Absurdes Polit-Theater, in Island und auch anderswo

Henrik M. Broder erklärt am Beispiel der Isländer sehr schon und genau, was eigentlich Politik ist und wie sie funktioniert.

Der Kandidat Jon Gnarr hat eine mich beeindruckende Biografie: „1967 in Reykjavik als Sohn eines kommunistischen Polizeibeamten geboren, schmiss er die Schule mit 14 hin und kam für zwei Jahre in ein Internat für schwer erziehbare Jugendliche auf dem Lande. (…) Er ließ keine Gelegenheit aus anzuecken“. Genau das Gegenteil eines deutschen Politikers also. So jemand würde hierzulande noch nicht einmal an die Spitze eines Ortsvereins gelangen. Den würde ich natürlich sofort wählen.

„Die beste aller Parteien hat keine Agenda, kein Programm, nur eine Losung: ‚Alles ist machbar!‘ Klassische Politik, erklärt Jon, sei nur ‚absurdes Theater‘, ‚fade Routine‘ und ‚ein Paket ohne Inhalt‘. (…) ‚Hören Sie gut zu und wiederholen Sie!‘ So sei es auch in der Politik. Die Leute würden darauf trainiert, das Gehörte zu wiederholen. Und während korrupte Politiker scheinheilig ein ‚Ende der Korruption‘ fordern, will Jon die Korruption nur ‚transparent machen‘, das sei ehrlicher und realistischer.“

Wenn unsere Medien ihren Job machten, würden sie das hiesige Polit-Theater entlarven. Aber sie spielen das absurde Schauspiel mit, ja fördern es und bieten ihm noch eine Bühne – Christiansen, Illner, und was es an pseudojournalistischem Getue sonst noch alles gibt.

By the way: Was macht eigentlich Aaron König, Ex-Vorstandsmitglied der Piratenpartei, nach seinem Austritt? Er hat eine neue rechtspopulistische Politsekte gegründet, wie aufmerksame Leser hier schon kommentierten:

„Wer in Deutschland leben möchte, muss die deutsche Sprache in Wort und Schrift beherrschen und sich zu den oben genannten Werten der Aufklärung bekennen. Die Staatsbürgerschaft per Geburt (‚Ius Solis‘) wird abgeschafft. Man erhält die deutsche Staatsbürgerschaft entweder, wenn eines der Elternteile diese hat, oder durch ein klar geregeltes Aufnahmeverfahren. Aufenthaltsgenehmigungen für Nicht-EU-Bürger werden nur noch in Ausnahmefällen erteilt, z.B. für Hochqualifizierte und für zuziehende Ehepartner ab 25 Jahren.“

Damit geht er sogar hinter die Errungenschaften der französischen Revolution im 18. Jahrhundert und der Ideale der US-amerikanischen Verfassung zurück und fordert indirekt das Blut-und Boden-Abstammungsrecht der Nazis und ihrer Vorläufer. Das „ius sanguinis“ („wenn eines der Elternteile diese hat“) ist die Basis für die rassistische Idee eines „Volkes“, das durch die „Abstammung“ definiert wird.

Update: Geh doch rüber nach Ungarn, Aaron König!

image_pdfimage_print

Kommentare

Schreibe einen Kommentar