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Anmeldungsdatum: 07.10.2002
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Verfasst am:
29.03.2004, 19:13 |
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| WIRTSCHAFT | | Aktuell | 29.März 2004 |
| | WICHTIGE ARTIKEL ZUM THEMA CARGOLIFTER | | Märkische Allgemeine | | Tropenpark-Planer verunsichert, 01.03.2004 | | Lausitzer Rundschau | | Verärgerung bei Tropical - Investoren fühlen sich in Brandenburg nicht willkommen, 24.02.2004 | | Berliner Zeitung | | Sorge um den Regenwald bei Cargolifter - Zweifel an wirtschaftlichem Erfolg des Konzepts, 20.02.2004 | | Tagesspiegel | | Der Dschungel muss noch warten, 23.02.2004 | | BerliNews | | CargoLifter: Auktion beendet, 19.10.2003 | | T_Online | | Cargolifter kommt unter den Hammer, 06.10.2003 | | TAZ | | Dschungel in Brandenburg, 24.07.2003 | | Berliner Morgenpost | | "Perspektive für die Region" - Interview mit dem Insolvenzverwalter Prof. Mönning, 13.07.2003 | | Financial Times | | Tanjong kauft Cargolifter-Halle für ein Viertel der Baukosten, 11.07.2003 | | Financial Times | | Cargolifter: Gericht entmachtet Vorstand, 20.06.2002 |
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| DOSSIER CARGOLIFTER 2 Ein XXL-Crash
Von Burkhard Schröder |
Am 1. August 2002 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Cargolifter AG und sechs Tochterunternehmen eröffnet. Ein Jahr später, im Oktober 2003, begann der Ausverkauf: das Vermögen der bankrotten Firmen kam unter den Hammer. Schulden in Höhe von 120 Millionen Euro waren aufgelaufen - so wird behauptet. Der Traum vom Fliegen à la Zeppelin ist damit gescheitert. Darin sind sich die Medien einig. Die TAZ titelte: "Größenwahn unter dem Hammer." Und die Financial Times Deutschland sprach von einer Luftnummer.
Heute existiert die Cargolifter AG in Insolvenz immer noch, man kann sogar Aktien kaufen. Ein Aufsichtsrat, mehrere zehntausend enttäuschte Kleinaktionäre und ein Insolvenzverwalter befehden sich heftig. Angeblich ermittelt die Staatsanwaltschaft Cottbus gegen das ehemalige Management wegen Konkursverschleppung. Die Initiative "Zukunft in Brand" fordert, den Insolvenzverwalter zu entlassen.
In Wahrheit war und ist alles ganz anders - und natürlich auch komplizierter als in den kurzlebigen Medienberichten geschildert. Dem kritischen Beobachter drängen sich mehrere, bisher unbeantwortete Fragen auf: Hätten Luftschiffe, wie von CargoLifter konzipiert, fliegen können? Wenn ja - und das ist unter den seriösen Experten unstrittig: warum ist das Unternehmen überhaupt Konkurs gegangen? Wozu gibt es eine neue Firma, die Airbrand GmBH (1), die von dem Insolvenzverwalter Prof. Dr. Rolf-Dieter Mönning gegründet wurde? Hat die später ebenfalls Pleite gegangene Chip-Fabrik etwas mit CargoLifter zu tun? Und - eine der wichtigsten Fragen, da es um Geld geht: wie kann man erreichen, falls der Konkurs einer Firma abzusehen ist, dass die zahlreichen Kleinaktionäre abgebügelt werden, ohne dass die sich wehren können? Ein Lehrstück, wie Kapitalismus erfolgreich funktioniert - im Interesse derer, die die Macht haben. Aber der Reihe nach.
Wolfgang Schneider war seit dem 27. Juni 2002 Vorstandsvorsitzender
der CargoLifter AG i.I., bis er seinen Vertrag am 31.03.2003 beendete, da ihn seit Arbeitgeber, die EADS, nicht länger für diese Aufgabe freistellen konnte. Schneider hat über seinen Einwatz bei CargoLifter ein umfangreiches Papier verfasst. Man muss seine Meinung nicht teilen, das Fazit - warum das ursprüngliche Konzept des Unternehmens scheitern musste - scheint jedoch sachlich richtig zu sein und ist nachvollziehbar.
