Der Fetisch des erinnerten Geldes

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Jagd auf Meerestiere

la ceiba

Ein Nachtrag zu La Ceiba an der Atlantikküste von Honduras (1981).

Damit habe ich jetzt alle ehemaligen Dias von Honduras online, es sei denn, ich finde noch in irgendeinem Verzeichnis eines, das dort nicht hingehört. Ich staune immer noch, dass ich bei den rund 2.000 Fotos aus Lateinamerika, die zum Teil schon vor vierzig Jahren gemacht wurden, genau weiß, was zu sehen ist und wo.




La Ceiba, revisited

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Passagiere an den Docks von La Ceiba an der Atlantikküste von Honduras (1981, vgl. die Küste der Garifuna, 20.08.2012).

Aus meinem Reisetagebuch, 25.11.1981:
Wir lernen einen Cariben kennen, mit dem wir ein nettes Gespräch führen. Er erzählt von einem Freund, der in Afrika nach den Ursprüngen der Garifuna-Sprache gesucht hat, sie aber nicht fand. Am Hafen treffen wir einen Miskito-Pastor, der uns erzählt, er sei schon in Berlin gewesen, im Hotel Hamburg.

Abends reichlich Krach. Die Stadt ist interessant und quirlig, besonders das Hafenviertel, wo es viel Absteigen gibt, und die umliegenden Slums. Der Rest bedeutungslos.

Mich überraschen die reichlich ausgestatteten Supermärkte und Läden mit US-amerikanischen und Produkten aus Mittelamerika. Wir kaufen Blechgeschirr und Kleinkram. Der Markt ist voller Gemüse, aber nicht ganz billig. (…)

Unser „Höllenschiff“: Viel zu viel Passagiere, sie sitzen auf Brettern, die auf die seitwärts an der Reling stehenden Fässern gelegt wurden. Versuche mit der Hängematte schlagen fehl, es schaukelt zu sehr. Ein kleiner nerviger Junge kotzt irgendwo hin, interessiert niemanden; der Rest der Passagiere kotzt spätestens am frühen Morgen. Bei mir kommt der Kaffee wieder raus.

Die Besatzung: Der Kapitän und die Mannschaft sind Miskito, der „Stauer“, ist Garifuna, dumm, stark wie ein Ochse, aber gutmütig, schielt ein bisschen. Der Koch mit zerrissener Hose. Ein paar fette Frauen, die herumsauen und die jungen Männer anmachen. Das Essen ist schlecht, täglich Kochbananen, Reis, sonst nichts.

Das Schlimmste ist die Schaukelei. Sie fahren ohne Rücksicht auf Verluste seitwärts der Wellen, der Steuermann muss keinen Magen mehr haben.

Das Schiff ist voll mit Mehl, Zucker, Reis, Coca, die Fässer fast alle leer. (…)

Am 20.08.2012 schrieb ich:

Übrigens hatten wir uns nachts, da wir nicht auf den Decksplanken schliefen, sondern auf den Ölfässern, die alles blockierten und die genau so hoch waren wie die hölzerne Reling, mit Seilen angeschnallt, um nicht schlafend ins Meer zu fallen.

Wer denkt, dass Palmen, türkisblaues Meer, Sonne und braungebrannte Menschen automatisch romantisch sind, der sollte sich mal überlegen, wie man auf einem Schiffs-Plumpsklo sein Geschäft verrichtet, während die gesamte „Toilette“ sich abwechselnd in beide Richtungen um rund 50 oder mehr Grad neigt – und zwar mit Caracho und das eine Woche lang ohne Pause.

Seit dieser Reise habe ich eine Abneigung gegen Kokusnuss-Geschmack – die ersten vier Tage bekamen wir nur eine Art Fraß vorgesetzt, zermatschten Reis mit ein Paar Bohnen – alles von der Schiffsbesatzung aus den Kisten geklaut, die sie befördern sollten. Und wir lebten von den Kokusnüssen, die wir dabei hatten. Kokusnuss-Diät ist aber scheusslich. Das änderte sich erst, als ich einige der Mitreisenden beiläufig fragte, wem das Schiff eigentlich gehöre. Da die guten Leute nicht wirklich einschätzen konnten, welchen Einfluss ein Ausländer haben konnte, sprach sich das schnell zum Kapitän herum, der uns plötzlich eigenhändig eine akzeptable Mahlzeit servierte. Als ich ihm dann noch eine Karte der Küste von Honduras schenkte (offenbar fuhr er nur auf Sicht), nannte er mich „hermano“ („Bruder“) und behandelte mich wie den Pascha von Dingsda.




