Offener Brief an die Mitglieder des DJV-Gesamtvorstands Von Hans-Werner Conen
Sehr geehrte Damen und Herren:
es ist - einmal wieder - ganz einfach. Der DJV-Brandenburg hat gewonnen. Der DJV-Bundesverband hat verloren - und muß zahlen.
Sie kennen das und hatten vielleicht gehofft, es würde sich ändern. Dafür haben viele von Ihnen ein in der deutschen Verbands- und Gewerkschaftsgeschichte bisher einmaliges amoralisches Schurkenstück billigend in Kauf genommen, nämlich einen Insolvenzantrag gegen einen eigenen Landesverband mit vielen Mitgliedern. Daraus wird nichts. Schon wieder.
Das Amtsgericht Potsdam hat mit Beschluß vom 15. März 2007 die routinemäßig angeordnete vorläufige Insolvenzverwaltung über den Landesverband Brandenburg ersatzlos aufgehoben. Der ebenso routinemäßig eingesetzte gerichtliche Gutachter ist so zu verstehen, daß der Insolvenzantrag des DJV-Bundesverbands offensichtlich völlig substanzlos, böswillig und rechtsmißbräuchlich ist. Denn es liegt kein Insolvenzgrund vor, weder Überschuldung noch Zahlungsunfähigkeit.
Schon tritt der offenbar jeder Einsicht abholde "Marketingberater", der in nur drei Jahren den einst stolzen DJV in Grund und Boden gewirtschaftet hat, die Flucht aus der Realität an. So werden Sie hören, das Gutachten enthalte "Fragezeichen" - ach ja? Es bleibe manches im "Dunkeln", Unterlagen seien "nicht auffindbar" gewesen, nicht alles "geklärt".
Lassen Sie sich nicht irreführen: Gutachten im vorläufigen Insolvenzverfahren dienen nicht einer umfassenden Betriebsprüfung, sondern nur der Beantwortung einer einzigen Frage, nämlich der, ob Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit vorliegt. Wir in Brandenburg haben mit dem Gutachter zusammengearbeitet und ein die Schulden deutlich übersteigendes Vermögen nachgewiesen; damit war der Insolvenzgrund Überschuldung widerlegt. Wir haben weiter mehr als genug liquide Mittel nachgewiesen, um unsere Verbindlichkeiten zeitgerecht bedienen zu können; damit war der Insolvenzgrund Zahlungsunfähigkeit widerlegt.
Danach war nichts weiter zu "klären" und konnte getrost "nicht auffindbar" oder "nicht geklärt" sein. Wenn der Verantwortliche zwischen Leben und Tod in der Klinik liegt, kommt das vor. Gottlob kommt es nur selten vor, daß das gezielt ausgenutzt werden soll.
Wir in Brandenburg halten uns an die Fakten - und an Helmut Kohls legendären Satz "Es kommt darauf an, was hinten rauskommt."
Diesmal ist es besonders eindrucksvoll, weil der mit dem Rücken zur Wand stehende Bundesvorsitzende Konken ja nach einem fulminant gescheiterten Zeitungsstreik, nach spektakulär gescheiterten Dutzenden von Gerichtsprozessen wegen des Rauswurfs von Berlin und Brandenburg, nach dem kleinlauten Rückzug eines neuen Rauswurfantrags beim Verbandstag in Mannheim und nach dem Verplempern so gut wie aller Finanzreserven endlich, endlich einmal zeigen wollte, daß ihm irgendetwas gelingt.
Sie wissen besser als ich, was der verzweifelte Minusmann vom DJV-Vorstand alles versprochen hat, wenn erst das Böse in Gestalt von Brandenburg vernichtet ist. Man kennt das: Nur diese Sauerei noch, dann kommt das Paradies. Längst hat Konken alle Hemmungen fahren lassen, denn Fehler zuzugeben ist ihm offenbar fremd. Der kollektive Rauswurf von zwei Verbänden mit über 5.000 Mitgliedern war aber nun einmal die idiotischste Idee seit Gründung des DJV, von ihrer Charakterlosigkeit ganz abgesehen Und darauf, daß die Väter des Wahnsinns (eine Mutter war auch dabei) sich vor den Mitgliedern dazu bekennen, wird man lange warten müssen.
