zement hydraulisch abbindet. Kalkmörtel wird durch Kohlendioxyd unter Abgabe von Wasser hart.
    D.h. dass die Erstmieter sehr feucht „gewohnt“ haben, war die Bude trocken stieg natürlich der Mietzins, ergo Umzug.

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