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Verfasst am:
23.03.2005, 02:13 |
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| AUS ALLER WELT | | Aktuell | 22. März 2005 |
| | | MASSAKER IN MINNESOTA Der Todesengel der OjibwaVon Burkhard Schröder |
Ein Schüler hat im US-amerikanischen Indianer-Reservat Red Lake in Minnesota zehn Menschen umgebracht. Was lehrt uns das? Vor allem eins: Die so genannten deutschen Online-Medien wissen sich des Internets nicht zu bedienen, ja verletzen grob journalistische Prinzipien, da sie uns leicht verfügbare Informationen vorenthalten. Da es kaum eine Ausnahme gibt, muss es wohl an der deutschen Leitkultur liegen. Diese ist aber in diesem kleinen Familienforum verboten. Wir wollen also versuchen, ob man Online-Journalismus nicht auch ernst nehmen kann.
Das investigativste aller Nachrichtenmagazine zitiert gewohnt Link-frei die Zeitung Pioneer Press. Nach der Devise: soll der Surfer doch gefälligst selbst suchen! Dort finden wir Fotos des Amokläufers und detaillierte Berichte. Wenn man aber schon weiß, dass Opfer und Täter Ojibwas waren, die drittgrößte indianische Nation der USA nach den Cherokee und Navaho, dann sollte man dem interessierten Surfer die Website des Red Lake-"Stammes" verraten. Auch der Häutling, wie Karl-May-Leser es formulieren würden, Floyd Buck Jourdain, war auf der Red Lake (Minnesota Ojibwe) high School, dem Ort der Tat, der direkte Link zur Schule ist jedoch offenbar abgeschaltet worden.
Die Online-Redaktion der Welt muss in unserer kleinen Presseschau lobend erwähnt werden, weil sie Informationen über das Reservat zusammengestellt hat, leider, obwohl das ein Leichtes wäre, ohne einen einzigen Link. Man merkt die Absicht - der Surfer soll brachialpädagogisch am Wegzappen gehindert werden - und ist verstimmt.
Die Frankfurter Rundschau argumentiert gewohnt klug und linksradikal, von einem neuen Columbine könne man nicht reden, da die Öffentlichkeit sich für Massaker nur dann interessiere, wenn es diejenigen anrichten, von denen man es nicht erwartet, etwa White Anglosaxon Protestants. Indianer gelten ohnehin als depraviert: denen traut man seit dem Wilden Westen alles zu.
Spielcasino und Computerspiele - und schon haben wir die üblichen kulturpessimistischen Textbausteine, wie sie das ZDF verbreitet: "Es ist die Armut" - Experte: Täter will Aufsehen erregen." Wer hätte das gedacht. Neonazis aus dem Beitrittsgebiet bringen Afrodeutschen um. Experte: Es ist die Arbeitslosigkeit - Täter wollten Aufsehen erregen.
Die Netzeitung - selbstredend ohne die berühmt-berüchtigen Links ins Internet, referiert etwas vage: "In rechtsextremen Internet-Foren war er als Anhänger von Adolf Hitler aufgetreten. Nach einem Bericht der Zeitung Pioneer Press benutzte er den deutschen Namen 'Todesengel'." Wahr oder frei erfunden? Und warum gibt es keinen Link zu den so genannten "Internet-Foren"? Meinen die das Usenet oder das WWW? Das könnte nur geklärt werden, wenn die geschätzten Kolleginnen und Kollegen das "Net" im Logo ernst nehmen würden. Die Süddeutsche scheibt faul: "Der 15-jährige Indianerjunge stand offenbar auch unter dem Einfluss rechtsextremistischen Gedankenguts. Laut Regionalpresse bekannte er im vergangenen Jahr in einem Online-Forum seine 'Bewunderung für Adolf Hitler und seine Ideale und seinen Mut, es mit größeren Nationen aufzunehmen.'" "Laut Regionalpresse" - kann es ein bisschen mehr sein?
