Keine formalistische Sichtweise

Das Landgericht Berlin hat am 26.08.2006 eine Einstweilige Verfügung (AZ 36 O 203/08, Verfahrenswert: 10.000 Euro) gegen den DJV (Bundesverband) erlassen. Dem DJV wird untersagt, Marc Ecker (DJV Baden-Württemberg) als Mitglied der Tarifkommission an den Tarifverhandlungen mit den Arbeitgebern teilnehmen zu lassen. Antragsteller war der DJV Brandenburg.

Ecker ist nach Ansicht des Landgerichts Berlin bisher nicht wirksam in die Tarifkommission gewählt worden. Trotzdem hat er an den Tarifverhandlungen teilgenommen. Hauptgeschäftführer Hubert Engeroff und Marc Ecker hatten jeweils Eidesstattliche Versicherungen abgegeben, dass Ecker als „Gast“ bei den nicht öffentlichen Verhandlungen anwesend gewesen sei. Eine derartige Funktion wurde den Verhandlungspartnern aber nicht dargelegt. Das Landgericht: „Im Übrigen sieht es die Satzung des Antragsgegners nicht vor, dass der Hauptgeschäftsführer Gästen die Teilnahme an vertraulichen Tarifverhandlungen gestattet.“ Das Gericht sieht eine Wiederholungsgefahr und kritisiert explizit, dass der DJV „die Einhaltung der Satzungsbestimmungen bei der Wahl eines Mitglieds der Tarifkommission als formalistische Sichtweise des Antragsstellers abtun will und – wie die vom Antragsgegner ermöglichte Teilnahme des Herrn Ecker an der Verhandlungsrunde am 4. Juli 2008 vor seiner Wahl zeigt -, durch eigenmächtiges Handeln zu umgehen sucht.“

Kommentar: Die Ausführungen des Landgerichts bescheinigen dem Gesamtvorstand des DJV, sich um die Vorschriften seiner Satzung nicht zu scheren und sich offenbar auch in Zukunft so verhalten zu wollen. Es dürfte in der deutschen Rechtsprechung einmalig sein, dass ein Gericht einem Journalistenverband ein gehöriges Maß an „krimineller Energie“ testiert. Man kann nach der bisherigen Erfahrung davon ausgehen, dass die Mitglieder des Gesamtvorstands die vom Landgericht Berlin untersagte rechtswidrige Praxis dennoch billigen oder billigend in Kauf nehmen.

Auch scheinen die Richter dem Hauptgeschäftsführer trotz dessen Eidesstattlicher Versicherung kein Wort geglaubt zu haben. Inwieweit das strafechtliche Folgen haben wird, muss sich zeigen. Der Tarifpartner Verband Deutscher Zeitschriftenverleger (VDZ) war heute für eine Stellungnahme nicht zu erreichen.

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Date posted: Freitag, August 29th, 2008 11:22 | Under category: DJV Brandenburg, DJV Bundesverband
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