Nachrichten aus dem Hinterhof der USA: Soldaten als Auftragsmörder

Diese Nachrichten werden wohl kaum in den deutschen Mainstream-Medien vorkommen, sind aber dennoch – oder gerade deswegen – interessant:

Klassenkampf (der Begriff ist in deutschen Zeitungen untersagt) in Venezuela: Die Regierung will einen Manager einsetzen und die Belegschaft wehrt sich dagegen.
Diana ist ein Unternehmen mit jahrzehntelanger Geschichte und wurde im Jahr 2008 von der Bolivarischen Regierung übernommen. Seitdem wurde der Betrieb unter Kontrolle eines Rats der Arbeiter und Arbeiterinnen geführt. Die Belegschaft unterhält ein eigenes Radioprogramm und eine Arbeiteruniversität. Der Betrieb gilt als gelungenes Beispiel für eine von der Belegschaft übernommene Leitung.

Das ist natürlich ein Grund dafür, dass dieses Unternehmen nicht in deutschen Wirtschaftsnachrichten erwähnt werden darf. Die Glaubensgemeinschaft Freie Marktwirtschaft(TM) würde das missbilligen.

Da wir beim Thema Religion sind: Manchmal machen Pfaffen erstaunlicherweise auch etwas Gutes, zum Beispiel die „Pastors for Peace“ aus den USA. Das ist natürlich auch eine Ausnahme, weil dort alles religiös ist. Vermutlich könnte man in den USA sogar mit einer linksradikalen Organisation Erfolg haben, wenn sie als Kirche organisiert wäre.

Portal america21.de berichtet: „US-Aktivisten brechen Kuba-Blockade Washingtons“. „Die US-Bürger unter ihnen reisten ohne die eigentlich erforderlichen Genehmigungen ihrer Behörden“.

Aha. Und ich dachte immer, im Kapitalismus in Ländern, in denen der freie Markt bekanntlich alle Menschen glücklich und reicht macht, herrschte Reisefreiheit und Verbote, irgendwo hinzureisen, gäbe es nur in Unrechtsregimes wie damals in der DDR?

Spannend finde ich die Rolle Chinas in Lateinamerika: „Auch andere Staaten wie Chile, Panama und Peru erleben eine wirtschaftliche Verlangsamung. Eine der Hauptursachen für das verringerte Wachstum sei die hohe Abhängigkeit von Rohstoffexporten in die EU und in die Volksrepublik China.“

„Wirtschaftliche Verlangsamung“ – das ist natürlich nicht nur Deutsch des Grauens, sondern auch ein pseudereligiöses Mem unserer „Volks“wirtschaftler, die meinen, es müsse bis zur Apokalypse zum Ende aller Tage immer mehr und mehr und mehr produziert werden. Was bedeutete das Gegenteil? „Wirtschaftliche Beschleunigung“? In Deutschland würden die Medien, die vorgeben, Ökonomie erklären zu wollen, vermutlich schreiben: „Die Konjunktur belebt sich“ oder „die Gottheit Märkte sind in guter Stimmung„. (O je, ich wollte nur scherzen und übertreiben, aber die schreiben das wirklich so!)

Im obigen Artikel heisst es: „Schätzungen gingen zuletzt davon aus, dass China die USA als den wichtigsten Handelspartner des lateinamerikanischen und karibischen Raumes bereits 2015 ablösen könnte.“ Das wäre natürlich für Lateinamerika eine Revolution. China wird aber an den den Problemen nicht viel ändern, abgesehen davon, dass die Staaten mit einer Regierung, die die USA nicht wollen oder in die die USA früher ziemlich schnell einmarschiert wären, nicht länger erpressbar sind. (Zitat aus dem Film „Avatar“: „Venezuela – that was a mean bush“.) Venezuela etwa lebt von der Substanz aka Öl, und auch die linke Regierung macht nicht viel mehr als die Einnahmen zu verteilen – nur bekommen mehr Leute davon etwas ab, nicht nur die nationale kapitalistische Oligarchie.

Hübsch ist auch diese Meldung:
Wie aus einem vertraulichen Bericht des FBI vom April diesen Jahres hervorgeht, kommt es immer häufiger zu gezielten Anwerbungen US-amerikanischer Soldaten durch mexikanische Drogenkartelle. Für eine Bezahlung von mehreren Tausend Dollar führten die professionell geschulten Soldaten Auftragsmorde durch oder trainierten die Mitglieder der Organisationen, so Sicherheitsexperten laut Fox News.

Natürlich geben russische Medien diese Nachrichten genüsslich wieder; aber sogar in britischen Medien wird berichtet, inklusive der Steckbriefe: „Mexican drug cartels are using U.S. military personnel as guns-for-hire“.

Gute Nachricht aus Bolivien: „Bolivien für Koka-Anbau zu medizinischen Zwecken“. Präsident Morales hat bereits mehrmals vor den Vereinten Nationen die Legalisierung der Koka-Pflanze gefordert und deren Kriminalisierung als „historischen Fehler“ bezeichnet.

