Nicht wirklich hellsichtig

Nur mal zwischendurch. Eva Bambach schreibt in den Scilogs über „Nur ein Gerücht: A. Paul Webers hellsichtiger Kampf gegen rechts“.
Der „Spiegel“ hatte den Künstler in seinem Nachruf 1980 als „parteilosen Linken“ bezeichnet, der Hitler „1932 hellsichtig als ein ‚deutsches Verhängnis‘ porträtiert hatte“. Wohl wahr – und doch ganz anders, wie sich zeigt. (…) Von ganz rechts außen kommend hatte sich Weber mit den von ihm zunächst als letztlich zu zahm kritisierten Nazis arrangiert. Sein anfänglicher „hellsichtiger Widerstand“ kam nicht aus der Überzeugung eines Demokraten.

Da wundert es nicht, dass die Friedrich-Ebert-Stiftung 2002 schrieb:
Dennoch: A. Paul Weber leistete Widerstand gegen Hitler, wie kaum ein anderer erkannte er in geradezu visionären Bildern die heraufkommende Gefahr, die er oft als „braune Flut“ ins Bild setzt.

Der „Antifaschismus“ der SPD eben… Vielleicht gab es 2002 auch niemanden bei der Stiftung, der Wikipedia im Internet gefunden hat.

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Kommentare

One Kommentar zu “Nicht wirklich hellsichtig”

  1. Wolf-Dieter am März 13th, 2015 2:55 pm

    Jetzt hänge ich mich mal aus dem Fenster.

    A. Paul Webers Lithografien kenne ich aus Schulzeiten (damals war ich schwerst-interessiert an Kunst und großer Kultur und kam mir damals förchterläch wächtäch vor).

    Webers Zeichenstil ist ganz nett, aber immer die gleiche Formenwelt. Allegorien auf moralische Verfehlungen. Aus den gezeichneten Körperhaltungen und Gesichtsaudrücken spricht Schwäche, Fragwürdigkeit, Fehlbarkeit. Mehr nicht.

    Insbesondere enthält A. Paul Webers nichts Aufklärendes im Sinne etwa Brechts. Dort, wo er konkrete Gesellschaft porträtiert (mir fällt bloß keine Grafik ein), dort passt das Urteil Brechts über G. Grosz ebensogut auf A. Paul Weber: Er zeichnet die widerliche Visage des Bürgertums, aber er klärt nicht auf. Dieses Urteil über ihn mache ich mir zu eigen und folgere: ganz nett, sonst nichts.

    Aber das ist nicht wichtig. Wichtiger erscheint mir: für die Interpretation eines Werks ist die nicht wahre Absicht des Autors relevant, sondern nur das Werk selbst.

    Um den Standpunkt zu illustrieren: ich erinnere mich an Gymnasium, Englisch-Unterricht, Besprechung des Animationsfilms „Animal Farm“ nach George Orwell. Mein Lehrer, trotz CDU-Sympathie recht cool, argumentierte mit Verweis auf Orwells Äußerungen, die Geschichte sei eine Allegorie auf den Stalinismus.

    Damals war ich noch nicht pfiffig genug für die naheliegende Gegenfrage: warum hieß das böse Schweinchen im Film dan Napoleon?

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