Alte Kathedrale

Alte Kathedrale Santiago de Managua

Die Alte Kathedrale Santiago de Managua wurde bei einem Erdbeben am 23. Dezember 1972 total zerstört (fotografiert 1981) Der Diktator Somoza und seine Familie leiteten große Teile der internationalen Hilfsgelder auf ihre Konten um, geschenkte Hilfsgüter wurden von ihren Firmen verkauft, und sie rissen das durch die Katastrophe aufblühende Bau- und Bankgewerbe an sich. Das Erdbeben war auch eine Initialzündung für die sandinistche Revolution.

Nicaragua, Honduras, Salvador und Guatemala brauchen erneut eine Revolution, um die Regimes von korrupten Politikern und Verbrechern davonzujagen. In diese Länder kann man nicht mehr reisen.




Die Geier am Gesäß der Welt

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Ich hatte schon 2011 über die Küste der Miskito geschrieben und die Pension Santa Teresita erwähnt, in der ich 1982 die Ehre hatte, wenige Nächte zu residieren.

„… Nach einer Woche Schiffsreise erreichen wir den winzigen Hafen von Puerto Lempira (Bild oben) im Nordosten von Honduras. Der Ort liegt sozusagen am Gesäß der Welt (das gilt immer noch). Auf dem Dach unserer Hospedaje versammeln sich die Aasgeier. Eine rostige Tonne schmückt den Vorhof. Wir treiben uns in den wenigen Spelunken des Ortes herum. Endlich gute Musik: Radio Cayman („The Voice of the Cayman Islands“) sendet beschwingte karibische Rhythhmen. Wir knüpfen Kontakt mit einem Chinesen, der mit allem und jedem handelt. Er will in den nächsten Tagen mit seinem Jeep nach Leimus in Nicaragua, was zufälligerweise auch genau unser Ziel ist.“

Man könnte das Foto natürlich auch als eine Allegorie auf den Kapitalismus nehmen.




Kein Artenschutz

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Verkauf gefangener Schildkröten in La Ceiba, Honduras (1982). Vermutlich war das damals schon illegal. Schildkröten sind eine bedrohte Tierart.




Die Küste der Garifuna

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Die Atlantikküste von Honduras – die gepunktete Linie zeigt die Reiseroute zwischen La Ceiba und Puerto Lempiras im Osten. Quelle: OpenStreetMap

Einer der interessantesten und auch anstrengensten Reisen führte mich von Honduras nach Nicaragua – aber per Schiff und vom äußersten Osten Honduras per Jeep bis an die Grenze von Nicaragua. Die kleinen Schiffe brauchen für die Strecke – Luftlinie rund 200 Kilometer – rund eine Woche. (Unser Schiff sah so aus wie auf dem Foto in der dritten Reihe von oben, rechtes Bild, das kleine Holz-Schiff in der Mitte.)

Vor jedem kleineren Dorf wird geankert, und die besten Ruderer kommen und holen die Güter per Kanu. Am heutigen Biospärenreservat Rio Planato verläuft die Siedlungsgrenze zwischen den Garifuna und den Miskito.

Wikipedia-Auszug: Die Garifuna (Eigenname, ursprüngliche Bedeutung auf Igñeri: „Yamsesser“, in korrekter Pluralform eigentlich Garinagu), sind eine Volksgruppe mit heute über 100.000 Angehörigen in Zentralamerika und den USA. Die Ethnie der Garifuna basiert ursprünglich auf einer Verschmelzung von Sklaven westafrikanischer Herkunft mit Kariben, welche selbst mit den von ihnen einst unterworfenen Arawak verschmolzen waren, auf der Karibikinsel St. Vincent. Der Zusammenschluss beider Bevölkerungsgruppen nahm vermutlich 1635 seinen Anfang, als bei St. Vincent zwei Sklavenschiffe Schiffbruch erlitten: Die Afrikaner konnten fliehen, wurden von den Inselkariben (Kalipona) aufgenommen und vermischten sich mit ihnen. Ihre Sprache, das Igñeri, gehört zur indigenen amerikanischen Arawak-Sprachfamilie und zeigt im Lexikon indigene karibische, französische und englische sowie in neuerer Zeit regional auch spanische Einflüsse. Die vereinzelten afrikanischen Einflüsse im Igñeri entstammen am ehesten dem Yoruba in Südwestnigeria. Die religiös-kulturelle Überlieferung ist überwiegend (west-)afrikanisch. Die über 100.000 Garifuna leben heute in Belize, wo sie bis zu 7 % der Bevölkerung ausmachen, in Guatemala, Honduras und Nicaragua mehrheitlich als Fischer an der Küste sowie als Beschäftigte im Bananenanbau.

