Der Konsens ist völkisch

Mir liegt es schon fast auf den Lippen, laut zu rufen: (Meinungs)freiheit für Thilo Sarrazin! Mittlerweile finde ich einige seiner Gegner ekelhafter als ihn selbst.

Einer meiner Gründe, nicht die Grünen zu wählen, heisst bekanntlich Claudia Roth. Die sagt laut Welt, „wenn die Bundesbank Sarrazin nicht abberufen lasse, ‚dann wird aus dem Fall Sarrazin bald ein Fall Bundesbank'“. Da haben wir dann schon einen Fall Roth: Die Grünen-Chefin sollte dringend ihrer Verhältnis zur Meinungsfreiheit überdenken. Wer jetzt Berufsverbot für Sarrazin fordert, der kann auch gleich in die CDU eintreten und Auschwitz mit Bautzen gleichsetzen wie unsere Totalitarismus-Doktrinäre. Was verlangt die Roth denn von den Charaktermasken des Kapitals, die sich in der Deutschen Bank tummeln – einen Rassismus-Tüv a priori?

Ich zitierte am 02.03.2003 (vor sieben Jahren) mich selbst („Nazis sind Pop„):
Wichtigste Ursache für rassistisch motivierte Gewalt ist der politische Konsens, die Nation Deutschland völkisch zu verstehen. „Wir schöpfen unsere Identität nicht aus dem Bekenntnis zu einer Idee, sondern aus der Zugehörigkeit zu einem bestimmten Volk.“ (Wolfgang Schäuble). Deutschland ist das einzige Land Europas, das Einwanderer faktisch und im öffentlichen Diskurs als Menschen zweiter Klasse behandelt: Migranten sind „Ausländer“, also Nicht-Deutsche. Die Nation definiert sich über eine fiktive „Identität“, über eine vermeintliche „Leitkultur“, die als politisches Projekt sowohl die innere Kolonisierung als auch die Selbstethnisierung der Migranten fördert. Deutschland hat sich vom internationalen Diskurs zum Thema „Rassismus“ begrifflich abgekoppelt. (…) Die Dominanz des Unwortes „Ausländerfeindlichkeit“ in den Medien dokumentiert den zentrale Topos des rassistischen Diskurses. Der Begriff suggeriert zum einen, dass rassistische Diskrimierungen sind nicht gegen Afrodeutsche richten oder – noch schlimmer – dass diese keine Deutschen seien, und zum anderen leugnet er zentrale Klammer rechter Ideologien, den Antisemitismus. Ursache rassistischer Vorurteile sind daher auch affirmative „Multikulti“-Diskurse im Schulunterricht, die Vorurteile nicht abbauen, sondern in der Regel verstärken. Dieser Diskurs verschweigt, dass „Kultur“ oder „Ethnizitit“ immer fiktive politische Projekte sind, die gesellschaftliche Machtverhältnisse thematisieren.

Hat sich daran etwas geändert? Natürlich nicht. Sarrazin spricht das aus, was die Mehrheit denkt und was jahrzehntelang quasi offizielle Staatslehre war.

Was ist jedoch ein rechtspopulistischer Faselheini wie Sarrazin gegen diejenigen Akteure des Kapitalismus, die um des Profits willen Menschen hungern lassen? „Die Verlierer des Spiels sind die Ärmsten der Armen.“ Quod erat demonstrandum. Das ist kein Bug des Kapitalismus, das ist ein Feature.




Passport

Passport“ und Doldinger – so hieß die erste Schallplatte, die ich mir in meinem Leben gekauft habe – irgendwann in die 70-ern…




Barbier des Vertrauens

Rixdorf

Heute habe ich mir eine Nassrasur beim türkischen Barbier meine Vertrauens gegönnt. Der Viereinhalb-Tage-Bart musste ab. Sechs Euro mit allen Schikanen (inklusive des Entfernens der Härchen in den Ohren, die bei älteren Herren wie mir unmotiviert wachsen). Ich fühlte mich danach, als wäre ich frisch geduscht und von einer Haremsdame mit exotischen Ölen gesalbt worden. Was schmieren die einem da auf’s Kinn und auf die Wangen? Bei Aldi habe das das noch nie gerochen. Jedenfalls war es extrem angenehm.




Alice, bitte weggucken!

