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 [Dokumentation] Interview mit Christian Worch Teil 3 Nächstes Thema anzeigen
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burks
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Anmeldungsdatum: 07.10.2002
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BeitragVerfasst am: 19.03.2004, 23:24 Antworten mit ZitatNach oben













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DUKUMENTATION: INTERVIEW MIT CHRISTIAN WORCH TEIL III

"Ich betrachte mich als liberal"

Von Burkhard Schröder


Man muss seinen Gegner kennen, um ihn bekämpfen zu können. Die Neonazi-Website in-das-licht.com - "Freie Nationalisten Bremen" wurde vor einiger Zeit abgeschaltet. Ein ausführliches, autorisiertes und aufschlussreiches Interview mit dem Neonazi Christian Worch wäre verschwunden gewesen. Die Archivfunktion von [url]archive.org[/url]. half jedoch weiter - dort konnte man dieses "historische" Dokument noch finden. Burks.de dokumentiert das Interview ungekürzt, weil es keinen Grund gibt anzunehmen, dass irgendjemand bei der Lektüre zum Neonazi, Antisemiten oder Rassisten wird. Das Interview mit Worch in Spiegel Reporter Nr. 10, Oktober 2000, ist online nicht erhältlich.

Rechtschreibung und Diktion wie im Original. Kursive Stellen sind Kommentare im Original auf in-das-licht.com. Die Links wurden von mir nachträglich eingefügt.



Teil 1 Teil 2

[Biographie] [Die Familie] [Der Weg zum Nazi] [Intellektualität] [Literatur und Fandom] [Neue und alte Geschichten] [Quadratur des Kreises] [Fantasy & Faschismus][König von Deutschland] [Kontinuität & Karriere] [Legalismus] [Überflüssig?] [Ziele] [Anti-Antifa] [Langen] [Richtig deutsch?] [Über Schwule] [Drogen & Musik] [Liberal?]