Man müsste sich mal vorstellen, ein deutscher Politiker forderte, „Drogen“ müssten zu medizinischen Zwecken angebaut werden – und nicht nur das harmlose Hanf. Wer das forderte, würde gesellschaftlich geächtet und würde zu Mainstream-Talkshows, die „Politik“ in Deutschland weitgehend ersetzen, nicht mehr eingeladen.

Ich denke manchmal ernsthaft darüber nach, im Alter, falls es mir noch gelänge, eine Art Bestseller zu schreiben, nach Lateinamerika auszuwanden. Aber der politische Wind dort kann sich auch sehr schnell wieder drehen.

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Kommentare

3 Kommentare zu “Nachrichten aus dem Hinterhof der USA: Soldaten als Auftragsmörder”

  1. koogleschreiber am August 10th, 2013 12:10 pm

    Wie ich hier schon an anderer Stelle schrieb: In Südamerika übernehmen zunehmend private military contractors die Rolle der US Army. Google(duckduck) mal DynCorp+Columbia. Praktisch, wenn man als Söldner auch noch Immunität vor Strafverfolgung in dem Land genießt, wo man eingesetzt wird. Pech aber, wenn man vom Feind gefangen wird – das kriegt weder Capitol Hill noch die Öffentlichkeit mit. Söldner sind zwar viel teurer als reguläre Soldaten, aber dafür dürfen die ungestraft richtig Schwein sein, während deren Oberbefehlshaber den Friedensnobelpreis für nichts bekommt.

  2. koogleschreiber am August 10th, 2013 6:52 pm

    Der Brüller!

    Pressekonferenz im Weißen Haus, Kerry und Lavrov.

    Lavrov: „We need to work as grown-ups. This is what we do. And we hope that this will be reciprocal“.

    Eine Lehrstunde in Diplomatie.

  3. lemmy Caution am August 11th, 2013 3:52 pm

    Als jemand, der sich über Lateinamerika nicht in Hollywood (spel.?) Großproduktionen sondern vor Ort und von der insbesondere aus Chile äusserst reichhaltigen Angebot über Meinungen der verschiedenen Gruppen via Podcasts, Blogs, Zeitungen (vom eher linksradikalen El Ciudadano bis zum neoliberalen El Mercurio, dazwischen gibts eine Menge), Büchern (gibts inzwischen alles als ebook via amazon), Politsendungen via youtube informiert, muss ich sagen, dass ich amerika21 sehr schätze: Als Wiederauferstehung von Radio Eriwan. Ich darf inzwischen auf den Veranstaltungen der ihrer Publizisten nur noch leise lachen und kaum noch nachfragen stellen, was mir nicht leicht fällt, weil die selbst bei einfachen makroökonomischen Zahlen z.T. schlichtweg lügen.

    Frage an Radio Eriwan: Stimmt es, dass die CEPAl Voraussage für Wirtschaftswachstum dieses Jahr für Venezuela stabil blieb, für Chile hingegen nach unten korrigiert wurde?

    Radio Eriwan: Im Prinzip ja. Für Chile wurd die Prognose von 4,5% auf 4% gesenkt, während sie für Venezuela auf 0,7% verharrte. Wir sprechen natürlich auch nicht an, dass die venezolanische Bevölkerung jährlich um 2% zunimmt, die von Chile aber nur um 0,2%. 0,7% bedeutet pro Kopf weniger im Land produziertes Zeug, bleibt aber unter uns, ok!!!

    Und selbstverständlich spielt auf dem Entwicklungsstand dieser Länder Wachstum eine notwendige Rolle. Sicher ist es nicht der entscheidende Faktor. Ich sehe Median-Einkommen als sinnvolle Maßzahl an, das für Chile in den CASEN Studien halbwegs glaubwürdig ermittelt wird (http://de.wikipedia.org/wiki/Mittleres_Einkommen).

    Produktion und Vertrieb von Koka-Blättern wurden Bolivien explizit von einer UN-Kommission erlaubt. Meines Wissens hat Deutschland dafür gestimmt. Ansonsten und wenig bekannt ist die Morales-Regierung recht erfolgreich bei der Aushebung von Koka-Laboratorien. Aber wen interessieren solche Details…

    Die nächsten 10 Jahre wird die Region nicht mehr einen solchen Rückenwind durch die Verbesserung der Preise ihrer Haupt-Exportgüter haben. Chile reagierte 2009/10 wesentlichst robuster auf den Verfall der Preise als etwa Venezuela.

    Im übrigen gibt es in Chile seit den im Jahr 2011 beginnenden Protesten einen sehr guten gesellschaftlichen Diskurs über die Zukunft des Landes. Kein Vergleich zum proto-faschistischen venezolanischen Zirkus „Der Kommandant Chávez verkörpert den historischen Willen des heroischen venezolanischen Volkes“. Les doch mal Rory Carrol vom britischen Guardian, der ein Buch über „el proceso“ geschrieben hat.

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