Mißtrauen ist die erste demokratische Tugend!

Die rote Fahne

Arbeiter und Soldaten von Berlin!

Sichert die von Euch errungene Macht!

Mißtrauen ist die erste demokratische Tugend!

Die rote Fahne weht über Berlin! Würdig habt Ihr Euch an die Seite der Städte gestellt, in denen schon das Proletariat und die Soldaten die Macht übernommen haben. Wie aber die Welt auf Euch geschaut hat, ob Ihr Eure Aufgabe lösen werdet, so sieht die Welt jetzt auh Euch, wie Ihr sie lösen werdet. Ihr müßt in der Durchführung eines sozialistisch=revolutionären Programms ganze Arbeit machen. Mit der Abdankung von ein paar Hohenzollern ist es nicht getan. Noch viel weniger ist es getan damit, daß ein paar Regierungssozialisten mehr an die Spitze treten. Sie haben vier Jahre die Bourgeoisie unterstützt, sie kann nicht anders als dies weiter tun. Mißtraut denen, die von Reichskanzler- und Ministerstellen herunter glauben, Eure Geschicke lenken zu dürfen. Nicht Neubesetzung der Posten von oben herunter mit der Parole, sondern Neuorganisierung der gewalt von unten herauf. Sorget, daß die Macht, die Ighr jetzt errungen habt, nicht Euren Händen entgleitet und daß ihr sie gebraucht bis zum Ziel. Denn Euer Ziel ist die sofortige Herbeiführung eines proletarisch=sozialistischen Friedens, die sich gegen den Imperialismus alle Länder wendet, und die Umwandlung der Gesellschaft in eine sozialistische.

Aus: „Die rote Fahne„, 10.11.1918

novemberrevolution

Foto: Frauen bei einer Spartakus-Demonstration

Wikipedia über den 10. November der Novemberrevolution:
„Obwohl Ebert die bestimmende Rolle der SPD gewahrt hatte, war er mit den Ergebnissen unzufrieden. Er sah das Räteparlament und den Vollzugsrat nicht als Hilfen, sondern nur als Hindernisse auf dem Weg zu einer Staatsordnung, die nahtlos an das Kaiserreich anknüpfen sollte. Die gesamte SPD-Führung betrachtete hauptsächlich die Räte, nicht aber die alten Eliten aus Militär und Verwaltung als Gefahr. Sie überschätzte erheblich deren Loyalität zur neuen Republik. Ebert störte vor allem, dass er vor ihnen nun nicht mehr als Reichskanzler, sondern nur noch als Vorsitzender einer Revolutionsregierung auftreten konnte. Konservative betrachteten ihn in der Tat als Verräter, obwohl er nur deshalb an die Spitze der Revolution getreten war, um sie zu bremsen.

(…) Die höheren Beamten arbeiteten allein Ebert zu, obwohl Haase im Rat formal gleichberechtigter Vorsitzender war. Den Ausschlag in der Machtfrage gab noch am Abend des 10. November ein Telefonat Eberts mit General Wilhelm Groener, dem neuen 1. Generalquartiermeister im belgischen Spa. Dieser sicherte Ebert die Unterstützung des Heeres zu und erhielt dafür Eberts Zusage, die militärische Rangordnung wieder herzustellen und gegen die Räte vorzugehen.

Hinter dem geheimen Ebert-Groener-Pakt stand die Sorge der SPD-Führung, die Revolution könne in eine Räterepublik nach russischem Vorbild münden. Die Erwartung, das kaiserliche Offizierskorps damit für die Republik gewinnen zu können, sollte sich jedoch nicht erfüllen.“

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