Rheinische Post veröffentlicht „Bombenbauanleitung“

Ein Fall für das überaus eifrige LKA Düsseldorf, das ja auch mich wegen des angeblichen Verstößes gegen das Waffengesetz angeschwärzt hat. Die Rheinische Post verbreitet online eine „Bombenbauanleitung“. Da muss man doch was tun?!

„Weil niemand wusste, in welchem Zustand sich die Pikrinsäure im Stahlschrank des Chemiesaals befand, rückte ein Sprengkommando der Bundespolizei an, sicherte die Chemikalie und sprengte sie in einem Loch im Schulgarten. ‚Die Flasche stand da schon seit 30 Jahren, ungeöffnet und originalverpackt‘, sagte Schulleiterin Petra Steudel nach der Vernichtung der 160 Gramm Pikrin. Die Säure wird im Chemieunterricht unter anderem zum Prüfen des pH-Gehalts anderer Stoffe verwendet. Üblicherweise wird Pikrin in Wasser aufbewahrt – das muss so sein, weil trockenes Pikrin hochexplosiv ist, etwa zehn Prozent stärker als TNT.“

Wie einfach Pikrinsäure herzustellen ist, kann man in der Lerneinheit: Pikrinsäure auf ChemgaPedia sehen. Pikrinsäure wird auch als panzerbrechner Sprengstoff verwendet. Laut Spiegel Online nutzt man Pikrinsäue auch als Färbemittel beim Mikroskopieren – „aber heute kaum noch gebraucht.“.

Melde gehorsamst: Gefährliche“ Bombenbauanleitung“! Bitte sofort Verbot durchführen! Dazu noch mal aus ausnahmeweiseein völlig unaufgeregtes Statement aus der RP Online: „Thomas Müller, Lehrstuhlinhaber für organische Chemie an der Uni Düsseldorf, sieht keinen Anlass für ein Pikrin-Verbot im Unterricht. ‚Wenn die Säure geschlossen aufbewahrt wird, trocknet sie nicht aus‘, sagt er. ‚Wein verdunstet ja auch nicht in einer geschlossenen Flasche.'“

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Kommentare

One Kommentar zu “Rheinische Post veröffentlicht „Bombenbauanleitung“”

  1. Ein_Chemiker am Dezember 5th, 2008 12:02 am

    Diese Spreng-Aktionen bei Pikrinsäureflaschen an Schulen usw. sind auch so ein bemerkenswertes Phänomen.
    Pikrinsäure ist auch in trockenem Zustand ein vollkommen sicher zu handhabender Stoff. Trockene Pikrinsäure ist ungefähr so sicher zu handhaben wie die Explosivstoffe in handelsüblichen Feuerwerkskörpern. Gegen Reibung ist Pikrinsäure unempfindlich, gegen Schlag mittelmässig empfindlich und beim Erhitzen besteht kaum eine Gefahr. Die meisten Chemiker mussten sogar noch in Praktika Schmelzpunkte organischer Pikrate bestimmen. Die Flaschen könnten problemlos noch 300 Jahre so herumstehen, ohne dass etwas passiert und erlaubt wäre das in diesen Mengen ebenso. Feucht besteht schon überhaupt keine Gefahr, abgesehen davon, dass es sich um einen entzündbaren Feststoff handelt.

    Trotzdem wurden auf einmal -ca. 2 Wochen, nachdem laut dpa/AP-Meldung in deutschen Tageszeitungen die Machthaber in China während der Olympiade als Terrorprävention Chemikalien an Schulen beschlagnahmen liessen- auf einmal zuerst in Berlin, dann in NRW und zum Teil in Bayern alle Pikrinsäureflaschen ohne irgendeinen Grund gesprengt.

    Von der Polizei und den Behörden vorgeschobene Begründung: Angeblich sei trockene Pikrinsäure mega-gefährlich, würde schon bei der leisesten Erschütterung detonieren oder beim Aufschrauben des Deckels in die Luft fliegen. Gestützt wurde die passende Begleit-Berichterstattung in den Medien mit einem Verweis auf fehlerhafte Behauptungen in einer Internet-Enzyklopädie, wo jeder irgendeinen Unsinn reineditieren darf und wo z.B. ein Unfall mit einer Schiffsladung Artilleriegranaten aufgrund eines Brandes an Bord im ersten Weltkrieg dem Mit-Transport von Pikrinsäure in die Schuhe geschoben wird.

    Jetzt frage ich mich: Ist hier mal wieder Unwissenheit und die Nutzung fehlerhafter Informationen aus dem Internet Schuld an dem übertriebenen Verhalten, über das Fachleute nur noch den Kopf schütteln können, oder ist das mal wieder eine neue Schnapsidee, wie man naturwissenschaftliche Tätigkeiten in Deutschland als einzigem Land der Erde sicherheitshalber noch mehr stören will?

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