SCHRÖKEL VS. MERDER: DUELL DER TEXTBAUSTEINE Lang lebe der wissenschaftliche Pogo-Dogmatismus!Von Burkhard Schröder
Albert Einstein hatte nur teilweise Recht: Die Welt ist zwar ein Narrenhaus, aber nicht das Rennomee entscheidet, sondern die Attitude. Repräsentativ ist die typische Zonen-Gabi aus der Sportstadt Riesa (knapp zehn Prozent Neonazis): Schröder habe zwar die besseren Argumente, aber Angie käme "irgendwie persönlich" ehrlicher und besser rüber. Das kam bei mir ziemlich bescheuert rüber. Aber doof und ehrlich. Also unsympathischer und schlechter.
Ich hatte während des Duells den Ton ausgestellt und währenddessen den hervorragenden Parteimarsch der APPD aufgelegt. Das hob meine Stimmung ungemein und passte auch zu den in der Glotze abgesonderten Textbausteinen. Kann denn jemand diesen inszenierten Quatsch ernst nehmen oder gar seine politische Meinung davon beeinflussen lassen? Oder die in pathetischem Ton von der Journaille und anderen Hofschranzen anschließend betriebene Kaffeesatzleserei? Was Schröder und Merkel fabulierten, hat nicht mehr Qualität als der wissenschaftliche Pogo-Dogmatismus.
Wir haben also endlich einen amerikanischen Wahlkampf. Der Beraterstab trichtert den Kandidaten die richtigen Phrasen sein, Stylisten entwerfen Frisur und Mimik (die Richling allemal besser darstellt als die Originale), TalkmasterInnen soufflieren die Stichworte. Und was will man uns damit sagen? Die Botschaft, so der gemeine Völkerkundler, ist klar: Man wählt nicht jemanden, weil der "Argumente" hat, sondern ob jemand die zur eigenen Gefühlslage passende Attitude professionell zeigen kann. Es ist fast so wie im DJV Berlin - dort muss der Intelligenz-Quotient des Kulpokianers noch der Zimmertemperatur angeglichen werden, bevor man dem Skandalvorsitzenden auf Mitgliederversammlungen huldigen und ihn wählen darf.
Nicht dass ich hier kulturpessimistisch falsch verstanden werde: Es ist alles gut so. Die Demokratie als beste aller möglichen Staatsformen hat sich auf ihre Fahnen geschrieben, auch Vollidioten wählen zu lassen. Wäre das anders, gäbe es gleich wieder Krieg über die Frage, wer wen für mental oder intellektuell ungeeignet hält, über die Geschicke des Ganzen abstimmen zu dürfen. Die kackbraunen Kameraden, auch der nationalliberalen Art, bevorzugen bekanntlich das Konzept der Elite, zu der sie sich selbstredend zählen, die den dummen Massen die ideologischen Flötentöne beibringt.
Der Autor dieser unmaßgeblichen Zeilen geht davon aus, dass das so genannte TV-Duell zwischen Schröder und Merkel auch ohne Ton ähnlich gewirkt hätte wie eine Version mit Sound. Günther Jauch sprach es aus: Man wählt den, von dem man sich einen Gebrauchtwagen andrehen lassen würde. Ich würde zum Beispiel Martin Sonneborn ein Auto abkaufen, und Wolfgang Wendland sowieso. Der ist aus Bochum, und im Ruhrpott ist man proletarisch, ehrlich und direkt. Ich kenne mich dort aus, weil ich auch von dort stamme.
Man kann es auch anders sagen: Der Wähler an sich will sich gar nicht informieren. Er will nur das Gefühl genießen, in eigener Machtvollkommenheit die größten Flaschen zur Obrigkeit machen zu können. Das Korken-Prinzip: Die mit dem geringsten Gewicht werden immer nach oben geschwemmt. Der Vergleich mit Journalisten-Organisationen in Berlin bietet sich wieder an, wäre aber, da hier schon in diversen Variationen publiziert, langweilig. Und so etwas wollen wir den geneigten Leserinnen und den wohlwollenden Lesern nicht zumuten. |