Unter Dandys und anderen reaktionären Kleinbürgern

dandy diner

Tagesspiegel: „Die Eröffnungsparty des veganen Imbisses ‚Dandy Diner‘ in der Karl-Marx-Straße in Neukölln musste am Samstagabend abgebrochen werden.“

Da passen doch gleichzeitig viele Ärsche auf viele einen Eimer. (Wenn „Gentrifizierung“ nicht so ein hässliches Wort wäre, würde ich es benutzen.) Karl-Marx-Straße neun: Das ist Kreuzkölln. Da denkt man an nächtens Flaschen haltende Teeager Ende zwanzig, hirnlos, grünalternativ wählend, oder Irgendwas-mit-Mate trinkende und Betriebswirtschaft studierende Kinder von Oberstudienräten… nein, ich höre jetzt besser auf, meine durch keinerlei Empirie gestützten Vorurteile (ist das jetzt ein Oxymoron?) zu verbreiten. Und Polen trinken auch selten Alkohol.

Mode-Blogger, die einen asketistisch-veganistischen Imbiss betreiben? Da fehlt eigentlich nur noch Gendersprech. Danke, dass ich jetzt weiß, was ich weiträumig umwandern muss.

Fragen wir doch mal die Experten von Indochino („Modern Male Elegance“): „Middle class men used clothing to mimic the lifestyles of aristocrats, elevating their status among peers.“

Das ist aus völkerkundlicher und linksextremer Sicht äußerst interessant. Die unpolitische Masse derjenigen, die Modetrends hinterherlaufen, weil man gern dem Mainstream der gefühlten Peer-Group huldigt, ist selbstredend reaktionäres Kleinbürgertum, das den sozialen Status zwischen Proletariat und herrschender Klasse bewahren möchte und deshalb nach unten tritt und noch oben buckelt. Auch in der Ikonografie: Arbeiter müssen sich bekanntlich nicht selbst zitieren, aber die mittleren Klassen übernehmen die Sitten der da oben – genial elegant im Englischen: „elevating their status“. Aber natürlich nur gefühlt. Wenn es drauf ankommt, werden sie sie Körner zwischen Mühlsteinen aka im Klassenkampf zermalmt.

„Wir sind Individuen, aber natürlich sind wir geprägt von der Gesellschaft. Heutzutage ernährt man sich bewusst. Deshalb sind wir zwei definitiv Trendveganer“, sagen sie selbst. Bewusst bescheuert: Da kann ja nichts mehr schief gehen. Möge der rechte Mainstream mit euch sein.

Wenn also heute jemand mit dem Begriff „Dandy“ hantiert, weiß man, was man politisch bekommt. Vegan, Denglisch und Gendersprech, Lifestyle-Codes vom Feisten, sind Moden, also irrelevant, und werden zum Glück irgendwann wieder verweht werden.

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Kommentare

11 Kommentare zu “Unter Dandys und anderen reaktionären Kleinbürgern”

  1. ... der Trittbrettschreiber am April 17th, 2016 2:10 pm

    „Wenn es drauf ankommt, werden sie sie Körner zwischen Mühlsteinen aka im Klassenkampf zermalmt.“

    – Wann ist das je geschehen(z.B.)?

    „Vegan, Denglisch und Gendersprech, Lifestyle-Codes vom Feisten, sind Moden, also irrelevant, und werden zum Glück irgendwann wieder verweht werden.“

    – tritt dann wieder der Urgrunzer an deren Stelle?
    .. :-) … ich fänd’s lustig, weil reaktionär.

  2. Wolf-Dieter Busch am April 17th, 2016 6:08 pm

    Veganer? Was sollen die Schweine auf der Schürze? Wollen aber trotzdem ernst genommen werden?

