Heinz Georg Kramm, den einige auch unter seinem Künstlernamen Heino kennen, möchte Volksmusik zum Schulfach machen. Ein die Herzen bewegendes Anliegen, wenn man nur wüsste, was er meint. Wie die wohlwollenden Stammleserinnen und geneigten Stammleser wissen, ist dieses kleine familien- und frauenfreundiche Forum spezialisiert auf das Populäre, ja Volkstümlich-Demagogische. Daher hier ein paar Worte über das Blasen, Tuten, Steichen, Flöten und Schrammeln und die dazu passenden Curricula.
Der WDR und Spiegel online trauen sich nicht, bei Heino hämisch zu werden: Der Mann hat unstrittig Erfolg. Viele Leute kaufen und hören seine Lieder, Heino ist Pop, also Kult. Nur die neuen Mittelschichten distanzieren sich oder lauschen nur insgeheim. Wer meint, einen ausgefeilteren Geschmack zu haben als der gemeine Fan der Zillertaler oder Berchtsgona Soatnmusi, labt sich an Volxmusik statt an nur "volkstümlicher" Musik. Tümlich wird es, wenn das Publikum im TV unerbittlich mitklatscht oder schunkelt, obwohl die Musiker nur den Mund bewegen. Mit volkstümlicher Musik ist es wie mit der Religion: man vermutet vorschnell und irrig, intelligente Menschen wendeten sich von beidem mit Grauen ab.
Heino sänge Volkslieder, meint er. Das Volkslied an sich ist aber eine Fiktion und hat genausowenig mit dem "Volk" zu tun wie der Germanen mit dem Nibelungenlied. Der Minnesang etwa ist eundeutig Musik der Herrschenden; das berühmte Lied "Wir sind des Geyers schwarze Haufen" hat zwar viele "Folks-Musiker" inspiriert, ist jedoch keine echtes Revolutionsmusik, also mitnichten ein Schlachtgesang aus dem Bauernkrieg, sondern eine Fassung, die Ende des 19. Jahrhunderts niedergeschrieben wurde. Die meisten deutschen "Volkslieder" sind nicht älter als 200 Jahre, eine der wenigen Ausnahmen: das Ännchen von Tharau. Kein Wunder: das deutsche Volk und eine deutsche Nation existieren auch erst seit Anfang des 19. Jahrhunderts.
In Wahrheit ist Heino nichts als ein Schlagersänger, dessen Repertoire auch den Gassenhauer umfasst - wie Caramba, caracho oder Karneval in Rio. Wikipedia über den Schlager: "Allein seine Schnelllebigkeit zeigt, dass er eher eine Ware darstellt, als ein auf Dauer setzendes Kunstwerk. Der Schlager sucht das Massenpublikum, indem er in den Texten Wunschträume anspricht, die er als Botschaften in Kehrreimen immer wieder wiederholt. Musikalisch richtet sich der Schlager meist nach der jeweils herrschenden Tanzform. Einfache Rhythmen und Melodiefolgen, die auf schnelle Wiedererkennung angelegt sind, bestimmen seinen Charakter."
Natürlich ist das ein Thema für den Schulunterricht, wie auch die Schüler im Kunstunterricht etwas über den Unterschied zwischen Kitsch und Kunst erfahren sollten. Liebe schülerinnen und Schüler: Heinos Lieder sind Kitsch, und Dreigroschenoper" , die Moritat von Mackie Messer oder der Seeräuber-Song sind große Kunst. Mehr braucht ihr nicht zu wissen. Der Rest ist Sache des guten bzw. schlechten Geschmacks.
By the way: Norbert Hähnel, der ehemalige "wahre Heino", ist auch Kunst. Seine Kneipe liegt hier gleich um die Ecke.
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