Anti-Antifa

Frage: Zurück zum Thema: Anti-Antifa, Legalismus, Netzwerk - diese drei Punkten wollten wir noch abhaken. Jetzt Anti-Antifa.
Worch: Das entstand Anfang 1992. Den Anstoß als solche gaben die Ereignisse anlässlich der Beisetzung von Michael Kühnen in Kassel am 3. Januar, weil es Ausschreitungen von circa 200 sogenannten antifaschistischen Demonstranten gab, und bis hin zu dem Punkt, dass auf zwei liegende Kameraden mit dem Messer eingestochen wurde. Da haben wir gesagt, diese Stimmung des Hasses, bis hin zum Vernichtungswillen, ist dermaßen weit gediehen, dass wir das nicht mehr als die Ausbrüche einer politischen Rivalität sehen können, wie es das über Jahrzehnte hinweg in Deutschland gegeben hat. Da die Antifa bis dato über uns wesentlich besser informiert war als wir über sie, und auch einschneidendere Maßnahmen gegen uns ergriffen hat als umgekehrt wir, waren unsere Gegenschläge sehr sporadisch und dadurch vielfach oft völlig ungezielt. Deshalb haben wir gesagt: "Jetzt werden wir es mal mit ihren eigenen Mitteln versuchen, jetzt schauen wir uns die Leute mal ein bisschen näher an, und die, gegen die wir konkret etwas sagen können, die wir also ganz legal öffentlich machen können, die machen wir auch öffentlich." Das führte dann fast schon zu Panik-Reaktionen, zu sehr wünschenswerten Panik-Reaktionen.
Frage 1 : Uns ist dieses "Klima der Angst" sehr wohl auch bekannt... ich kenne den jahrelangen Streß mit Angriffen von Nazis auf Punkkonzerte und ähnliches bis hin zur persönlichen Attacken auf mich selbst. Diese Anti-Antifa-Kampagne wirkt ja so, als ob jahrzehntelang die rechte Seite von den Antifas terrorisiert worden sei und ihr hättet irgendwann mal zurückschlagen müssen. Da muß ich einfach massiv widersprechen!
Frage 2: Zurück zum Thema: Ihr habt ja technisch aufgerüstet in den letzten Jahren...
Worch: Du solltest das nicht übertreiben oder überbewerten. Es gibt ungefähr etwa acht radikal rechte oder rechtsextreme Computermailboxen. Und es gibt nach regierungsamtlichen Schätzungen zwischen 400 und 1000 linksradikale bis linksextreme Mailboxen.
Frage: Es gibt aber einen technologischen rechten Nachrüstungsbeschluß, wenn man das so nennen darf. Ihr versucht aufzuholen. Auch die Presse hat das erkannt. Ihr werdet anders dargestellt. Früher war es doch immer so: Die Rechten treffen sich in abgeschirmten Gaststätten und jetzt heißt es, Christian Worch fährt mit seinem schwarzen Audi durch die Stadt, greift zu seinem Autotelefon und dirigiert die Massen durch die Tundra... das Image hat sich gewandelt.
Worch: Einige von uns haben mit Computern angefangen, damit die Broschüren ein bisschen besser aussehen. Und während sie damit gearbeitet haben, haben sie sich gesagt: "So eine Broschüre, das ist doch eigentlich eine Technik wie im Mittelalter, da hat sich doch seit Gutenberg nichts mehr geändert." Lustigerweise waren das Leute, die gar nicht aus der Science-Fiction-Ecke kommen, die vielleicht hier und da so was mal auch lesen, aber nicht zum Fandom gehören. Sonst hätte dieser Prozeß früher eingesetzt.
Frage: So schwach seid ihr nicht. Ihr habt schon vor längerem damit angefangen, etwa Kai Dallek (1)
aus Kronau, der mit seiner Video-Kamera die Teilnehmer bei Antifa-Kundgebungen gefilmt hat. Der Versuch, das Antifa-Spektrum auszuspionieren, fing also schon früher an. Du kannst das nicht auf die Kühnen-Beerdigung zurückführen.
Worch: Die ursprünglichen Ausspionierungsversuche waren sehr uneffektiv, mangels Aktivität der Leute, die daran mitgewirkt haben, mangels Strukturen und Querverbindungen. Die kommunikative Vernetzung innerhalb der linksradikalen Szene, vom RAF-Freizeitterroristen bis hin zu Teilen der Jusos, ist ungeheuer groß. Die Bereitschaft, sich zumindest bei zentralen Themen zu solidarisieren, ist auch ungeheuer groß.
Frage: Antifa-Demos beispielsweise?
