DREAM THEATER IN BERLIN Woran erkennt man gute Musik?Von Burkhard Schröder
Woran erkennt man gute Musik? Natürlich: Die Musiker haben vernünftige Frisuren. Also sind wir bei Heavy Metal gerade richtig. Der Freie Mann schnitt sich nie etwas ab, nur Soldaten und Gefangene und andere mediokre Wesen. Ordentlicher Krach, der bis ins Rückenmark fährt, und langhaarige Männer pur sind jedoch zu einfach und langweilig.
Gestern spielte Dream Theater in Berlin, in der Columbiahalle in Tempelhof. Ich war mit guten Freunden dort und bekam bestätigt, was mir Kundige schon angekündigt hatten: Dream Theater ist wohl die beste und anspruchsvollste progressive metal/rock band, die es zur Zeit gibt. Leider hatte ich meine Kamera nicht dabei, so dass die wohlwollenden Leserinnen und geneigten Leser mit dürren Worten vorlieb nehmen müssen.
Wikipedia schreibt: "The band is well-known for the technical proficiency of each instrumentalist, losing many awards from music magazines; but for the same reason, they are often seen by critics as a prototypical "pomp" rock group with a penchant for self-indulgence, needlessly escapist subject matter and overlong musical passages. In spite of this, they are highly respected by many of rock and metal's biggest names, leading to collaborations between Dream Theater members and many other well known musicians."
Trotz des Leadsängers basiert die Band in Wahrheit auf John Myung (Bass) und Mike Portnoy (Schlagzeug). Die Stimme James LaBries geht live unter und füllt auch die Halle nicht. Das Angebot, Leadsänger bei Iron Maiden zu werden, würde aber nicht jeder höflich ablehnen - wie LaBrie -, sondern als Ehre betrachten. Gut ist er, aber nicht brilliant.
Stichwort: Gute Musik. Ganz nebenbei spielt Dream Theater live eine Art Pink-Floyd-Performance ein, und man weiß nicht, ob man die Kopie oder das Original besser finden soll. Zum Weinen schön, aber bevor sich die Gelegenheit ergibt, ergriffen zu sein, wummern die Bässe und die Gitarren die schmelzenden Klänge weg. Niemand kann danach tanzen. Die Band gibt sich erfolgreich alle Mühe, einem glatten Mainstream-Rhythmus aus dem Weg zu gehen, variiert die Takte und die Harmonien so professionell, dass Beethoven und Bach ihre wahre Freude hätten. Große Kunst!
Wir waren uns einig, dass eine Sängerin schon sehr gut sein müsste, um zu Dream Theater zu passen. Mir gefällt ohnehin nur eine: Sandra Nasic von den Guano Apes, die aber leider nicht mehr zusammen spielen werden.
Ich war natürlich auch neugierig, welche Generation eine Band anspricht, die schon 20 Jahre erfolgreich Musik macht und immer wieder fähig ist, über den eigenen Tellerrand zu blicken und neue Trends aufzunehmen und zu schaffen. Vermutlich muss man sowohl Pink Floyd als auch Black Sabbath und Led Zeppelin mit der Muttermilch aufgesogen haben, um diese Musik wirklich zu mögen. Aber es waren Leute im Publikum, die jünger waren als die Band selbst.
Notiz am Rande: Als die Band ihr Album Live Scenes from New York vorstellte, zeigte das Cover "...the New York skyline, including the twin towers of the World Trade Center, in the flame above it. In an unfortunate coincidence, the album was released on the same date as the September 11, 2001 attacks on the U.S. The album was immediately recalled, but many copies were snapped up by Dream Theater collectors as a very rare piece of Dream Theater's history. It was re-released with revised artwork a short time later."
So etwas nennt man Künstlerpech. Mein Tipp: Hören! Gute Musik! |