Gor

Das ist ja wieder nur so ein frauenfeindlicher Kram, also einfach weggucken. So ein Möbelladen würde im realen Leben ähnliche Reaktionen hervorrufen wie Sarrazin…(Ja, verdammt, das ist mein Avatar, der da steht und glotzt!)




Sicherungsverwahrung

Sicherungsverwahrung – das ist ein schönes Wort, dass den Urgrund der deutschen Seele widerspiegelt. Es kling ähnlich wie Kinderkarten, Blitzkrieg, Berufsverbot, Telekommunikationsüberwachungsverordnung und Durchführungsbestimmung, Begriffe, mit denen ich Ausländern immer erklärt habe und erkläre, was deutsch ist und meint. Wenn sie dann noch „Streichholzschächtelchen“ fehlerfrei aussprechen können, sind sie reif für die deutsche Staatsbürgerschaft und die Beamtenlaufbahn.

Auf Wikipedia lesen wir: „Die Sicherungsverwahrung (fälschlich Sicherheitsverwahrung genannt) ist im deutschen Strafrecht eine freiheitsentziehende Maßregel der Besserung und Sicherung. Sie soll dazu dienen, die Allgemeinheit vor gefährlichen Straftätern zu schützen.“

Schutz, Schutzzoll, Schutztruppe, Schutzgebühr, Jugendschutz – auch bei der Zeichenkette „schutz“ sollte man aufhorchen. Es ist im Deutschen meistens etwas anderes drin als draufsteht – meistens ist es Neusprech und meint just das Gegenteil des Suggerierten. Wenn man jemanden umbringt, es das im Behördendeutsch eine lebensentziehende Maßnahme, und wenn ich jemanden zusammenschlüge, dann würde ihm das vermutlich zeitweilig die Gesundheit entziehen.

Um eine lange Geschichte kurz zu machen: Die so genannte Sicherheitsverwahrung führt durch die Hintertür die lebenslange Freiheitsstrafe ein, auch wenn die gar nicht ausgesprochen wurde. Grund genug, dass bei dem Thema reaktionäre Faselheinis jedweder politischer Couleur populistisch herumgeifern. Allen voran Beate Merk (CSU, Bayern, Justiz(!)ministerin): „Wir müssen gemeinsam alles in unserer Macht stehende tun, um die Freilassung hochgefährlicher Triebtäter zu verhindern.“ Die Hausbesetzer der frühen achtziger Jahre (ich war dabei) hätten diese juristische These knapper formuliert: legal, illegal, scheißegal. Oder wie der Volksmund: Rübe ab.

„Wie oben erwähnt setzten erst die Nationalsozialisten mit dem Gewohnheitsverbrechergesetz vom 24. November 1933 (RGBl. I 995) einen Vorschlag zur Sicherungsverwahrung in die Tat um. Unklar ist, ob sie dieses eigenständig ausarbeiteten oder ob sie es adaptierten.“ Die CSU möchte Sondergerichte, um eine Sonderbehandlung bestimmter Straftäter durchzusetzen. Ich frage mich, wie dünn der Firnis der Zivilisation in Deutschland ist: Man muss nur ein wenig kratzen, und schon erscheint das Kackbraune wieder; in Bayern reicht offenbar ein leichte Pusten.

Nur gut, dass der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EUGH) entschieden hat, dass das deutsche Gesetz Unrecht ist.

In einer Vorabmelduing zum neuen Spiegel heisst es nun: „Der Essener Psychiater Norbert Leygraf (Spiegel Offline geruhte nicht, diesen Link zu setzen) hält den von der Bundesregierung präsentierten Kompromiss zur Sicherungsverwahrung für ’schrecklich unausgegoren‘. (…) Entweder die Regelung sei ’so restriktiv, dass sie praktisch nicht angewandt werden kann“; oder sie werde sehr weit gefasst, ‚dann besteht die große Gefahr, dass sie vom Straßburger Gerichtshof für Menschenrechte wieder kassiert wird‘.“

Es wäre ja noch schöner, wenn deutsche Politiker die Rechtsprechung des EuGH einfach anerkennen würden, wenn die ihnen nicht in den innenpolitischen Kram passt. Ehrlich gesagt – ich verstehe das Problem gar nicht. Wenn man jemanden lebenslang einsperrt auf Grund der Gesetze, die das möglich machen, dann soll man das tun, wenn es Gründe dafür geben sollte. Wenn nicht, dann sollte man auch nicht jammern, wenn jemand irgendwann wieder freikommt. Schafft die „Sicherheitsverwahrung“ ab!