Es dauert ungefährt dreißig Sekunden, inklusive der Lektüre der "Pionier Press', um eine exakte Zeichenkette zu finden, die das Original-Posting des "Todesengels" zum Vorschein bringt. Es stand in einem Forum von nazi.org - der Libertarian National Socialist Green Party in den USA. "Grüne" Nazis also. Vermutlich handelt es sich um die Abteilung politische Vollmeise.
Dort ist zu lesen: "'We knew [Weise] briefly through 34 posts he made on the forum,' said LNSGP forum administrator Atem. "He expressed himself well and was clearly highly intelligent and contemplative, especially for one so young." Weise participated in the forum in part because, unlike 'white nationalist' or 'white power' movements, the LNSG embraces all races as part of its vision of world nationalism. His statements on the site reflected a frustration with the populist politics and materialistic arrogance of modern society." Eine ähnliche "Experten"-Meinung also. "Frustration" ist schuld am Amok-Lauf. Übrigens, so schließen wir schnell, auch an Gewalt, Rechtsextremismus, Drogen-Konsum, Sektenzugehörigkeit undsoweiter.
Weise schreibt am 19.03.2004, er sympathisiere nicht nur mit Hitler, sondern auch mit dem Kommunismus. Letzteres wird in allen deutschen Medien unterschlagen, weil es den wohlig-schauerlichen Anti-Internet-Diskurs stört. Neonazis und Internet - in Deutschland klingt das wie "Jugend immer verrohter".
Leider fehlt auch der Begriff "Kinderpornografie" in der deutschen Berichterstattung. "Man erwartet jetzt Statements wie: Schüler nächtelang im Internet - dann griff er zur Kalaschnikow oder Ähnliches. Völlig überraschend haben sich auch die üblichen verdächtigen Jugendschutzwarte noch gar nicht zu Wort gemeldet und gefordert, das Internet und Computerspiele noch mehr zu zensieren.
Wer vom Autor dieser unmaßgeblichen Zeilen einen besonders zynischen Kommentar erwartet, soll nicht enttäuscht werden. Der Ojibwa-Junge wollte nur das traininieren, was ihm bei der Einberufung in die US-Armee ohnehin bevorstand - Menschen im Irak zu massakrieren.
Update 26.03-2005 In den Artikel hat sich ein Fehler eingeschlichen, der korrigiert werden muss. Der Leser Alex N. schreibt und hat damit Recht::Hi Burkhard, da ist dir wohl ein kleiner (Uebersetzungs-?)Fehler unterlaufen: In deinem Artikel "Der Todesengel der Ojibwa" schreibst du: "Weise schreibt am 19.03.2004, er sympathisiere nicht nur mit Hitler, sondern auch mit dem Kommunismus. Letzteres wird in allen deutschen Medien unterschlagen, weil es den wohlig-schauerlichen Anti-Internet-Diskurs stört."
Hier http://www.burks.de/artikel/todesengel.pdf allerdings steht folgendes:
"I guess I'va always carried a natural admiration for Hitler and his ideas, and his courage to take on larger mations. I also have a natural dis-like for communism."
Es ist also von einer Abneignung gegen, nicht einer Sympathie fuer den Kommunismus die Rede.
Gruss, Alex N.
PS: Ansonsten: Klasse Sache, deine Website. Auch wenn ich nicht in allen Bereichen 100% mit deiner Meinung ueberseinstimme, die grundsaetzliche Kritik an den "etablierten" Online-Medien (keine Links etc.) teile ich! Auch deine Kommentare zu der ganzen scheinheiligen und verlogenen "Gegen rechts"-Debattte find ich klasse, grade so Artikel wie " Neonazis unter's Brandenburger Tor! " bringen die Sache, wenn auch etwas provokativ, gut auf den Punkt. Danke fuer deine Seite und die viele Arbeit die da drin steckt!"
Nur für registrierte NutzerInnen: das Original-Posting des "Todesengels" samt Diskussionsverlauf als PDF-Datei (aus dem Google-Cache). Foto unten: Ojibwa am Red Lake [Quelle] ------------------------------------------------------------------------------------BURKS ONLINE 22.03.2005 Alle Rechte vorbehalten. Vervielfältigung nur mit Genehmigung des BurksVEB.
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