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Anmeldungsdatum: 07.10.2002
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Wohnort: Berlin-Neukoelln
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Verfasst am:
18.04.2005, 01:11 |
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| | INTERNET | | Aktuell | 17. April 2005 |
| | | MISZELLEN ZUM ONLINER-TREFFEN Besser online!Von Burkhard Schröder |
In Bonn tagten die Online-Journalisten des DJV. Man könnte jetzt boshaft darüber spekulieren, ob auch ohne die JonetlerInnen das Treffen interessant genug gewesen wäre. Wer wollte, konnte auf jeden Fall spannende Dinge sehen und lernen, nicht nur in den Diskussionen und Workshops, deren Qualität leider an der mangelnden rhetorischen Qualifikation einiger Referenten litt, sondern auch bei den Angeboten parallel zum offiziellen Programm.
Ein Highlight war der Stand der Initiative "Barrierefrei kommunizieren" des Technischen Jugendfreizeit- und Bildungsvereins aus Berlin. Deren Online-Datenbank enthält - etwas sperrig formuliert - " eine herstellerunabhängige Sammlung behinderungskompensierender Techniken und Technologien für Computer und Internet". Wenn man das nicht live gesehen hat, kann man sich nur schwer etwas darunter vorstellen. Wer sich aber die eigene Website einmal mit einem Screenreader hat vorlesen lassen, der weiß, warum Webdesigner, die Javascript zur Navigation benutzen, in den nächsten Teich gehören - mit einem möglichst großen Stein an den Füßen.
A-Prompt ist zum Beispiel ein Freeware-Programm, das Website auf Zugänglichkeit ("accessibility") testet. 52 Fehler findet die grausam-strenge Software allein auf meiner Startseite, obwohl die strikt HTML 4.01-kompatibel ist. "Script ist nicht über die Tastatur bedienbar", "Audiodatei ohne Texttransskription" und sogar "ungültige Listenverwendung" heißt es. Man möchte schamrot in den Boden versinken. Erleichtert musste ich jedoch feststellen, dass selbst der geschätzte Kollege Albrecht Ude, der nicht nur eine doppelte Nationalität - die deutsche und die friesische - besitzt, sondern auch doppelt so streng in HTML wie ich ist, neun Fehler in seiner Website hat. Wer hätte das gedacht. (Huhu, Albrecht!)
Spannend war auch die Demonstration des Eyegaze-Systems - einem Programm, dass die Iris des Auges abtastet und deren Bewegungen in Bewegungen des Cursors übersetzt. "Durch das Anschauen (Augensteuerung) von visuellen Schaltflächen auf einem Monitor können die gewünschten Geräte oder Programme gesteuert werden." Vor drei Jahren habe ich über das Thema die SF-Kurzgeschichte Eidolon geschrieben. Und jetzt ist das schon Realität. Sehr beeindruckend!
Leider waren alle Veranstaltungen des Nachmittags interessant, so dass eine Entscheidung schwer fiel. "RSS-Feeds, Blogs: Onlinejournalisten- Trendsetter oder Fashion-Victims? mit Holger Hank, Redaktionsleiter der Deutschen Welle. Dort ist das Internet den anderen Medien - Radio und Fernsehen - gleichberechtigt.
Ich hatte das Vergnügen, dem Vortrag des geschätzten Kollegen Jochen Wegner lauschen zu können, der nicht nur Redakteur bei Focus ist, sondern auch Hausmeister im JoNet. Sein Vortrag ist komplett online, leider fördert er die Powerpointilisierung. Trotzdem: unbedingt lesen!
Zum Schluss durfte ich noch mit dem Internet-Zensor Jürgen Büssow in Form einer etwas lahm moderierten Talkrunde aneinandergeraten, was erfreulich und zu erwarten war. Zensoren sind weniger ärgerlich als Journalisten, die sich weder über Zensur beschweren noch etwas dagegen tun. Im Internet-Cafe des Gustav-Heinemann-Hauses konnte man die Zensur des Internet in NRW live demonstrieren. Dass man automatisch auf google.de umgeleitet, wird, wenn man google.com eingibt - darüber habe ich schon vor drei Jahren geschrieben. Trotzdem weiß das kaum jemand. Gibt man in Nordrhein-Westfalen an einem beliebigen Rechner www.stormfront.org ein, meldet der Browser, dass diese Seite nicht angezeigt werden könne - aber nicht, warum das so ist. Auch google.de verschweigt, dass es diese Seite gibt, auch wenn man danach sucht - das ist die Zensur der Suchmaschine speziell für deutscher SuferInnen. Google.com ist jedoch korrekt und wirf die Nazi-Seite an erster Stelle aus. Klickt man jedoch den Link an, kommt wieder eine Fehlermeldung - eine glatte Lüge. Das ist die Zensur in NRW. Natürlich kann man das leicht umgehen: man muss den URL nur über einen Anonymizer eingeben. Die Zensur ist nicht nur politisch völlig lächerlich, sondern auch technisch.
Fazit: Der doch unter vielen Kolleginnen und Kollegen als verschnarcht angesehene DJV hat es geschafft, die bisher größte Tagung von Online-Journalisten hinzukriegen, deren Gebrauchswert im Vergleich zu ähnlichen Zusammenkünften recht hoch war. Aber man muss auch ganz uneitel und verschämt darauf hinweisen, dass der Bundesfachausschuss Online-Journalismus des DJV, dessen stellvertretender Vorsitzender ich die Ehre habe zu sein, nicht nur dicke Bretter bohrt und aktiv ist, sondern eben auch für (hüstel) Qualität steht.
Fotos: Peter Peter Jebsen, Fachausschuss-Vorsitzender "Onliner" des DJV Hamburg (links), Björn Sievers, JoNet (Mitte) Thomas Mensinger, Vorsitzender des Brandenburger Journalistenverbands (rechts). Bei Jochen Wegner gibt es noch mehr Fotos, auch eines, auf dem Albrecht Ude und ich zu sehen sind. 2. Bild v.o.: Heidi Schmidt, ARD-Online-Koordinatorin (links), Klaus Minhardt, BJV, Christiane Link, am Podium Birger Zentner, DJV-Schatzmeister und Redakteur der Mitteldeutschen Zeitung. ---------------------------------------------------------------------------------------BURKS ONLINE 17.04.2005 Alle Rechte vorbehalten. Vervielfältigung nur mit Genehmigung des BurksVEB.
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