Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser

clickbaiting

Screenshot: Symbolbild für den Zustand der Branche. Für diesen Clickbaiting-Müll auf einer Medien-Website soll ich noch Geld bezahlen? Geht sterben!

Die Keylogger-Affäre bei der taz landet jetzt vor Gericht.

Rein zufällig stieß ich auf den Recherche-Artikel der taz (Juni), den ich damals überlesen hatte. Jetzt habe ich mich noch einmal die Details vertieft. Die Recherche ist sehr interessant, verschweigt nichts und zeigt viel über den Alltag in Redaktionen.

Er ist einer der wenigen Autoren, die Leserkommentare auf taz.de regelmäßig beantworten. Wo er auch auftritt, signalisiert seine selbstbewusste, manchen auch zu arrogante Haltung: Ich habe alle Argumente gewogen, und ich habe die besseren auf meiner Seite.

Das entspricht auch genau meiner Attitude. Just saying. Gefällt mir. Wer recht hat, gilt automatisch bei Kleingeistern als arrogant. Meine Schwester wollte mir ein T-Shirt schenken mit der Aufschrift: „Ich bin kein Klugscheißer – ich weiß es wirklich besser.“

Ich muss zugeben, dass mir das Motiv des namentlich genannten Täters relativ schleierhaft bleibt. Immer die erste Frage: wovon lebt er? Er hat geerbt und offenbar ausgesorgt. Am sein Ansehen musste er sich auch keine Sorgen machen – er war ein herausragender und guter Journalist.

2014 tritt er bei der Vorstandswahl der taz-Genossenschaft mit dem Versprechen an, Haushaltsentscheidungen des Vorstands künftig allen KollegInnen transparent zu machen und sie darüber abstimmen zu lassen. Er erhält nur 16 Stimmen.

Ach ja? Wer Transparenz verspricht, wird nicht gewählt? Das kenne ich aus dem DJV. Die Gruppendynamik bei der Vereinsmeierei ist wohl überall vergleichbar.

Die damalige taz-Chefredaktion entscheidet schließlich, den Text zu drucken. Ein Aspekt wird dabei gegen Sebastian Heisers Willen ausgeklammert. Es geht um Erlebnisse, die er zu Beginn seiner Karriere in der Beilagenredaktion der Süddeutschen Zeitung gehabt habe. Er will nun auch darüber berichten, dass damals Beiträge auf Wunsch der Anzeigenabteilung verändert worden seien. Diese Geschichte hat er zuvor schon anderen Redaktionen angeboten. Doch niemand will sie veröffentlichen.

Das hat mich immer am meisten geärgert in der Branche: Letztlich entscheiden Juristen darüber, was publiziert wird oder nicht. Und eine Krähe hackt der anderen kein Auge aus.

Sex? Für den Geschmack mancher Praktikantinnen sucht er zu viel Nähe, aber auch nicht in einem Maße, das als grenzüberschreitend empfunden wird. Voyeurismus also eher nicht.

Geheimdienste? Der Kollege wird nie wieder in der taz gesehen. In seinem Schreibtisch hinterlässt er Rechercheunterlagen, einen Beutel Traubenzucker und eine Verfassungsschutz-Broschüre mit dem Titel: „Spionage. Sind auch Sie gefährdet?“ Schöne Ironie, aber zu dünn.

Meine Arbeitshypothese: Macht korrumpiert. Macht kann auch bedeuten, dass man zu etwas in der Lage ist, was die anderen nicht können: Mit Keyloggern umzugehen. Die Moral von der Geschicht‘: Wer Macht hat, missbraucht sie, auch wenn er oder sie einer von den Guten ist und auch dann, wenn es nicht um einen unmittelbaren Vorteil geht. Daraus sollte man lernen.

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Kommentare

One Kommentar zu “Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser”

  1. Martin Däniken am Oktober 29th, 2016 11:58 am

    Wohlhabend,halbwegs intelligent,zurückhaltend..schützt nicht davor massiv ins Klo zugreifen…
    speziell dann wenn man denkt man wäre Q aus der startrekischen Q-sphere ;-)
    (kleine polemische Ferndiagnose)

    Erlebnisse aus der Beilagenredaktion entbehren der journalistischen Überprüfbarkeit-wird der Chef gesagt haben können,oder?!

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