Sich selbst kultursensibel geißeln

Anna Muzychuk
Source: „Gott und die Welt“ (Felix Kruppa auf Facebook)

Ich muss wieder etwas zum obigen Foto-Ausriss zitieren:
„Im Gegensatz zur ‚ersten feministischen Regierung‘ Schwedens oder beispielsweise Claudia Roth hat die Ukrainerin Anna Muzychuk mit ihrer Entscheidung, an den diesjährigen Schachweltmeisterschaften in Saudi-Arabien nicht teilzunehmen, echte Courage bewiesen. In einem Statement begründet sie, dass sie sich in Riad als Mensch zweiter Klasse fühlen würde.

Zwar hätte sie sich während des Turniers nicht verhüllen müssen, außerhalb aber sollen die Teilnehmerinnen eine Abaya (ein islamisches Überkleid) tragen. Anna Muzychuk kann das nicht mit ihren Prinzipien vereinen, was als Frau die einzig logische Haltung mit Bezug sowohl auf die Frauenrechte in Saudi-Arabien als auch auf die islamische Verschleierung sein kann. Alles andere wäre Selbstgeißelung, die im Falle einiger PolitikerInnen oft als Zeichen der Toleranz oder Kultursensibilität verkauft wird.

Sich als emanzipierte Frau den islamischen Kleiderordnungen zu beugen, bedeutet allerdings auch, Repräsentantin ihrer Symbolik zu werden. Die Tatsache ignorierend, dass die absolute Mehrheit der muslimischen Frauen weltweit nicht in der Lage ist, freiwillig darüber zu entscheiden, ob sie sich verhüllt oder nicht, unterwerfen sich freie Frauen einem patriarchalischen Symbol, das sie zum Besitztum des Mannes degradiert.

Dass die Anbiederung an frauenfeindliche Symbole und Kulturpraktiken nichts mit Offenheit und Toleranz, sondern mit dem Verrat an der eigenen Freiheit und den eigenen Prinzipien einhergeht, hat die 27-jährige Anna Muzychuk hervorragend verstanden, regierende Politikerinnen hingegen nicht.“

Vermutlich ist dem Stammpublikum auch bekannt, dass mir Beifall von der falschen Seite an einem Körperteil vorbeigeht, das ich hier nicht näher bezeichnen will. Ich stimme dem oben Gesagten zu. Es ist mir aber schleierhaft (!), warum kluge und emanzipierte Frauen (Claudia Roth gehört nicht dazu) sich derart zur Äffin machen und vor dem puritanischen und reaktionärem Islam einknicken. Ich versteh’s einfach nicht.

And now for something completely different. Leider habe ich in diesem Jahr nicht viel von dem geschafft, was ich mir vorgenommen hatte. Die E-Book-Ausgabe der Konquistadoren steht immer noch auf meiner To-Do-Liste, dazu auch noch eine ebensolche Version meines Seminars über „Investigative Recherche im Internet“.

In diesem Jahr sind mir Themen über den Weg gelaufen bzw. auf die Füße gefallen, die keinen Aufschub duldeten. Vom Schockwellenreiter habe ich eine Liste bekommen, die ich abarbeiten muss und will: Es geht um Auszeichnungssprachen, die die Welt überdauern etwas dauerhafter sind als das jeweils aktuelle HTML oder WordPress und dergleichen. (Pandoc sieht interessant aus.)

Wenn ich meine Forschungen zu den Vorfahren – also auch zur polnischen und russischen Lokalgeschichte – abgeschlossen haben werde, muss ich die Ergebnisse in irgendein Format bringen, das auch noch in ferner Zukunft lesbar sein wird, sonst machte das keinen Sinn. Das muss ich im Jahr 2018 auf die Reihe kriegen, wie auch immer.

Ja, ich habe auch noch zwei Buchprojekte im Sinn, aber Details verrate ich (noch) nicht.

Ich wollte im nächsten Jahr nach Israel reisen und zudem mein Paddelboot in Klein-Venedig ausprobieren. Auf meiner Wunschliste stehen jetzt auch Montevideo und das Land der Guaraní. Warum hat mir die Vorsehung oder wer auch immer nicht drei Leben geschenkt?

Ich verbringe heute, Silvester und Neujahr wie gewohnt im Krankenhaus (nein, ich bin nicht krank). Mir schwant nichts Gutes.

Guten Rutsch!