City of Rhyta

RhytaRhyta




Sie werden assimiliert, revisited

Ich verstehe das mediale Rauschen über Thilo Sarrazin nicht. Man kann seinen Thesen nur deshalb nicht entgehen, weil alle Medien sie breit wie Quark treten – inklusive Vorabdruck im Spiegel und Promotion in Bild.

Sarrazins Sprechblasen sind doch nichts Neues, Roland Koch und viele andere haben Ähnliches gesagt, schon seit Jahrzehnten. „Kulturelle Identität“ – wer ist eigentlich identisch mit was? Ich konnte mit dem Begriff noch nie etwas anfangen. Wenn man in diese Blase piekst, gibt es ein dumpfes Plopp und der vorher schon gar nicht real existierende Inhalt verschwindet spurenlos. Es ist nur zum Gähnen. Darf ich an meinen hiesigen Artikel vom 26.06.2007 erinnern?

Was also ist und zu welchem Ende betreiben wir also Integration? Ulrich Herbert hat das in seinem klugen Buch über die „Geschichte der Ausländerpolitik in Deutschland“ (erschienen 2000) knapp formuliert: „Tatsächlich aber wird die Debatte um den Zuzug von Ausländern in Deutschland seit etwas 120 Jahren unter den im wesentliche gleichen Fragestellungen und mit den gleichen Frontlinien geführt.“ Wo also bitte geht’s zur Front?

Integration bedeutet: Die Ware Arbeitskraft sollte dem Markt potenziell uneingeschränkt zur Verfügung stehen. Die große Illusion ist: Einwanderung, also die Mobilität von Menschen, sei politisch, ökonomisch und juristisch steuerbar. Dieser Fiktion unterliegen beide „Parteien“: Völkische Lobbyisten wie Schäuble, die von einer Kulturnation unter dem Banner der Verehrung bestimmter höherer Wesen träumen, denken irrig, man könne durch Vorschriften das eherne Gesetz des Kapitalimus außer Kraft setzten – dass die Ware Arbeitskraft dorthin geht, wo es Arbeit gibt. Wer hingegen die Grenzen in Europa niederreißen will, argumentiert moralisch hochwertig, löst aber kein Problem und keinen Konflikt.

Man muss dem Kerl dankbar sein. Niemand spricht deutlicher aus, was das Kapital über die Ware Arbeitskraft denkt. Nicht vergessen: Sarrazin ist bei der Bundebank. Die denken so, sie müssen so denken als Charaktermasken und Erfüllungsgehilfen der eisernen ökonomischen Gesetze. Wie Marx es schlicht formulierte: „Aber es handelt sich hier um die Personen nur, soweit sie die Personifikation ökonomischer Kategorien sind, Träger von bestimmten Klassenverhältnissen und Interessen. Weniger als jeder andere kann mein Standpunkt, der die Entwicklung der ökonomischen Gesellschaftsformation als einen naturgeschichtlichen Prozeß auffaßt, den einzelnen verantwortlich machen für Verhältnisse, deren Geschöpf er sozial bleibt, sosehr er sich auch subjektiv über sie erheben mag.“

Sarrazin hält sich nicht mit Sozialgedöns auf, mit Pseudo-Moraltheologie à la Ex-Bischöfin K., das die Köpfe der Leute doch nur benebelt mit der irrigen Idee, man müsse nur genügend nett zueinander sein, damit der Kapitalismus Reichtum und Glück für alle schaffe. Sarrazin ist die Posaune des nackten Kapitalinteresses: Der Mensch ist kein Mensch, sondern nur die Ware Arbeitskraft, die nützlich ist oder eben nicht. Das Sarrazinsche Gefasel über den Islam ist irrelevant. Vor 150 Jahren hätte er den Katholizismus der eingewanderten Polen genommen, um Einwandererbashing zu betreiben.

