REPUBLIK IM WARTESTAND MissvertrauensvotumVon Burkhard Schröder
Nun hat mein Namensvetter also vorläufig erreicht, was er wollte. Mit der Mimik einer Sphinx lauschte Schröder dem Abstimmungsergebnis. 595 abgegebene Stimmen, 151 Abgeordnete vertrauten dem Kanzler, 148 enthielten sich, 296 misstrauen ihm oder taten nur so. Fünf Stimmen zu wenig, um offiziell weiterregieren zu können. Wie merkwürdig der Trick mit dem Missvertrauensvotum war, beweist Schröders Reaktion: Er hätte aufstehen und jubeln und dem Parlamentariervolk zuwinken müssen, hatte er doch eigentlich "gewonnen".
Mal ganz unter uns: Ich schreibe dieses Blog natürlich nur, um den deutschen Online-Medien einigermaßen zuvorzukommen. Zufällig sitze ich vor meinem Rechner. Um 12.22 Uhr stand noch nirgendwo etwas über den Ausgang der Abstimmung. Aber zehn Minuten später hatten die geschätzten Online-KollegInnen ihre Seiten schon vollgeschrieben, meistens einfach mit einem Video, das die Abstimmung zeigt.
Und jetzt verrate ich den Statistikern etwas über meine Sehgewohnheiten. Das darf ich, denn ich bin für rein gar nichts repräsentativ, ein Alptraum für die Empirie. Beim ZDF bin ich wegen zweier Frauen hängengeblieben: Bettina Schaustens kluger und schöner Anblick lässt selbst Kriegsbilder zu einem ästhetischen Ereignis werden, und Jutta Limbach, Ex-Präsidentin des Bundesverfassungsgerichts, redet so, dass ein Dutzend Bundestagsabgeordnete daneben wie dumme Schuljungen aussehen. Klugheit und Schönheit - was will Mann bei Frauen mehr? Bei Bettina Schausten schmilze ich dahin wie ein Tropfen Wasser in der Mikrowelle. Und wenn zwei Damen der klugen und schönen Art diskutieren, dann kann man gar nicht mehr weggucken, ganz gleich, um welches Thema es geht.
Limbach: "Ich bin ein freischwebender Geist." Hübsch gesagt, um mit einem wunderbarem sebstironischen Flair. Die Mehrzahl der Verfassungsrechtler halte das Vorehen Schröder für einen Verfassungsbruch. Sie nicht. Und sie habe ihren Kollegen am Tag ihres Abschieds versprochen, ihnen "nicht in die Suppe zu spucken". Auf die Frage, ob es Absprachen gegeben habe: "Es gibt Geheimnisse einer Freu, die sie nicht verrät." Warum ist nur Köhler Präsident geworden und nicht die Limbach?
Auch Peter Hahne lief zur Hochform auf, ganz locker, weil er schon jenseits von Gut und Böse ist. An Otto Schily: Man müsse jetzt offenbar permanent wählen, um sich zu vergewissern, dass man noch eine Mehrheit habe? Da kam der Innenminister ganz schon ins Rudern, rettete sich aber als Politprofi ins allgemeine Faseln.
Nun gut. Das Interesse an Politik ist wieder mal geweckt worden. Es muss action her, wie ich mehrfach schrieb. Nichts ist unterhaltsamer und mobilisiert mehr als ein Miss(ver)trauensvotum. Das kennt man im Bonsai-Format aus dem DJV Berlin. Und ausnahmeweise stimme ich Otto Schily vorbehaltlos zu: Macht sei nicht um der Macht willen da, sondern um politische Entscheidungen zu realisieren.
Diesen Satz sollte man allen abgehalfterten Gewerkschaftsführern aus Berlin-Westend, die sich an die "Macht" und an ihren Posten klammern, als hinge das Schicksal der freien Welt davon ab, auf einen sichtbaren Körperteil tätowieren. Aber in Spiegelschrift, dass sie es immer lesen müssen, wenn sie - wie gewohnt mehrere Mal am Tag - in denselben schauen. |