Worch: Beispielsweise ja. Etwas vergleichbares, eine Volksfront von rechts, gibt es auf der rechten Seite nicht. Ist in den Anfangsgründen, ich möchte sagen, gerade am Entstehen. Auch Dinge, wenn sich beispielsweise Frey und Schönhuber an einen Tisch setzen. Wir sehen uns beispielsweise in einem Zweifrontenkrieg. Wenn man es genau betrachtet, sogar in einem Dreifrontenkrieg. Wir führen eine Auseinandersetzung mit der militanten antifaschistischen Szene, wir führen eine Auseinandersetzung mit den Organen der Staatsgewalt, mit anderen Worten, mit deren operativem Arm, bis zu einem gewissen Grade, das ist aber noch keine richtige Auseinandersetzung, mit der öffentlichen Sicht, mit den Medien also. Aber das kann man noch nicht als Kampffront betrachten. Ich glaub Dir ja, dass es viele Leute aus der auch radikal linken Szene sich persönlich bedroht fühlen und das Gefühl haben, die Nazis werden immer mehr... Es ist nur eine Frage der Struktur. Diejenigen, die von unsrer Seite politisch aktiv und organisiert sind, sind bei den Autonomen oder bei der Antifa fast lückenlos dokumentiert. Wir haben von den politisch organisierten Autonomen herzlich wenig dokumentiert. Wir sind aber ganz dicht rangekommen. Vor zwei Jahren, als wir die Rudolf-Heß-Demonstration hatten, da ist die Antifa-Szene mit 2 000 Leuten mit Bussen sternfahrtsmäßig losgefahren, da haben wir jemand mitfahren lassen. Der saß nachts, als alle schliefen, bei dem Organisator, das ist der, der in Hamburg den Buchladen Schwarzmarkt betreibt, und der sagte dann irgendwann mal mitten in der Nacht, als fast alles selig auf den Sesseln schnarchte, ausgerechnet zu unserem Mann: "Die Genossen ahnen das noch nicht, aber wir werden uns in Zukunft warm anziehen müssen, denn die Nazis werden ja nicht zum Spaß immer mehr." Aber wir betreiben das noch nicht so lange, und noch nicht mit der Qualität wie die andere Seite.
Frage: Wenn ihr jetzt noch schlecht seid, dann heißt das doch nicht, dass ihr in zwei Jahren noch schlecht seid.
Worch: Es läuft vieles spontan. Ich lese beispielsweise in der Zeitung, da hat Herr Schröder sich zum Kurdenproblem geäußert. Daraufhin haben ihm einige Türken Drohbriefe geschickt und ihm unter anderem angedroht, "wir schneiden dir die Nase ab". Wir haben gesagt, "wunderschön, da ärgern wir sie mal", und meldeten in Hannover eine Demonstration an, unter dem Tenor "Rettet Schröders Nase". Um das Instrument des Demonstrationsverbotes ad absurdum zu führen. Sie haben's natürlich prompt verboten. (Hier gab es eine Pause bei der Bandaufzeichnung, weil das Aufnahmegerät wegen Batteriemangels einige Zeit ausfiel.)
Frage: Stichwort Anti-Antifa.
Worch: Ein Beispiel: Im Mai 1989, bei diesem Überfall auf meine damalige Frau und mich, haben die Täter unter anderem die Autoschlüssel für den Lada erbeutet. Am Abend danach sind wir von unsrer damaligen Wohnung in Wandsbek in Richtung Norderstedt gefahren, und da ist das Benzin ausgegangen, in einer relativ neutralen Gegend. Dann haben wir den Wagen auf den Grasstreifen geschoben und sind hundert Meter zur nächsten Tankstelle, haben den Reservekanister vollgemacht, haben das Auto aufgetankt und sind dann weitergefahren. Dauer der Aktion: zehn Minuten, wenn's hochkommt. Ein paar Tage später, nachdem die mutmaßlichen Täter erwischt waren, rief mich die Hamburger Polizei an und fragte: "Können Sie uns sagen, wo Sie an dem und dem Tag um so und so viel Uhr waren?" Die haben ein Geheimnis daraus gemacht, nach dem Motto, das müsse unbedingt geheim bleiben, sie dürften uns keinen Hinweis geben, denn sonst wäre die Zeugenaussage nichts wert. Dann habe ich das endlich rekonstruiert... Danach haben sie mir bestätigt: "Ja, wir haben bei Leuten, die möglicherweise mit diesen Tätern in Verbindung stehen oder selbst mutmaßliche Täter sind, einen Notizzettel gefunden. Inhalt: Datum, Uhrzeit, R 5 mit Kennzeichen, beide Worchs, natürlich der Ort und die Richtung." Das heißt also, irgendwo in der Nähe ist entweder irgend jemand mit dem Auto vorbeigefahren und hat das dann gesehen, oder wohnt gegenüber, und hat diese Beobachtung an irgendwelche Leute weitergeleitet, und das hat sich, möchte ich mal sagen, fast mit Blitzesschnelle verbreitet. Das nenne ich exakte Bewegungs-Überwachung! So weit sind wir noch lange nicht, vor allem die kommunikative Schiene fehlt. Wir würden in Hamburg mit Sicherheit 2000, 5000, vielleicht sogar 10 000 Beobachter für die Anti-Antifa finden, Leute, die bereit wären, sich zu verpflichten: "Wir notieren alles, was wir über extrem linke Aktivitäten mitkriegen, und leiten es an eine Zentralstelle weiter." Wir erreichen nur die Leute draußen im Land nicht. Und die erreichen wir deshalb nicht, weil es uns bisher die Strukturen nicht gibt, die die Autonome Antifa oder überhaupt linksextreme Kreise nutzen können.
Frage: Das heißt, euch fehlt eine rechte Basis, eine Art Lehrlingszentrum. Jugendzentren, Kneipen...
Worch: Ja. Begegnungsstätten oder ähnliches.

