Die Online-Durchsuchung, revisited

Online-DurchsuchungProf. Dr. Hartmut Pohl von der Fachhochschule Bonn-Rhein-Sieg, Fachbereich Informatik, hat mir eine leider unverschlüsselte E-Mail geschrieben und sich über einige Formulierungen in meinem Telepolis-Artikel „Online-Durchsuchung. Autistisches Voodoo auf dem WWW-Weg“ beschwert. Dort schrieb ich:

„Sieber ‚argumentiert‘ beispielhaft: Seine Exploit-These hat er nach eigenen Angaben von Prof. Dr. Hartmut Pohl, der behauptet, der Bundesnachrichtendienst hätte ein Dutzend „Online-Durchsuchungen“ vollbracht. Pohls Quelle – die er sogar angibt – ist nur die Falschmeldung der Tagesschau, die vom Redaktionsleiter mittlerweile zurückgenommen wurde. Aber wer will das a posteriori noch wissen? Die Behauptung ist in der Welt wie die Zahnpasta, die nicht mehr zurück in die Tube geht.“

Prof. Pohl schrieb in seinem Aufsatz „Zur Technik der heimlichen Online-Durchsuchung“ wörtlich (und falsch): „Seit 2005 sind etwa ein Dutzend verdeckte Online-Durchsuchungen vom Bundesnachrichtendienst durchgeführt worden.“ Jetzt bemängelt er, ich erwecke den Eindruck, dass die Tagesschau seine einzige Quelle gewesen sei. Das könne aber nicht vollständig sein, weil die Tagesschau nicht darlege, welche Behörde „Online-Durchsuchungen durchgeführt“ habe.

Ich habe geantwortet (Auszug): „Sie haben in dem von mir zitierten Artikel als einzige Quelle für die These, es habe „Online-Durchsuchungen“ gegeben, die ‚Tagesschau‘ zitiert. Die Meldung, auf die Sie sich beziehen, (27.04.2007) ist ein Falschmeldung – die Tagesschau wusste mitnichten, ob es „rund ein Dutzend Online-Durchsuchungen“ gegeben hat. Sie vermutete es nur – und konnte es nicht falsifizieren. Das hat der Kollege Rasmussen mir gegenüber schriftlich zugegeben. Mit dieser Recherche-Methode könnte man auch einen Gottesbeweis führen.

Wenn es andere – seriösere – Quellen gegeben hat, sollte man die in einer Zeitschrift für „Datensicherheit und Datenschutz“ auch nennen. Ich glaube nicht, dass es diese Quellen gibt, solange man sie mir nicht vorgelegt hat.

Welche Behörde angeblich in der Lage gewesen sein soll, jemanden gezielt online zu überwachen, ist unerheblich – es hat bisher keine einzige verifizierbare „Online-Durchsuchung“ gegeben. Auch das Bundesverfassungsgericht hatte keine anderen Quellen als die Medien. Wenn aber alle von allen nur abschreiben und die vagen und schlecht recherchierten suggestiven Medienberichte ihren Eingang in die wissenschaftliche Literatur finden, ist das bedauerlich.“

Noch etwas: Mittlerweile haben offenbar einige, die in dem Buch „lobend“ erwähnt werden, es gelesen. Ich habe hier schon Klageandrohungen und einige Unterlassungserklärungen vorliegen. Ich denke nicht daran, klein beizugeben, auch wenn jemand mich unter Druck setzen will. Natürlich ist es zum Beispiel einem großen Nachrichtenmagazin peinlich, wenn man ihm a posteriori Falschmeldungen um die Ohren hat. Aber wer glaubt, mich mit einer Kompanie Anwälte und Lügenmärchen davon abhalten zu können, das zu publizieren, was ich recherchiert habe, der irrt.

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