Der Titel des Buches führt in die Irre. Es geht um nur eine Frage: Wie soll das Deutsche an sich, das eine Fiktion ist, definiert werden, dass es dem Verwertungsinteresse dem Kapital am meisten nützt? Unnütze Esser steckt man heute nicht mehr ins KZ, sondern lässt sie gar nicht mehr hinein ins Land. Die industrielle Reservearmee ist schon groß genug, um die Arbeiter niederzuhalten und auszubeuten, ohne dass sie das Wort Rebellion auch nur buchstabieren könnten.

Die Salonfaschisten in der Jungen Freiheit geben die Ergüsse Sarrazins kommentarlos wieder. Den Lesern muss das nicht erklärt werden, die verstehen sofort. Das kennen sie von der NPD auch, nur dämlicher formuliert.

Hübsch fand ich Nics Blog über Sarrazins prophetischen Versuche, etwas über Deutschland Demografie in 300 Jahren (!) zu sagen: „So wichtig hat sich nicht einmal das römische Imperium genommen.“




Helmut Markwort und Franck Ribérys Affären

Warum ein in Artikel über Franck Ribérys (by the way: wer ist das?) Affären nicht im „Focus“ erscheinen konnte, steht hier.




Arschkriechende Karnickel

„Die Profis sterben aus und die Arschlöcher vermehren sich wie die Kaninchen.“ (Hans R. Beierlein, Medienmanager, im aktuellen Spiegel (Print))




Wie die alten Rittersleut 2.0

Tafa

Wenn mir grad nichts einfällt zum Bloggen, kann ich immer noch Screenshots posten – hier ein Schwertturnier in Tafa.




Piraten gegen Rechtsextremismus

Piraten gegen Rechtsextremismus




Es bleibt etwas hängen (2. update)

Jetzt habe ich endlich eine ganz eigene Verschwörungstheorie. Kinderpornografie und Bombenbauanleitungen im Internet – so was kenn ich ja schon (auch als Vorwurf meiner dünnbrettbohrigen Feinde, um mich fertigzumachen). Hier ist laut Zeit Online eine neue Version: „Wikileaks-Gründer unter Vergewaltigungsverdacht“.

Verdacht. Darum geht es. Kachelmann stand „unter Verdacht“, und schon wollte man ihn aus der Firma drängen und aus seiner Wohnung. In den Medien heisst es dann: „Wirbel um“, „umstritten“, wurde verdächtigt“.

Ich bin auch „umstritten“ und stand „unter Verdacht“. Als ich meine Akten durchlas, in denen es um den Vorwurf ging, ich hätte eine „Bombenbauanleitung“ ins Internet gestellt, tauchten dort zahlreiche Anzeigen von Neonazis und ähnlichen Gesellen gegen mich auf – wegen „Beleidigung“ usw.. Die waren zwar alle eingestellt worden, weil nichts dran war, aber so etwas verschwindet in Deutschland nicht und macht bei einem Richter, der sich den Quatsch dann nur flüchtig durchliest, einen „guten“ Eindruck. Und auf so etwas spekulieren natürlich Staatsanwälte.

Es bleibt etwas hängen. Wie bei dem „riesigen Kinderporno-Skandal“ oder bei anderen Luftnummern. Nicht nur die Medien, sondern natürlich auch die Rezipienten haben ein Gedächnis wie das einer Drosophila. Man muss heute Gegner nicht bekämpfen. Man muss ihnen nur etwas vorwerfen, das emotional besetzt ist. Ungefähr in dieser Reihenfolge: Kinderpornografie, Vergewaltigung, Bombenbauanleitung, Pornografie.

Wenn mir mal wenigstens jemand Blasphemie vorwerfen würde – das machte wenigstens Spaß. Oder virtuellen Drogenhandel – in Second Life etwa. A propos: Wenn ich meinen Artikel über Gor fertig habe, kommt das bestimmt auch noch – eine Anklage wegen Vergewaltigung eines Avatars. Einem deutschen Jugendschutzwart traue ich so gut wie alles zu.

Es bleibt schon etwas hängen, auch wenn die, die sich gegen einen „Verdacht“ wehren müssen, unschuldig wie ein Osterlamm sind.

Ich freu mich schon auf die Kommentare im Heise-Forum zum Thema.