Langen

Frage: Es gab mal eine Zeit, da war dein Bild in Darmstadt recht oft in der Zeitung. Da gab's die legendäre neue Hauptstadt der Bewegung, Langen, nicht weit von hier. Das ging damals ja wohl eine wenig in die Hose. Es gab eine Menge Presse dazu, ihr habt eine sehr gute Presse bekommen, ihr habt gut gestreut, das Infomaterial gab's überall, und es ist gescheitert.
Worch: Das kann man so nicht sagen. Es sind zwei ganz interessante Dinge passiert, die leider nur in geringem Maße öffentlich geworden sind. Zunächst einmal ist die Sitzung des Wahlzulassungsausschusses der damaligen Kommunalwahl in Hessen um zwei Tage verlegt worden, ohne irgendwelche Angaben von Gründen. Und genau binnen dieser Frist, an dem einen Tag dazwischen, hat das Bundesinnenministerium das Verbot der Nationalen Sammlung vollzogen. Michael Kühnen hatte es geschafft, die Stadt Langen, die ja nicht mehr als 20 000 Einwohner hat, zu einem Schwerpunkt-Thema im Wahlkampf zu machen, nach dem Motto: "Wir wollen einmal zeigen, wie viel Leute dazu bereit sind, erklärte Nationalsozialisten zu wählen..." Die Bundesregierung wollte es auf diesen Vergleich nicht ankommen lassen, weil das Ergebnis Signalwirkung hätte haben können.
Frage: Ging es euch eigentlich darum, das Verbot zu erwirken, um nicht beweisen zu müssen, wie stark ihr seid, oder ging es darum, zu hoffen, dass das Verbot nicht kommt, um auf die hessische Wahlliste zu kommen?
Worch: Das war eine Doppelstrategie, nach dem Motto: So wie's uns unterkommt, ist's uns recht. Es ist beispielsweise egal, ob man uns verfolgt oder nicht verfolgt. Verfolgt man uns nicht, entwickeln wir uns praktisch von unten her weiter; Verfolgt man uns, bekommen wir Öffentlichkeit und in einem gewissen Maße den Mitleidseffekt. Vor allem machen wir teilweise Menschen nachdenklich, die uns politisch sehr ferne stehen, die uns sogar feindlich gegenüberstehen. Wir können uns jetzt hinstellen und sagen: "Als man Küssel eingesperrt hat, da habt ihr geschwiegen. Als man Priem eingesperrt hat, da habt ihr geschwiegen. Wenn man Worch einsperrt, werdet ihr schweigen. Wenn man Schönhuber einsperrt, wenn man Frey einsperrt, werdet ihr schweigen. Und was ist, wenn man euch abholt? Herrn Baum beispielsweise, oder Herrn Stoiber oder Herr Beckstein?"
Frage: Nette Aufzählung der Namen...
Worch: Ja. (lacht) Weil wir wissen, dass es einige Leute gibt, denen diese Abstufung gewissermaßen gefallen könnt, werden die sich eines Tages überlegen: "Wenn wir einen gewissen Teil des politischen Spektrums gewissermaßen absäbeln, ist dann die Basis, auf der wir stehen, noch breit genug, oder führt das zu massenhaften Verweigerungsprozessen."