Die Idee, Luftschiffe zu bauen, entstammt - laut Schneider - nicht den Wunschträumen von Ingenieuren, sondern ist Resultat eines konkreten Bedarfs, den "Anlagenbauer und Logistik-Experten" ermittelten. Der Transport von Gütern verschlingt immer mehr Energie; die Anlagen, sie umzuschlagen, werden teurer und größer. Die Grenzen für den Transport auf Strasse und Schiene seien bald erreicht.
Wieviel Geld der Bau von Luftschiffen verschlingen würde, weiß jedoch niemand genau. Kurzfristig ist kein Profit zu erwarten - man braucht einen "langen Atem". Und ob das deutsche Wetter mitspielt, ist ein ungelöstes Problem. Die Startphase dauere mindestens fünf Jahre - und sei ohne Investitionen durch den Staat nicht zu realisieren. Das Konzept des Firmengründers Carl von Gablenz, vorwiegend auf das Geld vieler Kleinanleger zu bauen, war daher mit einem hohen Risiko verbunden. Vergleichbare Projekte - etwas der Airbus - wurden unter staatlicher Eigenregie erarbeitet - oder erheblich staatlich gefördert. Bei militärischen Projekten sei es sogar Standard, dass der Staat die Kosten für die Entwicklung vollständig übernehme. Schon bei Beginn des Projekt CargoLifter sei die daher Finanzierung nicht sichergestellt gewesen. "Die Vision war überzeugend, die Umsetzung mangelhaft und damit der heutige "Scherbenhaufen" zwangläufig."
Die Arbeit im Projekt CL 160 habe Ergebnisse gezeigt, die vorzeigbar waren, zum Beispiel "die weltweit modernste Zulassungsrichtlinie für Luftschiffe" (TLAR), die Simulation des Flugverhaltens großer Luftschiffe und die "Komposition" des Traghüllen-Materials. Schneider behauptet, dass die technische Basis vorhanden gewesen sei, ein Luftschiff zu entwickeln. Eine Studie von EADS Airbus habe das bestätigt.
Über die Details lässt sich sicher streiten - auch darüber, dass wesentliche technische Probleme noch nicht gelöst waren. Schneider kritisiert in seinem Fazit vor allem die Finanzierung, und dass man das visionäre Konzept unprofessionell umgesetzt habe. Die rund 70.000 Aktionäre haben rund 300 Millionen Euro (3) "gespendet", dazu kamen 42 Millionen Euro öffentliche Mittel. In Wahrheit habe man aber, so kalkuliert Schneider, 460 bis 580 Millionen Euro benötigt; eine interne Schätzung spricht sogar von bis zu 1,3 Milliarden Euro. Nur 30 Prozent des Geldes seien für die Produktentwicklung eingesetzt worden - das sei unzureichend. Die Anleger wurden zwar wahrheitsgemäß über die Risiken informiert - auch nach der Insolvenz -, die publizierten Daten über die Kosten seien aber mehr eine "Addition der Wunschvorstellungen" gewesen. "Warum das Datenmaterial vernichtet werden sollte, konnte ich nicht lückenlos nachvollziehen."
Die Organisation des Unternehmens entsprach der eines Weltkonzerns. Es gab mehr als ein Dutzend Unternehmen (4), deren Struktur den Eindruck erweckte, es gebe "mehr Häuptlinge als Indianer". Diese Verschachtelung ergibt aber dann einen Sinn, wenn man die komplizierte Rechtslage berücksichtigt: es ist nicht immer effektiv, das Toilettenpapier nach den Vorschriften des deutschen Luftfahrtrechts einzukaufen. Das Luftverkehrsgesetz, dessen unzählige Vorschriften natürlich penibel zu beachten sind, lässt den unbefangenen Leser schon bei den ersten Paragrafen erschaudern. Carl von Gablenz gibt aber zu, dass die Wege verworren gewesen seien: "...hat die Development sich im Hinblick auf die angeblichen oder tatsächlichen Verfahrensanforderungen einen so komplizierten Entscheidungsablauf geschaffen, daß bis zu 40 Unterschriften der diversen Abteilungen einzuholen waren." Dr. Wolfgang Schneider konstatiert ein "ehrliches Bemühen um einen antiautoritären Stil" zu, formuliert aber bissig: "Organisation à la mexican army". Der heutige Vorstand der Cargolifter AG i.I. Hans-Georg Engelken meint "off the record" lapidar: "Jugend forscht".