Update „Schwedens Justiz hat den Vergewaltigungs-Verdacht gegen Julian Assange zurückgenommen. Die Behörde hob am Samstagnachmittag den Haftbefehl gegen den 39-jährigen Australier wieder auf, der am Vorabend ausgestellt worden war. Behördensprecherin Eva Finné erklärte: ‚Es gibt für mich keinen Grund zu dem Verdacht mehr, dass er eine Vergewaltigung begangen hat.'“ (Heise)

Wikileaks? Stand der Chef von Wikileaks nicht mal unter dem Verdacht, zwei Frauen vergewaltigt zu haben? Quod erat demonstrandum.

2. update: Stockholm News: „The 30-year-old woman said that she, for her part claims to be a victim of molestation, but not a rape.“ Wer hat eigentlich den Vorwurf der „Vergewaltigung“ in die Welt gebracht? Spiegel Offline? oder golem.de? Die beiden betroffenen Frauen jedenfalls nicht.




Loveparade 2010 Duisburg planning documents, 2007-2010

Wikileaks: „Diese Dokumentensammlung betrifft die Loveparade vom 24. Juli 2010 in Duisburg, bei der eine Massenpanik zu 21 Toten und 511 Verletzten führte. Die Unterlagen beziehen sich auf: den Planungs- und Genehmigungsprozess innerhalb der städtischen Behörden und mit dem Veranstalter, den Ablauf des Events und nachträgliche Dokumentationen einschließlich Ausnahmegenehmigungen, Eventsektorplänen, Meetingprotokollen diverser Arbeitsgruppen (z.B. zu Verkehr und Sicherheit), Eventbeschreibungen, Polizeimaßnahmen, Besucherschätzungen, ein Ereignisprotokoll, Anwohnerbericht und Fotos.“

Ich frage mich,w arum das bei wikileaks steht und nicht auf der Website eines qualitätsjournalistischen deutschen Mediums? Haben die Angst vor Kompanien von Anwälten, die dann in Bewegung gesetzte würden? Das ist doch in öffentlichem Interesse! Wenn es das nicht ist, dann weiß ich nicht, was sonst noch von öffentlichem Interesse ist. Ein Beispiel, wie wichtig Wikileaks ist!

Wer kritisiert noch mal Wikileaks? Reporter ohne Grenzen (vgl. auch ROG wendehälsisch) , Amnesty International, der Spiegel („Spiegel-Online-Chefredakteur Rüdiger Ditz begründete seine anfängliche Zurückhaltung dem Video gegenüber mit der mangelnden redaktionellen Einordnung“). Hinterher auf den fahrenen Zug aufzuspringen gilt nicht!

Man merkt doch immer wieder, wie groß der Kluft zwischen den klassischen Medien und den traditionellen Organisationen sind, die gefühlt auf der Seite der Guten stehen, und denen, die schon im Internet-Zeitalter angekommen sein – eine kleine, leider nicht sehr radikale Minderheit nur (OMG, jetzt faseln die auch schon was von einer „Internet-Präsenz“! Heisst ein Parteibüro in Zukunft „Offline-Präsenz“?). Ach was, es ist keine Kluft, es ist ein Grand Canyon.




Contentmafia: Filme klauen ist wie Kinder schänden

„Die Musikgemeinschaft, die wir repräsentieren, hält es für lebenswichtig, dass jegliche Initiative für ein Internet-Regelwerk die Provider und andere Vermittler ermutigt und ermächtigt, Maßnahmen zu ergreifen zur Abschreckung unrechtmäßiger Aktivitäten wie Urheberrechtsverletzung und Kinderpornografie.“ (via Fefe, Heise)




Truecrypt und der kurze Weg zum Superkriminellen

Jetzt schlägt es doch dem Fass den Boden in’s Gesicht. Via lawblog: “ Was waren die Gründe für den Staatsanwalt, von erhöhter krimineller Energie und konspirativem Vorgehen zu sprechen? Nun, es war festgestellt worden, dass mein Mandant auf seinem Rechner TOR nutzen kann. Außerdem hatte er Truecrypt installiert.“

Wer seine Haustär verschließt, ist kriminell, weil er es den hausdurchsuchenden Beamten schwer macht. Ich habe sogar ein Stangenschloss vor der Tür – ich bin superkriminell. Ich nutze auch Tor und Truecrpyt. Und ich verschlüssele wichtige E-Mails.