Die Skyline des Hafens La Ceiba in Honduras hatte ich hier schon gepostet. Die Fotos habe ich 1982 gemacht. Die junge Dame ist meine damalige Lebensabschnittsgefährtin.

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Auf einem der Fotos sieht man, wie schwierig es ist, schwere Gasflaschen (oder was auch immer da drin war) ohne Kran von einem schwankenden Schiff auf ein Ruderboot zu befördern. Der Seegang war schrecklich, weil der Misikito-Kapitän möglichst nah an die Küste fuhr, damit der Weg für die Ruderer nicht so weit war, und die Brandung uns alle wie ein Ball von der einen Seite auf die andere Seite warf. Übrigens hatten wir uns nachts, da wir nicht auf den Decksplanken schliefen, sondern auf den Ölfässern, die alles blockierten und die genau so hoch waren wie die hölzerne Reling, mit Seilen angeschnallt, um nicht schlafend ins Meer zu fallen.

Wer denkt, dass Palmen, türkisblaues Meer, Sonne und braungebrannte Menschen automatisch romantisch sind, der sollte sich mal überlegen, wie man auf einem Schiffs-Plumpsklo (auf den Fotos zu sehen) sein Geschäft verrichtet, während die gesamte „Toilette“ sich abwechselnd in beide Richtungen um rund 50 oder mehr Grad neigt – und zwar mit Caracho und das eine Woche lang ohne Pause.

Seit dieser Reise habe ich eine Abneigung gegen Kokusnuss-Geschmack – die ersten vier Tage bekamen wir nur eine Art Fraß vorgesetzt, zermatschten Reis mit ein Paar Bohnen – alles von der Schiffsbesatzung aus den Kisten geklaut, die sie befördern sollten. Und wir lebten von den Kokusnüssen, die wir dabei hatten. Kokusnuss-Diät ist aber scheusslich. Das änderte sich erst, als ich einige der Mitreisenden beiläufig fragte, wem das Schiff eigentlich gehöre. Da die guten Leute nicht wirklich einschätzen konnte, welchen Einfluss ein Ausländer haben konnte, sprach sich das schnell zum Kapitän herum, der uns plötzlich eigenhändig eine akzeptable Mahlzeit servierte. Als ich ihm dann noch eine Karte der Küste von Honduras schenkte (offenbar fuhr er nur auf Sicht), nannte er mich „hermano“ („Bruder“) und behandelte mich wie den Pascha von Dingsda.




La Ceiba

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Das Foto der „Skyline“ von La Ceiba an der Atlantikküste von Honduras habe ich 1981 gemacht.

Leider ist es mir nicht gelungen, aussagekräftige aktuelle Fotos aus einer ähnlichen Perspektive zu finden. Schmunzeln musste ich beim Lesen eines Reiseberichts: „Man sollte auf keinen Fall zu Fuß in La Ceiba unterwegs sein, Überfälle finden sogar tagsüber statt.“ Kein Wunder, wenn man da mit einer Jacht ankommt und dann auch so aussieht.

Ich war übrigens allein in den Hafenbars von La Ceiba in der Nacht unterwegs. Das musste mal ganz uneitel gesagt werden.




Die Küste der Miskito

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Bei einem Blick in einen meiner uralten Reisepässe stellte ich fest, dass ich 1981 in Nicaragua war, nicht 1982, also ein knappes Jahr nach dem Sieg der Revolution (das ist das Stichwort). Im November und im Dezember 2003 habe ich hier schon etwa dazu gebloggt – die ältere Generation des Stammpublikums kann jetzt also wegzappen.