Und noch ein Detail wirft die Frage auf, wie tief der mit moralischen Unwerturteilen über andere stets präsente DJV wohl gesunken ist: Mit dem Insolvenzantrag vom 1. Dezember 2006 wollte Konken offensichtlich die "gute Gelegenheit" ausnutzen, die er in dem schweren Schlaganfall des damaligen Brandenburgischen Vorsitzenden erblickte, der handlungsunfähig auf der Intensivstation lag. Ich erspare mir eine ethische Bewertung. Wer als DJV-Verantwortlicher seinen Mitgliedern in die Augen sehen will, kommt aber nicht um sie herum.
Genützt hat auch der völlige Verzicht auf Moral, Anstand und intellektuelle Redlichkeit nichts. Der DJV hat verloren, ist blamiert und zahlt nun die enormen Verfahrenskosten. Anschließend möchten wir in Brandenburg noch Ersatz für die uns böswillig zugefügten Schäden.
Und wenn der Konken-DJV das alles gar nicht mehr zahlen kann? Nun, dafür gibt es ja das Insolvenzrecht.
Seit Sie im November 2003 einen Nicht-Journalisten zum Bundesvorsitzenden machten, kennen Sie das Gefühl, bei den blamierten Verlierern zu sein. Es wird Ihnen voraussichtlich treu bleiben, wenn Sie weiter Gestalten gewähren lassen, vielleicht gar stützen, die den DJV eher über kurz als über lang ruinieren werden. Bedenken Sie: Beim Brandenburgischen Oberlandesgericht ist u.a. ein Verfahren anhängig, in dem geklärt werden soll, ob der DJV allein dem Landesverband Brandenburg die sogenannte Strukturhilfe, die alle anderen ostdeutschen Verbände - auf einem Umweg - weiter erhalten, entziehen durfte und nun vollen Beitrag ohne Rücksicht auf die Leistungsfähigkeit fordern darf.
Zwar ist der Ausgang offen, doch liegt das Risiko für den DJV-Bundesverband auf der Hand: Wenn Brandenburg nicht ungleich zu anderen Landesverbänden behandelt werden darf, muß der DJV kurzfristig einige hunderttausend Euro auf den Tisch legen - hat er die?
Wir in Brandenburg haben drei Jahre Funktionärskrieg überlebt. Wir können uns angenehmere Beschäftigung vorstellen, halten aber problemlos auch weitere drei Jahre aus. Die immer neuen erfolglosen Attacken haben uns klüger und selbstbewußter gemacht - was uns nicht umbringt, macht uns stärker. Dennoch bleiben wir auch im Sieg vernünftig und kooperativ.
Wann, wenn nicht jetzt, ist die Notwendigkeit zum Dialog offenkundiger? Wir in Brandenburg sind gesprächsbereit, aber nicht kapitulationsgeneigt. Wir stehen für Verhandlungen auf Augenhöhe zur Verfügung - nicht nur in der Politik gilt: Verhandeln ist besser als Schießen. Und wir möchten schon wissen, was eigentlich das Böse an Brandenburg ist. Die früher einmal genannten angeblichen Gründe - von der "Wahlfälschung" bis zur "internationalen Nazi-Verschwörung" - haben sich als Lügen erwiesen, neue (Ausschluß-) Gründe gegen Brandenburg kennen wir nicht. Sie vielleicht?
Bei dieser Gelegenheit will ich mit einer Legende aufräumen, die immer wieder gern geglaubt wird, um nicht sehen zu müssen, daß der verbissene Krieg der Funktionäre gar keinen Gegenstand hat. Längst ist die größte Idiotie des deutschen Verbandswesens zum Selbstzweck, zur manisch fixen Idee einer Handvoll Funktionäre geworden, die an ihren eigentlichen Aufgaben z.B. in der Tarifpolitik gescheitert sind. Die Legende besagt: Conen ist ein Gewerkschaftsfeind, er will die Gewerkschaften vernichten.