  3. tom am April 17th, 2016 8:02 pm

    Lifestyle-Codes vom Feisten

    Vom Feinsten könnten die ja auch nicht sein, höchstens was mit bescheuert zu tun haben.
    ;)

  4. CaptainObvious am April 18th, 2016 7:02 am

    @Wolf-Dieter Busch: Augenzwinkerndes Schwein => Schweinische Schwule !

  5. Peter am April 18th, 2016 1:16 pm

    „Veganer? Was sollen die Schweine auf der Schürze? Wollen aber trotzdem ernst genommen werden?“

    Das ist Hipster-Ironie, das muss so.
    Ich bin mir sicher: Die beiden Herren trugen noch vor ein paar Tagen/Wochen Vollbärte.

  6. DerPostillon am April 18th, 2016 5:07 pm

    Was es mit den Schweinen auf sich hat:(Interview BZ nicht Postillon !!)

    „Ja, wir haben uns zwei Mikroschweine als Dandy Diner Bewohner ausgesucht und wollen damit ein Zeichen setzen. Die Schweine sind hier auch Mitarbeiter und werden sich das Büro mit dem Geschäftsführer teilen.

    Sie werden sich frei im Garten bewegen, aber auch im Gastraum, wo sie bewusst mit Menschen interagieren können. Damit zeigen wir, dass das Schwein etwas schönes und nettes ist.
    Ein Schwein ist ein Lebewesen, dass man streicheln kann und nicht auf den Grill gehört! Das Schwein ist bei uns eine Symbolfunktion und soll zeigen: Es gibt glückliche Schweine.“

    Ich bring mich jetzt um !!!!

  7. Wolf-Dieter am April 18th, 2016 9:49 pm

    Außerdem deuten neuere Forschungen darauf hin, dass auch Brokkoli Gefühle haben.

  8. ... der Trittbrettschreiber am April 19th, 2016 5:07 am

    „…dass auch Brokkoli Gefühle haben.“

    … sogar Burks-Leser!

  9. MikroSchweine am April 19th, 2016 9:08 am

    Grins aus einer Meldung von 2005:

    München – Barbara Becker hat Ärger mit ihrem Mikroschwein. Denn aus diesem Mikroschwein ist mittlerweile ein Schwein geworden, das größer ist als ihr Golden Retriever. Der Nachrichtenagentur AP erzählte sie, dass es zum größten Mikroschwein der Welt herangewachsen sei und immer aggressiver wurde. Becker: „Wenn ich es nicht mindestens drei- oder viermal am Tag gefüttert habe, ist es ausgeflippt.“ Deshalb musste das Schwein jetzt raus.

  10. ... der Trittbrettschreiber am April 20th, 2016 2:35 pm

    Ein kluges Schwein verhält sich niemals wie ein Schwein. Das war ein dummes Schwein. Ein richtig dummes blödes schweiniges Schwein, das sich wie ein Schwein verhalten hat und eine unerhört schweinemäßige Schweinerei gemacht hat. So ein Schwein. Mit so einer Sauerei gehört dieses dumme fette widerliche Schwein eigentlich in einen Schweinestall. Da ist es dann unter anderen Schweinen, die sich schweinisch benehmen…, so, also!

    ;-)…tut irgendwie gut, ein Schwein als Schwein zu bezeichnen; Schweine erstatten selten Anzeige, wenn man sie beleidigt… :-)

    http://www.hebbel-am-ufer.de/programm/festivals-und-projekte/2015-2016/heiner-mueller/

  11. stipvisite am April 21st, 2016 1:05 pm

    kann man doof finden, muss man aber nicht.
    interessant ist aber, wie abgrenzung läuft.
    knödel und speck und schultheiss in der pinte am eck, so echt in farbe proletarisch? und frauen mit krav maga verteidigen können. wenn sie einen süßen arsch haben. angriff ist die beste verteidigung und antifa heisst ja angriff.
    mann o mann. denn das schwein gehört auf den grill und nicht aufs sofa.

    ich bring mich mal nicht um heute, das wetter ist schön.

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