Die Ente nach Schweizer Rezept

Wie sich die Textbausteine der DAUs doch gleichen. „Staat will Zugriff auf Schweizer Festplatten“, formuliert die Basler Zeitung unkritisch und ahnunglos. Natürlich kommt im gesamten Artikel kein Wort darüber vor, ob das überhaupt machbar sei, was das Bundesamt für Justiz dort will. Danach fragt niemand mehr. Es ist wie bei Schopenhauer – die digitale Alpenwelt als Wille und Vorstellung.

„Der Staat will künftig auf die Festplatten verdächtiger Personen zugreifen können. Mithilfe von Trojanern sollen Strafverfolgungsbehörden sich auf den Harddisks umsehen dürfen.“ Mit „Trojanern„? Halt. Bitte jetzt zunächst das Gehirn einschalten. So dämlich ist ja noch nicht einmal Ziercke. („Sie können sich die abstrakten Möglichkeiten vorstellen, mit dem man über einen Trojaner, über eine Mail oder über eine Internetseite jemanden aufsucht.“) Der möchte mittlerweile schon gern vorher in die Wohnung des Verdächtigen einbrechen lassen, um zu versuchen, ob man physisch auf den Rechner zugreifen kann.

Wie will man erstens die IP-Adresse der Zielperson herausfinden? Wie will man zweitens einen „Trojaner“ genau auf deren Rechner schleusen, wenn die auch nur einmal die Ratschläge des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechik beherzigt hat? Das geht nicht.

„Im Falle eines Verdachts sollen dank den Überwachungsprogrammen alle Mails, Fotos und Filme für die Untersuchungsbehörden zugänglich sein.“ Was soll dieser Unfug: Was ist, wenn die Person ihre E-Mail verschlüsselt? Das „Abhören“ digitaler Postkarten ist ja ohnehin leicht möglich. Was also noch? Wie will man von außen einen Keylogger installieren? Und wie will man unbemerkt und beweissicher abgefangene Informationen verschicken?

Basler Zeitung, es interessiert mich nicht die Bohne, was jemand „will“ und was sein „soll“, sondern nur, wie das geschehen könnte. Das wisst ihr nicht? Ihr habt noch nicht einmal diese doch nicht unwesentliche Frage gestellt? Dann solltet ihr euer journalistisches Selbstverständnis mal updaten.

„Das Bundesamt für Justiz rechtfertigt diesen Schritt damit, dass im Internet vermehrt über Verschlüsselung kommuniziert werde. Gerade Straffällige würden sich dies zunutze machen. Trojaner, die, einmal installiert, jede Tastatureingabe mitverfolgen können und die Informationen an den Urheber des Überwachungsprogramms schicken, sollen diese Lücke schliessen.“ Also doch Keylogger. Noch mal zum Mitschreiben: Wie wollt ihr den auf die (!) Rechner der Zielperson bekommen? Und gerade „Straffällige“ verschlüsseln? Beweise dafür?

„Oder des Vertriebs von verbotener Pornografie.“ Nun, das ist kein deutscher Satz. Wir versuchen ihn dennoch zu verstehen. Diese suggestive Wortwohl suggeriert uns, dass das Böse (auf dem die menschliche Fortpflanzung beruhgt) in bildlicher Form auf den berüchtigen „Internet-Festplatten“ lauert. Darf ich mich mal kurz selbst zitieren (06.02.2007)? Danke.

„In Wahrheit hat es eine „Online-Durchsuchung“ oder gar den „Bundestrojaner“, der seit geraumer Zeit durch die Medien geistert und sogar einen eigenen Eintrag bei Wikipedia bekommen hat, nie gegeben – und es wird ihn auch nie geben. Er ist ein Hoax und beruht auf dem mangelnden Sachverstand eines Oberstaatsanwaltes, jeweils einer Falschmeldung der taz und der Süddeutschen und der Tatsache, dass alle deutschen Medien, ohne die Fakten zu recherchieren, voneinander abgeschrieben haben. Nach dem Prinzip „Stille Post“ steht am Ende der Berichterstattung dann der „behördliche“ Hacker, vom dem am Anfang nie die Rede war.“

Was mich am meisten aufregt, sind die merkbefreiten „Kritiker“. Sie kritisieren die Verschwörungstheoretiker des Bundesamtes für Justiz nur, anstatt laut zu rufen: „Der Kaiser ist nackt! Es gibt keine ‚Bundestrojaner'“!

image_pdfimage_print

Kommentare

Schreibe einen Kommentar