burks
Webmaster
Anmeldungsdatum: 07.10.2002
Beiträge: 6757
Wohnort: Berlin-Neukoelln
|
Verfasst am:
17.01.2005, 13:12 |
|
| Nikolaus Federmann: Indianische Historia | | Hagenau 1557 | 17. Januar 2005 |
| | | DIE EROBERUNG VENEZUELAS Indianische Historia (9) - Die Nation AyamanesVon Nikolaus Federmann |
Von dieser Nation, Art, Eigenschaft, Sitten und Gebräuchen, und wie sie von der Furcht, Schrecken und Entsetzen vor den ungewohnten, nie ersehenen, bekleideten und gebarteten Leuten und ihren Rossen durch die Freundlichkeit und allerlei Schenkung Niclaus Federmanns etc. entlediget, Kays. May. untertänig worden und den christlichen Namen erlangt und bekommen haben. (1)
Als wir nun am dritten Tag morgend früh eine Einöde von sechs bis acht Häusern, welche die ersten dieser Nation Ayamanes (1) sind, fanden und sie, die nichts von uns wussten, überfielen, die als erschrocken Leut, so zuvor Ross, bekleidet und bartet [bärtige] Leut weder gesehen noch davon gehört hatten, wollten entfliehen, das doch soviel als möglich von uns verhütet ward, liess ich ihnen durch einen Dolmetschen, so der Nation Xideharas bürtig war und den ich aus Hittova mit mir genommen hätt, was zu Friede und diese Leute zu beherzigen und vorzustellen, auch mit viel Umständen sie amonestieren (2); welches sie sich doch schwerlich liessen fürmalen und einbilden.
Gab ihnen auch etliche Schenkungen, Eisenhacken und gläserne Paternoster, so bei uns (wie gewusst) kleines Werts sind, aber bei ihnen als fremd Ding gross geacht ist. Blieb diesen Tag bei ihnen, alle Freundschaft beweisend, vermeinend, durch sie die Caciques oder Herren des Lands dieser Art und Nation zu Freunde zu bringen. Erforschet auch durch sie die Gelegenheit dieses Lands, auch die Macht und Einwohner.
Ich liess auch die hundertfünfzig Indios, so mit mir von Hittova hergereist waren (allein den Dolmetschen nicht) wieder heimziehen, gab ihnen auch Schenkungen und erzeiget mich ihrer Dienste ganz dankbar und solches auch darum, damit die Ayamanes desto mehr beherziget wären und auch sähen, wie guten Glauben wir unsern Freunden hielten.
Von dieser Einöde erhub ich mich am 27. Tag des Monats Septembris Anno etc. im dreissigsten Jahre morgens zwo Stund vor Tag; und zwo Meil von dannen erreichten wir einen Pueblo oder Flecken, darinnen ein reicher Cacique oder Landherr wohnen sollte. Den vermeinten wir zu überfallen und auch also wie die anderen zum Freunde zu machen. Und wiewohl mich die Indios aus vorgemeldter Einöde baten, ich sollte sie vorschicken, darmit sie dem Cacique oder Herrn unsere Ankunft anzeigten und er jähen Überfalls sich nicht entsetzen täte, wollte ich das nicht gestatten, besorgend, so sie unsere Ankunft wüssten und inne würden, möchten sie aus Furcht ihre Flecken verlassen oder aber uns an einem Pass Schaden tun.
Da wir nun in Gesicht des Pueblo(3) oder Flecken kamen und der Cacique oder Herr mit den Seinen unser unbesorgt war, wie wir uns denn anders nicht versahen, denn dass er allda wohnen sollte, sandte ich etliche zu Ross und zu Fuss samt den Indios, so ich mit mir aus der Einöde geführt, etwan ein Rosslauf voran, mit dem Caciquen zu reden; und also wenn's gütlich nicht könnte geschehen, sollten sie der Einwohner, soviel sie möchten, mit Gewalt aufhalten; und wenn sie würden solchem kaum einen Anfang gegeben haben, wollte ich auch bei ihnen sein. Dass ich aber diese vorsendete, war allein diese Ursach, darmit sie ob sie so wenig Volks desto minder Furcht und Entsetzen haben sollten, als wenn ich mit allem dargereist wäre.
Als aber die Gesandten an den Pueblo oder Flecken kamen, fanden sie nicht einen einzigen Menschen. Wohl fanden wird, dass sie die vergangene Nacht da gelegen, denn ihr angezündet Feuer noch brannte. Da ich nun mit allem Volk dahin kam und Gesagtes der Gesandten auch fand, konnte ich wohl spüren, dass sie von den Indios aus der Einöde, da wir die vergangene Nacht gelegen, gewarnet waren worden; durfte mich aber dessen sträflich gegen sie nicht merken lassen, denn ich ihrer ferner bedurft. Wir taten uns aber in diesem Flecken nieder, denn wir allda an Mais, Juca [Yucca], Batata(4), Oyama(5) einen Überfluss fanden, welche Proviantart ich zu seiner Zeit hernach beschreibe.