Richtig deutsch?

Frage: Wir haben vorhin die Frage nach den Polen gestellt, die sich notfalls eindeutschen lassen können. Dann sind sie rein nach der alten Theorie polnisch und damit keine Deutschen - aber sie würden sich nach deiner Aussage eindeutschen lassen.
Worch: Da streiten sich also auf unsrer Seite die Gelehrten. Ob beispielsweise die sogenannte slawische Rasse der germanischen Rasse verwandt oder nicht verwandt ist. Da gibt es hunderttausend Theorien. Gerade in diesen geografischen Grenzbereichen, wo es vor 700 oder 800 Jahren mit der Kolonisierung anfing, da haben eine ganze Menge Vermischungen stattgefunden. Ich würde das im Endeffekt nicht dogmatisch sehen. Sieh mal, mich sprach vor zwei, drei Jahren ein Kamerad an: "Sag mal, ich hab' da ein junges Mädel in meiner Gruppe, die hat einen türkischen Großvater, ist also Viertel-Türkin. Und in meinem Kameradenkreis ist die Diskussion, kann man die aufnehmen, oder kann man die nicht aufnehmen?" Dann hab' ich gesagt, ich hab' in Hamburg einen Kameraden, der ist Halbneger. Wenn Du mir mit Deiner Vierteltürkin was erzählst, dann erzählst du mir bloß Witze. Ich habe dann zu meiner ganzen Zufriedenheit das Reichsbürgergesetz ausgegraben, und da habe ich dann tatsächlich gefunden: Es konnte jeder, einschließlich Halbjuden, sofern sie nicht dem sogenannten mosaischen Glauben angehörten, Reichsbürger werden, wenn er zumindest 50 Prozent deutsches Blut in sich hatte. Deutsches oder artverwandtes. Skandinavier, also Norweger, Engländer und so weiter, würden da auch dazu gehören.


Über Schwule

Frage: Michael Kühnen und Manfred Huck... ihr habt eine ganze Reihe von Leuten in eurer Bewegung gehabt, die homosexuell waren oder sind. Da gib's Widersprüche, weil viele Leute in der rechten Szene auch sagen: "Homosexualität ist asozial, fast so schlimm wie Kinderpornographie." Wie stehst du dazu?
Worch: Also. Bei zumindest einer dieser Personen ist die Homosexualität nie erwiesen worden...
Frage: Kühnens Heterosexualität ist ja auch nicht erwiesen worden...
Worch: Im Prinzip sehe ich da kein Problem. Homosexualität ist, da streiten sich die Gelehrten, entweder erblich bedingt oder es ist durch andere Ereignisse... Im wesentlichen ist es aber eine Sache, an der die Menschen, um es mal moralisch zu sagen, unschuldig sind. Es scheint in gewissem Maße natürlich zu sein.
Frage: Du würdest also nicht diesen moralischen Schluß ziehen, den in rechtsorientierten Kreisen viele Leute ziehen, schon im rechten Flügel der CDU, wo es heißt, "Homosexualität ist bäh!" und die Homosexualität unter Strafe stellt.
Worch: Kann ich schon aus historischen Gründen nicht. Wenn ich an Ernst Röhm denke... Was ich in gewissem Maße unterbinden würde, das wäre die Werbung für Homosexualität. Ansonsten sehe ich eine gewisse Gefahr, dass die Leute, die vielleicht latent dazu neigen, eben durch die Verführbarkeit tatsächlich den Ausbruch dieses Phänomens haben. Für die Gesellschaft ist das negativ, weil die ja dann für den Fortpflanzungsprozeß ausfallen.