…Nach einer Woche Schiffsreise erreichen wir den winzigen Hafen von Puerto Lempira (Bild oben) im Nordosten von Honduras. Der Ort liegt sozusagen am Gesäß der Welt (das gilt immer noch). Auf dem Dach unserer Hospedaje („Herberge“, 2.Bild) versammeln sich die Aasgeier. Eine rostige Tonne schmückt den Vorhof. Wir treiben uns in den wenigen Spelunken des Ortes herum. Endlich gute Musik: Radio Cayman sendet beschwingte karibische Rhythmen. Wir knüpfen Kontakt mit einem Chinesen, der mit allem und jedem handelt. Er will in den nächsten Tagen mit seinem Jeep nach Leimus in Nicaragua, was zufälligerweise auch genau unser Ziel ist.

Wir starten mitten in der Nacht. Die Strasse führt durch endlose Kiefernwälder und würde in Deutschland als Waldweg der unteren Kategorie durchgehen. Am Nachmittag erreichen wir den Rio Coco, den Grenzfluss zwischen Honduras und Nicaragua. Die Situation ist brenzlig. Noch vor wenigen Monaten (1981) gab es hier bewaffnete Auseinandersetzungen zwischen den Sandinistas, der Armee aus Honduras, Miskito-Milizen und irgendwelchen Banden, die auf eigene Rechnung morden und plündern. Ein Mann der honduranischen Geheimpolizei (steht auf seinem T-Shirt, und er hat eine Pistole) taucht auf und fragt, ob wir eine Erlaubnis der Immigracion in Puerto Lempira hätten. Haben wir nicht, aber ich erzähle ihm was vom Pferd, und er lässt sich zum Glück beeindrucken.

Eine halbe Stunde sitzen (3. Bild) wir im Gebüsch und spähen über den Fluss. Der Chinese ist verschwunden, und wir warten, ob sich auf der anderen Seite etwas regt. Dann steigen drüben zwei Mädchen in einen Einbaum und paddeln zu uns herüber.

Endlich – wir sind in Nicaragua, im Jahr zwei der Revolution. Überall bis an die Zähne bewaffnete Männer und Frauen im Che-Guevara-Look. Es gibt ein oficina de imigration. Dort ist man uns nicht wohlgesonnen. Offenbar sehen wir wie Spione der USA aus, und die würden die Sandinistas vermutlich gleich standrechtlich erschiessen. Erst das Visum des Konsulats von Nicaragua in Deutschland (vgl. Foto) hellt die Mienen auf. Unsere Rucksäcke werden bis auf die letzte Wäscheklammer auseinandergenommen. Die Karte von Nicaragua erregt wieder Argwohn, so eine haben sie selbst nicht. Der comandante will sie konfiszieren, ich bitte um eine Quittung. Dann muss der Vorgesetzte entscheiden. Und am Schluss kriege ich sie doch zurück und schenke dem comandante eine Zigarre, die ich noch in Mexico gekauft hatte und die ohnehin schon ramponiert ist. Das bricht das Eis völlig. Wir werden sofort eingeladen zu einem comida international („internationales Essen“), das sich als Spaghetti mit Tomatensoße entpuppt, und sitzen am Tisch der jungen revolutionären Garde Nicaraguas. Niemand trennt sich von seiner Waffe. Es ist wie im Western. Wir plaudern ein paar Stunden über die allgemeine und besondere Weltlage. Was dazu führt, dass der comandante von Leimus uns einen Militärjeep samt Fahrer und Soldaten zu unserem Schutz zur Verfügung stellt, der uns bis zur Küste nach Puerto Cabezas bringt. In den Miskito-Dörfern halten wir an, aber die Leute machen einen verschüchterten Eindruck. Eine Frau lädt uns dann doch zum Tee ein. (vgl. die beiden Kinder oben)

Am Abend treffen wir in Puerto Cabezas ein. Zum ersten Mal sehe ich revolutionäre Propaganda in der Sprache der Miskito (Bild links unten). „Taski lulkapra“ heisst auf spanisch „no botas basura“ und auf deutsch: Keinen Müll herumwerfen. map

Puerto Cabezas alias Bragmar Bluff [hehe, es gibt keinen Treffer bei Google zu „Bragmar Bluff“!], la Mosquitia (Mosquito Küste), Nicaragua, 29.11.1981.