Das ist blühender Unsinn - nicht untypisch für Leute, die sich ihre Kriegsgründe freihändig erfinden, was ja Tradition in Deutschland hat. Ich halte das kodifizierte Recht (inclusive Grundgesetz, inclusive Koalitionsfreiheit) für die wichtigste Errungenschaft der Zivilisation. Denn die Alternative wären Keule und Kalaschnikow, Stasi und Genickschuß. Ich trete also ganz nachdrücklich für das Recht von Arbeitnehmern ein, sich - auch in Gewerkschaften - zusammenzuschließen.
Allerdings glaube ich nicht mehr daran, daß mit den traditionellen "gewerkschaftlichen Mitteln" noch etwas zu erreichen ist. In den Zeiten von Globalisierung und Individualisierung ist kollektives Handeln unter dem Kommando von Funktionären nicht mehr organisierbar. Und selbst wenn es noch zustande käme, wäre es wirkungslos, weil für jeden, der z.B. streikt, beliebig viele bereit stehen, die den Job dann machen.
Tarifverhandlungen enden mit Minus-Ergebnissen. Immer weniger Medien-Unternehmen sind noch tarifgebunden. Die wenigen, die noch Tarifverträge haben, mißachten sie immer nachhaltiger. Komplette Belegschaften können im laufenden Betrieb ausgetauscht werden ("Münstersche Zeitung"), große Medien-Arbeitgeber wie RTL setzen die Gewerkschaften einfach vor die Tür - folgenlos. Mehr als Protest-Resolutionen und Moral-Appelle hat der DJV dagegen nicht aufzubieten, kein Wunder bei den leeren Kassen.
Ich bin daher sogar noch mehr als beim Abfassen meiner 12 Thesen" (Juli 2003) der Überzeugung, daß die klassenkampfartige Konfrontation mit Arbeitgebern keinen Sinn mehr hat, weil sie nicht zu gewinnen ist. Sie sprengt darüber hinaus den DJV, dessen Mitglieder längst mehrheitlich Freie Journalisten sind, die für ihre (hohen) Beiträge keinen nachvollziehbaren Gegenwert erhalten.
Ich stelle also nicht das Recht in Frage, sich Gewerkschaften anzuschließen und will diese auch nicht beseitigen - ich will neue, effektivere Formen der Interessenwahrnehmung in den DJV einführen, bevor der an seiner Reformunfähigkeit zugrunde geht.
Die Landesverbände und damit der DJV-Gesamtvorstand haben einen bestimmenden Einfluß. Sie können - und müssen! - das Steuer herumreißen, wenn klar wird, daß der Verband in voller Fahrt Richtung Abgrund rast. Sie dürfen sich auch nicht hinter einem Bundesvorstand verstecken, der seit drei Jahren Katastrophen am laufenden Band produziert und in einer Art Umnachtung damit wohl immer weiter machen will.
Der DJV-Brandenburg wird - hart, aber fair - für einen mutigen Neuanfang des DJV streiten. Wir brauchen ein "Reset". Wir brauchen endlich wieder Intelligenz und Anstand, Schluß mit dem Mobbing von Kritikern, Meinungsfreiheit für alle. Der Alt-Achtundsechziger-Mief muß raus. Und das bedeutet: Konken muß weg. Er kann es nicht. Er ist eine katastrophale Fehlbesetzung.
Helfen Sie Konken, dem DJV und sich selbst: Schicken Sie Konken zum Arzt. Es muß sich einfach etwas finden lassen, was für einen Rücktritt taugt. Sie wissen doch: Gesunde gibt es nicht. Es gibt nur Leute, die noch nicht gründlich genug untersucht wurden.
Und dann: Glückauf DJV!
Beste Grüße
Hans-Werner Conen
Kommentar: Die Vorgänge im DJV Berlin und DJV Brandenburg im Jahr 2004 werden im obigen Brief verschwiegen bzw. nicht korrekt dargestellt; vgl. Telepolis: "'Kein Platz für Rechtsextremisten' beim Deutschen Journalisten-Verband?" (12.06.2004), spiggel.de: "Operation 'Weißer Ritter'" (12.05.2005), Spiegel online: "Brandenburger Journalistenverband: Mitglieder sprechen von 'feindlicher Übernahme'" (04.06.2004). |