Drogen und Musik

Frage: Wie ist Dein Verhältnis zu Drogen? Würdest Du Tabak verbieten oder würdest Du...
Worch: Drogen konsumiere ich nicht. Ich meine, abgesehen von Alkohol und Nikotin und Koffein und... Ich gehe mal davon aus, dass das Drogenproblem sich normalerweise von alleine lösen würde, wenn man die Dinge einfach so lassen würde. Wenn jemand die Dinger nehmen will, dann soll er doch.
Frage: Ein sehr liberaler Standpunkt...
Worch: Die Leute, die jetzt auf Drogen sind, die kommen von selbst in den seltensten Fällen von der Droge runter. Im Gegenteil: Die kommen in Knast, kosten uns furchtbar viel Geld, leben dort unter menschenunwürdigen Umständen. So ein kalter Entzug, das muß ja wirklich eine ganz hässliche Sache sein, ich hab' Leute im Knast kennengelernt, die das hatten. Dann kommen die wieder raus und haben keine Perspektive, sind nach wie vor labil, auch wenn sie jetzt den Entzug hinter sich haben. Denn wären sie nicht labil gewesen, wären sie erst gar nicht an die Droge rangekommen. Das ganze geht wieder von vorne los, bis sie sich eines Tages den Goldenen Schuß setzen oder sonst was. Wenn du die Droge einfach über die Apotheke, gewissermaßen über ein staatliches Monopol, vertreibst, dann kann sich jeder überlegen, will ich das haben oder will ich das nicht haben. Ich bin auch sehr für diese Ersatzstoffe.
Frage: Du propagierst jetzt das Menschenbild eines mündigen Bürgers. Daß jeder Mensch sagen kann, was er will, er darf rauchen, er darf trinken, er darf kiffen...
Worch: Ich bin der Meinung, eine Gesellschaft kann schlussendlich nur dann funktionieren, wenn ihre Mitglieder sich der Notwendigkeit einer Gesellschaft, ihrer Normen und die Notwendigkeit ihrer Enthaltung dieser Normen so bewusst sind wie nur möglich.
Frage: Das heißt, ich kann Drogen nehmen, so lange ich will, sofern ich jeden Morgen rechtzeitig zur Arbeit erscheine. Solange ich nicht auffällig werde - zuhause kann ich machen, was ich will. Solange ich mich an die Norm halte, wegen mir Deutscher zu sein oder meine Arbeit zu oder möglichst beides?
Worch: Richtig.
Frage: In rechten Kreisen herrscht - zumindest wenn ich so Sachen lese wie MUT oder JUNGE FREIHEIT oder irgendwelche obskuren Skinhead-Fanzines - ein ganz komisches Musik-Empfinden vor. Einerseits gibt es Gruppierungen, die diese Skinhead-Musik gut finden, andererseits gibt es diese elitären Gruppierungen, die sagen, "wir hören nur klassische Musik". Was hörst du für Musik?
Worch: Alles. Alles außer Jazz.
Frage: Nicht zu vergessen der große Frank Rennicke.
Worch: Ja, den höre ich auch gelegentlich. Ist zwar nicht unbedingt mein Lieblingssänger, aber alleine aus politischer Motivation muß ich ihn mir hier und da anhören. Manche von den Sachen, die er bringt, finde ich textlich auch ganz schön, aber von der Stimmqualität her - na ja, da gibt es andere, an denen er sich schwer messen kann. Aber er ist auch nicht so völlig daneben, dass ich daneben sitze, mir die Ohren zuklappe und sage: "Um Himmels willen, das nächste Mal nehme ich aber meine Ohrenschützer mit".
Frage: Du hörst also eher klassische Musik?
Worch: Nein, nicht nur. Das geht also tatsächlich vom Hardrock bis zur Klassik. Sieht man vom Jazz ab und artverwandtem, das ist ein Rhythmus, der mir nicht gefällt.
Frage: Also keine Abneigung, von wegen "Negermusik".
Worch: Dieser Takt bringt also bei mir mein Blut in einer Art und Weise in Wallung, die mich eher negativ als positiv anspricht.
Frage: Ich frage deshalb, weil Jazz von den Rechten immer angegriffen worden ist, weil er eben als Musik der Schwarzen begriffen worden ist.
Worch: Das interessiert mich herzlich wenig.
Frage: Was ist mit Zigeunermusik?
Worch: Ist doch nett. Kann man hören. Nicht unbedingt sechs Stunden hintereinander, aber zwischendurch mal, bei einem romantischen Kerzenschein-Essen - warum nicht?
Frage: Türkische Musik?
Worch: Ich habe das einmal gehört, weil wir mal einen Werbe-Spot gemacht haben. Da haben wir das ganze mit türkischer Musik unterlegt, weil das unserer Meinung nach grauenvoll klang und weil wir der Meinung waren, das sei die beste Werbung für die Aussage: "Schickt möglichst viele Türken möglichst schnell nach Hause."

