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1. 1. In Second Life sind Millionen Menschen unterwegs.
Nein, das hat niemand behauptet, nur ein paar deutsche Zeitungen, die alle voneinander abschreiben oder, wie Focus online, noch nicht einmal in der Lage sind, einen eigenen Screenshot beizutragen, sondern den nehmen, der schon beim Spiegel oder woanders zu sehen war. Die oft kritiklos wiedergekäute Meldung: "Jetzt schon 5 Milliionen Nutzer bei SecondLife" ist eben nicht der Firma Linden Lab zuzurechnen, sondern der Journaille, die eine Pressemeldung offenbar nicht vom Wetterbericht unterscheiden kann.
Es sind zwischen 20000 und 30000 User täglich gleichzeitig online, mehr verkraften zur Zeit die Rechner nicht. Viele haben mehrere Accounts, viele melden sich einmal an, finden den Parcours zu Beginn, bei dem man die Grundlagen spielerisch beigebracht bekommt, langweilig, und lassen sich nie wieder sehen. So what? Die Klientel aber, die etwas mit SecondLife anzufangen weiß, ist gebildet, betucht (Kreditkarte!), kreativ. Wäre sie das nicht, würden die User vermutlich Ballerspiele wie World of Warcraft bevorzugen. Dort muss man auch zahlen, und das machen acht Millionen Menschen. Focus "online" ist noch nicht einmal in der Lage, einen Link dorthin zu setzen. Soviel zur "Online"-Medienkompetenz.
2. Second Life ist einzigartig.
Das hat niemand behauptet. Schon vor mehr als zehn Jahren gab es die virtuelle Welt Phantasus. In Asien existieren mehrere große und vergleichbare Online-Communities. Die größte virtuelle Welt hat Focus online natürlich vergessen. Dazu hätte man recherchieren müssen. HiPiHi ist erst zwei Jahre alt und wird - allein von den Nutzerzahlen - eine ernsthafte Konkurrenz zu SecondLife werden. Doch wer will auf Chinesisch chatten? Oder sich zensieren lassen von Parteigenossen?
3. 3. In Second Life trifft man viele spannende Menschen.
Warum sollte man in SecondLife spannendere Menschen treffen als in Real Life? Der Mensch verhält sich als Avatar auch nicht viel anders als im realen Leben - warum sollte er und könnte er? Wer allerdings mit dem Habitus des normalen TV-Konsumenten dort erscheint und fragt, wo ihm was geboten werde, der sollte lieber weiter Daily soap konsumieren.
Hier ein Richtwert: Man braucht mindestens einen Monat, wenn man sich intensiv mit SecondLife beschäftigt, um die Grundlagen zu begreifen und etwas Produktives damit anfangen zu können, vorausgesetzt, man ist schon Internet-affin. Das Tool ist sehr mächtig, man muss es aber mühsam erlernen. "Innerhalb von Häusern laufen meist nur diejenigen herum, die sowieso hineingehören. In einem BMW-Autohaus zum Beispiel trifft man selten andere Autointeressierte, nur die virtuellen Mitarbeiter." Wer geht denn in ein BMW-Autohaus, um Autointeressierte zu treffen? Das macht man auch nicht im wirklichen Leben.
Wer zum ersten Mal Schach spielt und gerade erlernt hat, wie die Figuren ziehen dürfen, kann nicht nach der ersten und zu erwartenden Niederlage behaupten, das Spiel sie langweilig, immer die gleichen langweiligen 64 Felder und Figuren. Focus online-Reporter würden sich vermulich auch bei Schach langweilen.
"Leichter, als eine nette Unterhaltung mit einem unbekannten Avatar zu führen, ist es übrigens, einen Partner für virtuellen Sex zu finden."[Die falsch gesetzten Kommata im Original.] Da haben wir aber mal richtig investigativ recherchiert? Das trifft nicht nur für virtuelle Welten zu. Es ist leichter, in einen Puff zu gehen, um Sex zu haben, als jemanden zu treffen, mit dem man sich nett und intellektuell anregend unterhalten kann. Focus online-RedakteurInnen wissen vermutlich, wovon sie reden.
4. Ohne Dependance in Second Life geht bald nichts mehr.
Auch das ist Quatsch. Neun Zehntel aller NutzerInnen sind landlose Arbeitslose. Man müsste also eher sagen: Ohne eine revolutionäre Organisation, eine Second Life Liberation Army, eine Bewegung der Landlosen gegen die Großgrundbesitzer oder eine linksradikale virtuelle Partei, die fordert, dort den Kommunismus oder etwas anderes Gute, Schönes und Wahres einzuführen, geht bald nichts mehr. Super. Ich mach gleich mit und lasse mich ins Zentralkomitee wählen. Und Focus online-RedakteurInnen, die so einen Unfug verbraten, kommen sofort ins Arbeitslager oder werden zu den Goreanern gesperrt. Intellektuelle in die virtuelle Produktion!
