Anonymer Dienst zur Veröffentlichung von Dateien im Internet

Ein interessantes und gewohnt realitätsfernes Urteil des OLG Hamburg beschäftigt sich mit Anonymisierungsdiensten. Offenbar hat denen niemand erklärt, was das ist.

„Lässt der Betreiber eines Sharehosting-Dienstes in Kenntnis begangener Urheberrechtsverletzungen weiterhin einschränkungslos eine anonyme Nutzung seines Dienstes zu..“ Schön, damit wären wir beim Thema China. Wie will ein „Betreiber“ bestimmen, wie sich die Nutzer bewegen – anonym oder nicht?

Wikipedia schließt aus, dass man via Tor anoynm schreiben kann: „Weil einige anonyme Idioten auf Seiten der Wikipedia als Vandalen aufgetreten sind, blockiert die Wikipedia zur Zeit das Bearbeiten von vielen IPs der Torserver (Lesen funktioniert trotzdem). Wir verhandeln mit Wikipedia, wie sie den Missbrauch unter Kontrolle kriegen, ohne anonyme Beiträge zu verhindern. Anonyme Autoren haben oft wichtige Neuigkeiten oder Insider-Informationen über ein Thema, wollen aber ihre Identitäten nicht preisgeben (oder wollen nicht, dass man an ihrem Standort erfährt, dass sie auf Wikipedia zugreifen). Slashdot ist im gleichen Boot.“ So könnten auch Amazon oder Ebay verhindern, dass Anonymisierungsdienste missbraucht werden – dazu sind die aber zu faul oder schlicht unfähig oder desinteressiert.

Auch die chinesischen Zensoren versuchen, die IP-Adressen von Tor-Servern oder die anderer Anonymisierungsdienste zu blockieren, weil diese Dienste wichtig sind, um Zensur unterlaufen zu können, um das „Unwesen“ unerwünschter Meinungen zu bekämpfen.

Das OLG Hamburg scheint zwar „nominell einen ‚Grundsatz der Anonymität'“ zu billigen, widerspricht sich aber in seinen Urteilen selbst. „Mit der vorliegenden Entscheidung schreibt der Urheberrechtssenat des OLG Hamburg seine im vergangenen Jahr eingeleitete Rspr. (MMR 2008, 823) fort, deren erklärtes Ziel es ist, das ‚Unwesen von Raubkopierern‘ durch ein ‚Generalverbot‘ anonymer Internet-Veröffentlichungsdienste zu ‚unterbinden‘.“

Sehr leyenhaft: „ein anonymer Dienst zur Veröffentlichung von Dateien im Internet“ – so etwas gibt es nicht. Ein bisschen Anonymität geht nicht. Ich bin mal gespannt, wie diese Art von Internet-Ausdruckern den traurig-komischen Kampf gegen Windmühlen weiter juristisch gestaltet.

image_pdfimage_print

Kommentare

One Kommentar zu “Anonymer Dienst zur Veröffentlichung von Dateien im Internet”

  1. Fluxkompensator am Februar 26th, 2010 7:37 pm

    Wikipedia schließt aus, dass man via Tor anoynm schreiben kann: […] So könnten auch Amazon oder Ebay verhindern, dass Anonymisierungsdienste missbraucht werden – dazu sind die aber zu faul oder schlicht unfähig oder desinteressiert.

    Wikipedia macht das mit einem php script. Ich weiss nicht, ob ebay oder amazon das überhaupt nötig haben. Ohne cookies und javascript läuft bei ebay doch gar nichts. Amazon kenne ich nicht, wird aber sicherlich wie ebay funktionieren.

Schreibe einen Kommentar