Das Fazit Schneiders schliesst mit Kritik an der staatlichen Verwaltung. Das zuständige Bundeswirtschafts-
ministerium habe kaum Interesse gezeigt, den Bau eines Luftschiffes "als nationale Aufgabe" anzusehen. "Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass die Lobby-Aktivität des deutsch-französischen Luftfahrtkonzerns geholfen hat, die Beteiligung von CargoLifter an der Luftfahrtförderung zu verhindern." Ausserdem habe das Land Brandenburg einen "viel zu umfangreichen Beamtenapparat". Den könne es sich, gemessen an den alten Bundesländern, nicht leisten.
Wie im ersten Teil des Dossiers "Im Brandenburger Dschungel" skizziert, kann sich Brandenburg offenbar noch ganz andere Dinge leisten. Kritik an zu vielen behäbigen Beamten oder ausufernder Bürokratie widerspräche jedoch der deutschen Leitkultur und wäre - wozu das luftige Thema passt - ein Kampf gegen Windmühlenflügel.
Fortsetzung folgt.
1) airbrand.de, Cargolifter AG, Werft Briesen-Brand 1, 15910 Krausnick. Inhaber der Domain: Carsten Rüchel, der bei CargoLifter in Lohn und Brot stand - als "Geschäftsstellenleiter CL-Communications und Projektleiter Produktion und Logistik".
Handelsblatt, Amtliche Bekanntmachungen: 24.09.2003, Amtsgericht Cottbus: 03.09.2003 - Neueintragungen:HRB 6894 Air Brand GmbH , Cottbus (Lieberoser Str. 7, 03046 Cottbus). Gesellschaft mit beschränkter Haftung. Der Gesellschaftsvertrag ist am 2. Mai 2003 abgeschlossen worden. Gegenstand des Unternehmens: Nutzung der Produktions- und Verkehrsanlagen am Standort Brand, die Entwicklung und der Bau von Luftschiffen sowie die Durchführung von Ausstellungen und Führungen im Zusammenhang mit dem Bau von Luftschiffen. Stammkapital: 25.000 EUR, Geschäftsführer:... Daniel G. Lawlor, geb. 17.05.1967, Heinsberg, vertritt die Gesellschaft einzeln..."
3) Ein "Grundsatzpapier" Hans-Georg Engelkens spricht von 320 Millionen Euro. Das Land habe ca. 46 Millionen Euro zugeschossen - aus Mitteln der EU.
4) Neben der Hauptgesellschaft CargoLifter AG für den Bereich Technik: CL Development GmbH (Entwicklungsbetrieb), CL Airship Operations GmbH (Flugbetrieb), CL Industrial Logistics GmbH (Materialwirtschaft und Logistik), Bereich Vertrieb: CL Network GmbH (Vertrieb), CL World GmbH (Marketing/Besucherzentrum), Bereich Infrastruktur: CL Landeplatzbetriebsgesellschaft GmbH Flughafen), Energieversorgung Brand GmbH, CL MAP GmbH, Industriepark Brand GmbH (inaktiv), Bereich Finanzen: CL Finance GmbH, CL Finance B.V (inaktiv)., GFT GmbH (Halter Optionsaktien), Bereich Dienstleistung: CL Communications GmbH (das Rechenzentrum) sowie die CL Inc., die Tochtergesellschaft in den USA. (vgl. CL-Firmenübersicht]
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BURKS ONLINE 29.03.2004 Alle Rechte vorbehalten. Vervielfältigung nur mit Genehmigung des BurksVEB.
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