Liberal?
Frage: Du verbreitest einen Kultur- und einen Musikbegriff, der sehr liberal ist, der wahrscheinlich von deinen Gefolgsleuten größtenteils nicht mitgetragen wird.
Worch: Das ist durchaus richtig, kann sein.
Frage: Ich muß es noch mal sagen: Es irritiert mich total, dass du uns hier gegenübersitzt und ein superliberales Menschenbild hier ausbreitest...
Worch: Den Vorwurf des Superliberalismus lasse ich mir nicht machen. Ich betrachte mich bis zum Notwendigen und bis zu einem gewissen erträglichen Maße als liberal.
Frage: Das wäre doch ein gutes Motiv von dir als Poster: "Ich bin eine Liberaler."
Worch: Nein! Ich will ja auch nicht sagen, dass ich einer bin oder mich als einen solchen betrachte. Wer bitte soll denn entscheiden, wer ein Liberaler ist? Das ist doch dasselbe: Wer entscheidet, wer ein Verfassungsfeind ist? Schau die mal folgenden schwachsinnigen Punkt an: Die Nationale Liste hat im letzten Bürgerschaftswahlkampf unter anderem in ihrer Wahlplattform geschrieben: "Zuzugsstopp für Ausländer für bestimmte Hamburger Stadtteile, in denen die Belastung durch Ausländer bereits besonders groß ist." Dann gab es einen Verbotsantrag des Hamburgischen Senats gegen uns beim Bundesverfassungsgericht; unter anderem stand als Verbotsgrund drin, die Nationale Liste ist verfassungsfeindlich und neonazistisch, weil sie diese und jene Forderung aufstellt, unter anderem auch diese. Ein paar Wochen später stellt Voscherau sich hin und gibt der BILD-Zeitung ein Interview, in dem er sagt: Wenn ich einem Viertel beispielsweise mehr als 50 Prozent Ausländer leben, dann muß es eine Möglichkeit geben zu sagen, "jetzt ist Schluß". Das ist in der Sache dieselbe Forderung, wie wir sie auch aufstellen. Ist Voscherau nun ein Verfassungsfeind? Schau Dir nur mal den Peter Gauweiler an: Der will Asylanten zur Zwangsarbeit verpflichten. Schaut euch diesen SPD-Oberbürgermeister von München an, der möchte auf dem Oktoberfestplatz eine asylantenfreie Zone einrichten.
Frage: Stoiber spricht von einer durchrassten Gesellschaft. Wenn Du das sagen würdest...
Worch: Er warnt von den "Gefahren einer durchmischten und durchrassten Gesellschaft". Das ist entlarvend, weil es an nationalsozialistischen Sprachgebrauch erinnert: Zwischen durchrasst und verjudet ist nach meinem Sprachempfinden kein großer Unterschied...
Frage: Wir bedanken uns für das Gespräch.

(Anmerkung: Das Interview wurde im Sommer 1994 geführt.)



1) Gemeint ist Kai Dalek.
Fotos (Ausschnitte) © Dietmar Gust: Michael Kühnen, Christian Worch, Walther Matthaei, 1988. Unten: Kühnen und Worch 1988.


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BURKS ONLINE 19.03.2004
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