Ausbeutung ist Alltag

In kaum einem anderen Euroland ist der Niedriglohnsektor so groß wie in Deutschland. Nur in der Slowakei und Irland ist der Anteil der Billiglöhner noch höher.

19,2 Prozent aller Beschäftigten in Betrieben arbeiten für weniger als 8,50 Euro die Stunde, eine Entwicklung, die offenbar politisch gewollt war. Schon 2005 lobte der damalige Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) sich und seine rot-grüne Regierung auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos: „Wir haben einen funktionierenden Niedriglohnsektor aufgebaut.“ (…)

Denn Deutschland bietet für viele Formen der Knechtschaft im 21. Jahrhundert legale Fassaden, meist sind es Werkverträge und Gewerbescheine für Selbständige. (Aus der lesenswerten Reportage „Ausbeutung ist Alltag“ im aktuellen Print-Spiegel)

Natürlich ist es bezeichend, dass derartige Geschichten in unseren Wirtschaftszeitungen, in denen die Lautsprecher des Kapitals „Volkswirtschaftler“ die Lufthoheit haben, nie vorkommen.

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Kommentare

4 Kommentare zu “Ausbeutung ist Alltag”

  1. Herr Lehmann am November 30th, 2014 9:11 am

    Wo sind „unsere“ Gewerkschaften, die das alles mit zu verantworten haben?
    Ach ja, die prangern zusammen mit der Regierung schlechte Arbeitsbedingungen in anderen(!) Ländern an und kämpfen natürlich unermüdlich gegen „Rechts“…

  2. ...der Trittbrettschreiber am November 30th, 2014 4:44 pm

    Ich erlebe es täglich auch selbst und möchte Celan ergänzen. Zynismus ist ein willfähriger Geselle aus Deutschland.
    Manchmal scheint es, als wäre dieses Wohlstandsland ein Ort der tiefsten Selbstverachtung, weil ganz weit drinnen der größte Verdrängungsprozess nach dem 2. Weltkrieg stattfindet und die bange Erkenntnis, dass diese Fassade einfach implodieren kann, nicht aushaltbar ist.
    Wann habe ich in den letzten 20 Jahren je ein verrostetes Auto gesehen? Da kann doch was nicht stimmen, hätte ich längst gemutmaßt – aber dann ist es, las nähme jemand meinen Kopf, drehte ihn zur Seite und alles was ich sehe, ist Glanz, Lack und Marketing. Und da soll man noch zweifeln?

  3. Godwin am Dezember 1st, 2014 11:10 am

    das kuriose an der Sache ist aber, das Deutschland international so gut dasteht wie noch nie
    http://www.newsweek.com/2014/07/25/top-world-could-be-start-century-german-success-259410.html

    Eine Frage wäre doch, ob die schmerzhaften Reformen um Hartz IV, Billiglohnsektor etc. nicht unterm Strich genau das sind, was uns unter den derzeitigen Rahmenbedingungen am ende den Arsch gerettet hat. Ich habe von Wirtschaft nicht so viel Ahnung. Aber selbst Hartzer leisten sich große Flachbildschirme und gucken Sky.
    Und ein blick in andere Länder zeigt, dass eine andere Alternative ggf. darin bestünde gleich gar keine Arbeit mehr zu haben.
    Frag mal die ganzen Spanier, warum die ausgerechnet nach Berlin kommen…

  4. Godwin am Dezember 1st, 2014 11:36 am

    btw – die Spirale nach unten kann locker noch etwas gedreht werden. Der spielraum dafür ist längst ausgelotet
    http://www.zaar.uni-muenchen.de/veranstaltungen/tagungen/archiv/zt03/index.html
    und
    http://www.zeit.de/2011/50/Leiharbeit-Werkvertraege

    das kann noch „lustig“ werden, wenn nicht bald glaubhafte Alternativen ausgebrütet werden

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