Neulich saß ich mit meiner Gattin beim Frühstück und hechelte die Tagespolitik durch. Mehr als 600 000 Tote im Irak - vermutlich hat der Diktator Saddam Hussein auch nicht mehr umbringen lassen. Das sind "zweieinhalb Prozent der irakischen Bevölkerung", umgerechnet auf Deutschland wären das zwei Millionen Tote. Aber das interessiert hier niemanden, man ist durch die täglichen Horromeldungen und die immergleichen Fernsehbilder abgestumpft.
Ich musste aber bei der Frage passen, wer vor Saddam Hussein und der Baath-Partei das Land regiert hat. Der Wikipedia-Eintrag zum Thema ist sehr erhellend. Ich kann nur jeder wohlwollenden Leserin und jedem geneigten Leser empfehlen, den Artikel zu überfliegen. Man merkt schnell, dass der Einmarsch der alliierten Truppen seine Vorgeschichte hat und die Engländer schon einmal genau da waren, wo sie heute sitzen. Der Irak ist ein Lehrstück für die imperialistische Politik, an dem sich Deutschland beteiligt. Es geht wie immer nicht um große und weniger große Männer, die Geschichte machen, sondern um handfeste ökonomsiche Interessen. Alles andere ist nur vorgeschoben. Fazit: Der Nationalstaat Irak ist ein künstliches Gebilde, das die Englänger erschaffen haben. Er hat keine Zukunft. Der schiitisch geprägte Teil wird irgendwann an Persien fallen, die Kurden sind ohnehin schon mehr oder minder autonom, und die Sunniten werden eine Rolle einnehmen wie die Serben im ehemaligen Jugoslawien.
Man muss nur einzelne Zitate aneinanderreihen und weiß schon Bescheid: "1860 erwarb die britische Lynch-Company das Monopol für die Schifffahrt am Tigris. (...) Während des 1. Weltkrieges (am 6. November 1914, einen Tag nach der Kriegserklärung an das osmanische Reich) marschierten britische Truppen und arabische Aufständische gemeinsam ein und besetzten 1917 Bagdad. Eigentliches unmittelbares Ziel war nur die Region um Basra gewesen, denn die Royal Navy war auf Öllieferungen aus dem benachbarten Iran angewiesen. 1920 löste Großbritannien aus dem ehemaligen osmanischen Reich die Provinzen Bagdad, Mossul und Basra heraus und verschmolz sie zum heutigen Irak. Die Provinz Mossul war dabei zunächst nicht mit eingeplant worden, da sie in französischem Einflussgebiet lag; nach dem Ausfall Russlands betreffend das Sykes-Picot-Abkommen und aufgrund von strategischen Überlegungen wurde sie jedoch ebenfalls eingegliedert, indem man der Türkei und Frankreich jeweils 20% der zu erwartenden Gewinne aus der Erdölförderung in dieser Region versprach.
(...) Um die Kosten für die britische Präsenz zu senken und gleichzeitig die Araber von neuem Aufruhr abzubringen, setzte die britische Regierung einen arabischen König ein. Am 23. August 1921 wurde Faisal, Sohn des Scherifen Hussein von Mekka, zum König proklamiert. (...) Die Rechte am Erdöl des Landes teilten Großbritannien, die Niederlande, Frankreich und die USA (je 23,75 %) unter sich auf; 5 % gingen an ein privates Unternehmen. (...) Die Entwicklung der neuen Republik Irak wirkte den grundsätzlichen Interessen des Westens entgegen. Die Briten und die USA übten Druck von außen aus. Innenpolitisch wurde Druck von rechtsorientierten, panarabistischen Parteien und Nationalisten ausgeübt. Dazu gehörte auch die Baʿth-Partei." Noch Fragen?
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