FARC-„Volksarmee“

Google Maps

Gestern habe ich mich kurz mit der kolumbianischen Guerilla FARC beschäftigt. Nur zur Erinnerung – wem die größte und älteste Guerilla Lateinamerikas nicht sagt: „1966 ging der Bloque Sur in den FARC auf, die am 5. Mai offiziell als militärischer Arm der Kommunistischen Partei Kolumbiens gegründet wurden. Sie verstanden sich als bäuerliche Selbstverteidigungsgruppe gegen die von Großgrundbesitzern und Militär ausgehende Gewalt und hatten sich eine ‚revolutionäre Landreform‘ zum Ziel gesetzt. Bis heute bezeichnen die FARC sich selbst als marxistisch-leninistisch und bolivarisch.“

Zum Kontrast lese man „Die dunkle Seite der FARC: „Unsere Entführer bezeichneten Indianer als „Tiere“. Ausländer sind grundsätzlich verdächtig und haben wie wir den Beweis anzutreten, keine „Feinde des kolumbianischen Volkes“ zu sein. Schon die Förderung des ökologischen Anbaus von Kaffee bei Kleinbauern kann dabei als das Verbrechen gewertet werden, „dem kolumbianischen Volk rückständige Produktionsmethoden aufzuzwingen“. Derweil lassen sich die Führer der FARC im Internet beim Lachsbrötchen-Essen in Norwegen ablichten, um internationale Anerkennung vorzutäuschen. (…) Wir haben unsere Entführer vor allem als gewalttätige, hilf- und ahnungslose Strauchdiebe unter Führung eines psychopathischen Kommandanten erlebt.“

Sehr informativ ist auch der (übersetzte) Artikel Die Sackgasse der FARC aus Semana Online vom 4.7.08 sowie den Artikel aus der Süddeutschen, in dem der venezolanische Präsident Hugo Chavez zitiert wird, die bewaffnete Guerilla sei nicht mehr zeitgemäß – womit er zweifellos Recht hat.

FARC

Ich hatte in einer Kneipe einen Print-Artikel des „stern“ gelesen, in dem eine Karte abgebildet war, die den Ort der Befreiung der Geiseln zeigt, hatte aber nur „Rio Inirida“ behalten, weil ich den kannte. Kein deutsches Medium hat online auch nur annähernd etwas angeboten, das man als „Online-Journalismus“ bezeichnen und ernst nehmen könnte – keine Links auf Google Earth, keine spanischen und englischen Quellen – nichts, nichts, nichts, nur vages Gefasel.

Die Suche war nicht einfach und kostete mich fast eine halbe Stunde. Elnuevoherald.com berichtet, dass die die Guerilla offenbar Repressalien gegen die Bewohner des Gebietes – dem Department Guaviare – beabsichtigt, in dem die Geiseln gefangen gehalten wurde. (Google-Suche: Betancourt Guaivare). Miamiherald.com bietet eine interessante Story, dass die FARC offenbar die beiden Guerilla-Führer, die Betancourt bewachen sollten, für die Befreiung verantwortlich macht: „The Revolutionary Armed Forces of Colombia, Latin America’s last remaining major rebel army, said “the escape of the 15 prisoners of war‘ on July 2 ‚was a direct consequence of the despicable conduct of César and Enrique, who betrayed their revolutionary commitment.““

Aber wo publiziert die FARC im Internet? Sie hat offenbar eine neue Website [Whois]. Im Artikel des Miami Herald: „Rescue of hostages may stir FARC’s wrath“ fand ich dann den Satz: „Maria, a local official who recently visited Tomachipán, the town closest to the coca plantation where the hostages were rescued on Wednesday“. Bingo. Die meisten Informationen aus Sicht der Guerilla bekommt man übrigens auf der Website der Agencia Bolivariana de Prensa – dort findet man auch eine große Fotogalerie mit Bildern der FARC-Freischärler.

FARC

Wenn man die Elaborate der FARC im Original im Original liest, denkt man eher an eine durchgeknallte Politsekte. Da ist vom „Mini Fuhrer“ Uribe und von der „Lumpen Bourgeoisie“ die Rede und ähnliche Tiraden. Wenn man schon jemanden unterstützen will in Kolumbien, dann sollte man die ehemalige Guerilla M-19 („Bewegung 19. April“) wählen, die es wie die Sandinistas in Nicaragua geschafft haben, sich als bewaffnete Organisation aufzulösen bzw. – wie in Nicaragua – sogar nach der erfolgreichen Revolution abwählen zu lassen. Die Anführer der M-19 wurden aber nach den Demobilisierung der Guerilla ermordet – wie Carlos Pizarro Leongómez. Schon auf Grund dieser historischen Erfahrung wird die FARC diesen Weg nicht gehen – und militärisch besiegen lässt sich eine Guerilla ohnehin nicht.

Die Fotos in der Mitte sind Screenshots aus Pro-FARC-Videos bei Youtube.

Nachtrag, 16.07.2008. Telepolis: Kolumbien: Wirtschaftswunder à la Uribe

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