Als wir nun in diesem Pueblo oder Flecken, bei guter Wacht, auf zwo Stunden gewest und also in Rat stunden, wie die Naturales oder Einwohner zu bekommen wären, liess sich eine Summa Indios, deren etwan bei sechshundert (darfür wir sie schätzten) waren, auf einer Höhe uns gegenüber mit einem grossen Geschrei hören und sehen, ihre Hörner, wie sie in Kriegen pflegen zu tun, blasend und also ein Viertel einer Stund nach uns schiessend. Diesen könnten wir so eilend keinen Abbruch tun, denn sie hatten die Höhe inne.
Ich wollte auch nicht gestatten, dass man eine einzige Büchse (6) wieder sie sollte abschiessen, denn sie von uns eben fern waren und also ihre Munition und Vorrat der Pfeil verschossen und sich selber deren beraubten, ihnen ohne Nutz, aber uns mit mehr Geniess [Vorteil] dann Schaden. Denn wir unseren Tross von Indios darmit armierten und bewehreten, welche wir dann oftmals zu Anläufen etlicher Päss in die erste Gefahr drungen. (7) Warum ich aber verhüten liess, dann man kein Geschoss wider sie sollt lassen abgehn, das war von mir darum abgesehen, damit sie nit durch den Schaden, so wir ihnen täten oder tun möchten, sich zu keiner Freundschaft hernach möchten lassen verursachen, welchs unser Fortreisen zwar nicht ganz verhindert, doch aufs wenigst gefährlicher und arbeitsreicher möchte gemacht haben.
Lies also einen Indio von denen aus der Einöde zu ihnen gehn und ihnen sagen, wie wir allein sie heimzusuchen und mit ihnen Freundschaft zu machen kommen wären; wären auch nicht darum da, ihnen ihre Weib und Kinder zu nehmen, wie die Indios, wenn sie miteinander kriegen, gebrauchen zu tun. Da sie nun den Indio sich entgegenkommen sahen, höreten sie auf zu schiessen. Als sie aber ihn vernommen hatten, verliessen sie die Höhe mit einem hellen Geschrei und gingen auf der andern Seite samt dem Indio, so ich zu ihnen gesandt, hinweg; und kam also weder einer noch der andere wieder zu uns.
[Fortsetzung folgt]
Anmerkungen
(1) Ayamanes: Ureinwohner Venezuelas. Ein Arawak sprechendes Volk, die südlichen Nachbarn der Jirajara. In spanischen Artikeln werden die Ureinwohner der venezolanischen Küste oft als "Kariben" bezeichnet.
(2) Von span. amonestar: ermahnen, verwarnen.
(3) Im Gegensatz zum nordamerikanischen Pueblo ist hier nur das spanische Wort pueblo ("Ortschaft") gemeint.
(4) Von span.: batate (Süßkatoffel). Die Batate gehört zu den Windengewächsen (Convolvulaceae) und ist nicht verwandt mit der Kartoffel, span. patata, in Lateinamerika papa</i>.
(5) Magnolie, hier: Tamarillos (Cyphomandra betacea).
(6) Muskete: Luntenschlossflinte. Der schwere Vorderlader wurde im Gefecht auf eine Gabel gelegt oder freihändig abgefeuert. Zum Zünden des Schießpulvers diente eine Lunte, ein mit Kaliumchlorat getränkter und getrockneter Strick, oder - ab dem 16. Jahrhundert - ein Zündschwamm.
(7) Federmann beschreibt hier die übliche militärische Taktik der Konquistadoren seit Hernándo Cortéz' Eroberung Mexikos, in unbekanntem oder feindlichem Gebiet die indianischen Hilfsvölker vorwegzuschicken.
------------------------------------------------------------------------------------BURKS ONLINE 17.01.2005 Alle Rechte vorbehalten. Vervielfältigung nur mit Genehmigung des BurksVEB.
|
|
|
|
|
|
|
|
Nächstes Thema anzeigen
Vorheriges Thema anzeigen
Du kannst keine Beiträge in dieses Forum schreiben. Du kannst auf Beiträge in diesem Forum nicht antworten. Du kannst deine Beiträge in diesem Forum nicht bearbeiten. Du kannst deine Beiträge in diesem Forum nicht löschen. Du kannst an Umfragen in diesem Forum nicht mitmachen.
|
Powered by phpBB
© 2001, 2002 phpBB Group :: FI Theme ::
Alle Zeiten sind GMT + 1 Stunde
|