5. Second Life ist ein technisches Highlight.
Das hat niemand behauptet, und das wird kein Nutzer von SecondLife jemals sagen. "Richtig spannend wird Second Life erst werden, wenn sich User per Mikrofon verständigen und tatsächlich miteinander reden können." Das ist schon möglich, der Artikel "Bringing Voice to Second Life" ist seit Ende Februar online. Auch hier hat Focus online schlecht bzw. gar nicht recherchiert.
6. In Second Life kann man reich werden.
Nein, kann man nicht. Im Kapitalismus kann man auch nicht reich werden, es sei denn, man steht an der Spitze des marktwirtschaftlichen Pyramidenspiels oder heißt Helmut Markwort.
7. Second Life ist die Vision einer besseren Welt.
Nein, natürlich nicht. Sonst würde ja der Kapitalismus nicht simuliert werden können. Es gibt zwar keine Kriege, aber durchaus Angriffe und Katastropen, wie man in einer Ausgabe des Avastar nachlesen kann. Für das Böse online und das Melden, Durchführen und Verbieten sind bekanntlich die Deutschen zuständig.
8. Virtueller Sex ist aufregend.
Ja, ist er, wenn man Fantasie hat. Wenn nicht, dann nicht. Zu diesem Thema sind Focus online nur die sattsam bekannten Textbausteine eingefallen: "Virtueller Sex ist nicht unumstritten. Ein Jurist hat schon darauf hingeweisen, dass es sich beim Pixelsex um Pornografie handeln könnte. Schließlich kann manchmal jeder zuschauen. Auch Aufregung um Kinderpornografie gab es schon." Ja, das Wort kommt wie das Amen in der Kirche. Sagt jemand versehentlich "online", "Internet", "virtuell" oder "cyber", dann echot der Deutsche im Chor: "Kinderpornografie". Focus online geruht nicht, die Quellen zu verlinken, man hat von der Netzeitung abgeschrieben. Der Jurist Stephan Mathé ist ein Lobbyist der Jugendschutzwarte und vertritt die sehr fragwürdigen Interessen der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien. Bei mir ist die Focus-Berichterstattung insgesamt umstritten, und zwar generell.
9. Science-Fiction-Autoren träumten von Second Life.
Nein, sie träumten von virtuellen Welten. Einer der ersten Sf-Träumer war Rainer Wener Fassbender, der in seinem legendären Film "Welt am Draht" aus dem Jahr 1973 (!) SecondLife und andere virtuelle Welten schon vorweggenommen hat. Das kann ein Redakteur bei Focus online natürlich nicht wissen, damals spielten die noch im Sandkasten. Quelle der "Recherche" zu diesem Punkt ist nur eine (!) Person - Neal Stephenson und ein langweiliges Interview mit ihm in der Netzeitung: "Ich bin noch nie dort gewesen, darum weiß ich nicht viel darüber.". Super. Wenn man noch nie dort war, worum es geht, ist man in deutschen Medien natürlich sofort Experte. Da fällt mir ein: Ich war noch nie in Afrika. Ich sollte Focus online einen Artikel darüber anbieten.
10. Second Life ist nur ein großer Hype.
"Das Spiel hat Potenzial und könnte noch ungeahnte Möglichkeiten zur Kommunikation entwickeln, zu Experimenten – und zur Zukunft des Internets. Einige Experten gehen davon aus, dass Second Life das World Wide Web komplett verändern wird – und User sich in ein paar Jahren so durchs Netz bewegen werden wie heute durch das Onlinegame." Welche Experten denn? Wieso werden die nicht namentlich genannt, aber ein Bedenkenträger? Was ist, wenn diese "Experten" Recht behalten? Es gibt auch Experten, die genau das Gegenteil sagen. Man sollte eben nicht irgendwelche Leute fragen, was sie zu diesem oder jenem denken, sondern erstens recherchieren und zweitens eine eigene Meinung entwickeln und haben. Doch das überfordert die deutschen Journalisten offenbar hoffnungslos, wenn es um Secondlife geht. Quod erat demonstrandum. | ------------------------------------------------------------ BURKS ONLINE 03.05.2007 Alle Rechte vorbehalten. Vervielfältigung nur mit Genehmigung des BurksVEB.
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