Hotel Costena, very basic. Drei Mahlzeiten, alle bestehen aus Reis, Bohnen, Fleisch, papas fritas. Zum Frühstück gibt es Würstchen. Über uns ein Bild von Arafat, Sandino und der Jungfrau Maria. Eine merkwürdige Dreieinigkeit. Oder die Absicht, sich mit keiner Weltanschauung anzulegen und es allen recht machen zu wollen. Aber es ist das Jahr zwei der Revolution. Niemand weiß, wie alles enden wird. Revolution à la Sandinismus in Mittelamerika heisst, wie überall, mehr Bürokratie: zwei Stunden Warten im oficina de imigracion. Umständlicher Geldumtausch in Begleitung eines bewaffneten Soldaten.

Der erste Abend an der Atlantikküste seit langem ohne Stress. Das heisst für mich immer: Chinesisch essen gehen, ganz gleich wo. Also auch in Puerto Cabezas. Es gibt einen Chinesen, neun Mark das Menü, also sündhaft teuer. Aber das Etablissement ist es wert: rund vier Dutzend bis an die Zähne bewaffnete Männer und Frauen. Überall lehnen Gewehre an der Wand. Der Che-Guevara-Look ist hier mainstream. Alle schauen uns an wie Marsmenschen. Dos gringos, und die Frau ist auch noch blond.

Chop suey mit Gemüse, da kann nichts schief gehen. Aber die Frage nach palitos (Stäbchen) erregt Aufsehen, als hätten wir den Wunsch geäussert, mit den Füssen essen zu wollen. Die Küchenmann- und frauschaft glotzt komplett herein, ein eifriger alter Chinese wieselt an uns vorbei, gestikuliert unterwürfig mit den Händen, huscht hinaus und kehrt nach fünf Minuten mit zwei Paar Stäbchen zurück und überreicht sie uns mit breitem Grinsen. Alle starren auf unsere Hände, als würden wir uns gleich gegenseitig erstechen wollen. Ein kosmopolitischer Flair weht durch den Raum, und alle Gäste amüsieren sich köstlich.passportDie Stadt – oder sollte man besser „Dorf“ sagen, ist voller Kirchen, die meisten aus Holz. Hier haben die mährischen Brüder missioniert. Die Miskito sind evangelisch, sprechen eben miskito, suma oder englisch. Die Gottesdienst sind auch in miskito und englisch. Und wenn katholische Revolutionäre über die Berge kommen und erklären, jetzt seien sie befreit, wissen sie nicht, was das soll.

Die Stimmung ist „konterrevolutionär“, trotz der gut gemeinten Alfabetisierungs- und anderer Kampagnen der Sandinistas. Am Sonntag stellt sich die träge karibische Lebensart ein, mit einer Spur der Melancholie, wenn es regnet. Die alten Leute versammeln sich zum Glücksspiel auf offener Strasse in dem Wissen, dass das verboten ist.

Die Menschen auf dem schmuddeligen Markt (vgl. Foto) sprechen ausnahmlos englisch und sind sehr freundlich. Ein riesiger Schwarzer warnt uns ständig vor den „Spionen der Kommunisten“. Der Markt ist für Autos und Betrunkene verboten. Man verkauft Schildkröten, auch am Strand . Ich bin mir nicht sicher, ob das nicht auch verboten ist: die Miskito-Küste ist bis hinauf nach Honduras zwar reich an den Tieren, die stehen aber vor der Ausrottung, wenn sie nicht geschützt werden.

Der Hafen ist traurig: Holzbohlen, ein verrosteter Schienenstrang, ein paar Güterwagen. Ein Schiff, das ähnlich aussieht wie die Schienen. Fotografieren verboten, warum auch immer. Wer will das kontrollieren? Es soll angeblich ein Schiff kommen, das die Küste nach Süden entlang schippert, bis nach Bluefields, unserem nächsten Reiseziel. Das geschieht auch, drei Tage später. Wir reden mit dem capitan. Er weiß nicht genau, wann er ablegen wird. Wir knüpfen die Hängematten auf und schlafen in der Tropennacht auf dem sanft schaukelnden Schiff. Schwere Regenwolken ziehen von Norden heran, als wollten sie uns forttreiben.




Hotel California

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Da sitze ich im „Hotel California“ in La Ceiba an der Atlantikküste von Honduras (1981). Von einer Sekunde zur anderen kann es in der Regenzeit zu schütten beginnen… Das Hotel war basic, aber offenbar gibt es das noch. Unfassbar, das sind ja schon 30 Jahre her…