Yellowhound in die Pampa

postbuselbehannoverhotel kraka unna

Ich kann mich gar nicht erinnern, wann ich das letzte eine so lange Strecke mit einem Bus gefahren bin. Muss 1982 in den USA gewesen sein, von Dutch Pennsylvania nach Texas. Jetzt wieder: Im gelben Postbus von Berlin nach Dortmund (und von da mit dem Bummelzug nach Unna).

Tut mir leid, Bahn, ihr habt mich als Kunden verloren. Als Globetrotter weiß man, dass es nicht darauf ankommt, wie lange man unterwegs ist: Das Reisen an sich ist das Ziel. Für die zwei Stunden mehr bekomme ich ein sauberes Klo, sogar mehr Beinfreiheit und WLAN mitsamt einer respektablen Mediathek. Und es gibt Steckdosen! Unter jedem Sitz! Hört ihr das von der Bahn?

Ja, ich weiß: „Mediathek“ meint den durchschnittlichen Publikumsgeschmack, der bekanntlich das Grauen ist. Ich hatte ein Tablet mit großem Bildschirm dabei und sah mir die beiden einzigen Filme an, die nicht ganz daneben zu sein schienen. Beide kann ich empfehlen: Argo (running gag: „fuck yourself“), mit extremer Spannung, herrlich zynischen Dialogen und trotz Hollywood mit politischen Inhalten. (Nein, Ben Affleck, es war nicht Ronald Reagan, der die Berliner Mauer zum Einsturz brachte.)

Slate: „Sure, Argo’s an easily consumable mashup of well-worn genres (exotic adventurer, political caper flick, derelict daddy redemption movie, Hollywood insider satire) whose geopolitical themes make it feel smart and important.“ Schon gut.

Danach The Judge (leider auf Deutsch) mit einem überzeugendem Bad-ass-Rechtsanwalt Robert Downey Jr.. Der Plot ist etwas flach, aber, hey, ich saß im Postbus! Da will ich keine bulgarischen Kulturfilme mit französischen Untertiteln!

„Argo“ brachte mich in eine düstere Stimmung, die durch den Busbahnhof von Hannover (2. Bild von oben) noch düsterer wurde. Nur Wolfsburg hätte schlimmer aussehen können. Es schüttete auch die ganze Zeit, aber Sonne hätte es nicht besser gemacht. Ich habe mir übrigens zum wiederholten Male geschworen, nie in ein islamisches Land zu fahren (das Risiko wäre für mich auch zu groß wegen der „Satanischen Verse“), und ich will in meiner Freizeit auch überhaupt keine Frauen mit Kopftüchern sehen. And period. Ekelhaft.

Wenn man um halb elf Uhr abends in einer Kleinstadt wie Unna angekommt, lernt man die Vor- und Nachteile gleich kennen. Es ist so gut wie niemand (in Worten: keiner) mehr auf der Straße, im Hotel wird gerade das letzte Bier ausgeschenkt, und wenn man in einer Viertelstunde das gesamte Stadtzentrum durchwandert hat, findet man trotzdem nichts mehr zu essen oder trinken. Sogar die Tankstelle hat geschlossen.

Ganz Unna eine Pampa, tote Hose, Schlafstadt, kein zivilisierter Ort, nirgends? Nein, eine kleine „City Pizza“ hatte noch geöffnet. Ihr sei Lob und Dank, obwohl das Interieur gewöhnungsbedürftig ist. Passte aber zur Tageszeit und zu meiner Laune, die sich schlagartig änderte. You made my night.

Was ich an Lokalzeitungen so mag, sind die Schlagzeilen auf der ersten Seite: „Weihnachtsbaumpreise stabil!“ Im Oktober! Vier Seiten für Lokalsport, eine halbe Seite Politik. Genau richtig zum Frühstück.

Heute abend Kino: „Der Marsianer“. Was will man mehr von einem Kurzurlaub. Nur das Internet ist gewohnt scheiße. Das schnellste bekommt man im Cafe Extrablatt, wo ich gerade sitze.

Ich wünsche allen nochen schönen Tach (wie man das hier ausspricht).

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Kommentare

6 Kommentare zu “Yellowhound in die Pampa”

  1. Publicviewer am Oktober 21st, 2015 2:54 pm

    Ich empfehle Dir mal „Whiplash“!
    Kannst ja mal reinschauen… ;-)

    Gruß

  2. tom am Oktober 21st, 2015 4:45 pm

    Schönen Tach zurück!

  3. ... der Trittbrettschreiber am Oktober 21st, 2015 5:38 pm

    … danke Burks, fürs Mitnehmen, Mitfühlen lassen und ja, Hannover, Wolfsburg, Unna (ist der alte Bahnhof nicht eine Veranstaltungskneipe gewesen?).

    Ich hatte ja schon viel über Heinrich Heine’s fiktive Rückkehr nach Deutschland gelacht, wo er nach Aachen kam.

    http://www.staff.uni-mainz.de/pommeren/Gedichte/Aachen.html

    Burks machte mich ein wenig wehmütig und, vielleicht liegt es ja daran, dass seine Reise eben nicht fiktiv war, ich meine, auch die Singles, und, ja und die die mit den Kindern gut aussahen…

  4. andreas am Oktober 21st, 2015 11:24 pm

    Du willst in Deiner Freizeit keine Frauen mit Kopftüchern mehr sehen. Dann meld Dich doch ins Wahlkampfteam von https://www.flickr.com/photos/scratchmyfrontlens/22031132651/. Da kannste Dich austoben.

  5. swe am Oktober 22nd, 2015 6:02 pm

    huhu, wenn schon ein link für die city-pzzaria, warum nicht gleich nen richtigen, wo die speisekarte und die öffnungszeiten zu finden sind.. hätt keine 10 sek googeln gekostet, und die betreiber hätten auch was davon =)

    http://www.citypizza-unna.de

  6. swe am Oktober 22nd, 2015 6:03 pm

    ach, ja , schneller geklickt als gedacht =9 noch ne gute reise =)

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