Ein hübscher Kommentar dort: „Nicht auszudenken, welches Strafmaß die Staatsanwaltschaft fordern würde, wenn er dann auch noch Linux / BSD / Hurd anstatt Windows/OSX verwendet hätte. Wahrscheinlich wäre laut der Anklage selbst ein Mac genug, um als subversiv zu gelten.“

Nur gut, dass dieses Urteil diesem DAU-Gericht in den höheren Instanzen um die Ohren gehauen werden wird.




John F. Kennedy zur Online-Durchsuchung

Das war ja zu erwarten: Die einflussreichste Ente des letzten Jahrzehnts watschelt immer noch. Hinter den sieben Bergen bei den sieben Zwergen (aka Schweiz) ist alles ein weniger langsamer, aber jetzt quakt es auch dort. Wie 20 Minuten Online berichtet, gibt es nur zwei Denkschulen: Die einen wollen im Männer im Kreis um ein Feuer tanzen lassen, damit es bald regnet, und die anderen sagen, das sei grob sittenwidrig und auch Frauen müsse das erlaubt sein.

Halt! So war es gar nicht. Die einen wollen private Computer behördlicherseits heimlich überwachen und die anderen sind dagegen, weil das obrigkeitsstaatlich undsoweiter sei.

Also führen wir schnell eine dritte Denkschule ein, um die schweizer Diskussion aufzulockern. Ganz egal, ob Männer oder Frauen im Kreis tanzen, das hat nichts mit dem Regen zu tun. Ganz egal, ob man einen „Bundestrojaner“ blöd findet oder nicht – ihn gab es noch nie, ihn gibt es noch nicht und es wird ihn so, wie DAUs sich das vorstellen, nie geben. Punktum. Es ist ein Hoax, ein Mythos, eine urbane Legende, eine frommes Überwachungsmärchen, aus den feuchten Wunschträumen der Zensur-Lobby entschlüpft, gar nicht wahr, eine Ente, alles gelogen und noch nicht mal gut erfunden, die Welt als Wille und Vorstellung – muss ich noch deutlicher werden?

John F. Kennedy wird der Satz zugeschrieben: „Der größte Feind der Wahrheit ist nicht die Lüge – absichtsvoll, künstlich, unehrlich -, sondern der Mythos – fortdauernd, verführerisch und unrealistisch.“

Besser kann man es nicht beschreiben. Der Mythos von der real gar nicht existierenden „Online-Durchsuchung“ wirkt deshalb, weil er fortdauernd wiederholt wird – von dämlichen Journalisten, die von den technischen Hintergründen gar nichts wissen wollen, von eitlen Möchtegern-Hackern, die sich mit ihrem vermeintlichem Allwissen brüsten, von Verschwörungstheoretikern („der Staat/die NSA/der Mossad sind schon drin“), von selbst ernannten Experten, die vor jedes Mikrofon springen, das ihnen hingehalten wird, aber eine Waschmaschine nicht von einem Kühlschrank und einen Algorithmus nicht von einem Oktopus unterscheiden können.

Verführerisch, weil es so schön sexy ist, wie aus einem Hollywood-Movie entsprungen, dort, wo der Hacker als Schamane des 21. Jahrhunderts mit seinen magischen Fähigkeiten in alles Digitale eindringt, was nicht bei drei auf dem nächsten Baum ist. Sexy besonders für die Gegner, weil man mit der Ente schon herumwedeln und vor dem ultrabösen Staat warnen kann.

„Auch bürgerliche Parteien sind skeptisch gegen die Computer-Überwachung: Der SVP etwa sind die Anforderungen für den Einsatz von Trojanern nicht hoch genug, wie sie in einer Stellungnahme schreibt. Die CVP meldet ‚gewisse Vorbehalte‘ an und die FDP befürchtet ’schwerwiegende Folgen‘ für die infizierten Computer.“

Das ist doch zum Kringeln! Sie gehen schon von „Trojanern“ aus, obwohl die vermutlich gar nicht wissen, was das ist. Magie eben. „Die“ können das „irgendwie“. Haben wir doch im Fernsehen gesehen. Oder im „Tatort“, wo ein Hacker mit einem Laptop auf einem Hochhaus steht und die Verkehrsampeln ausschaltet.

Unrealistisch sowieso. Aber deswegen ist der Mythos ja einer – im Gegensatz zur Wahrheit. Die Zahnpasta ist aus der Tube und ich könne 77 Büchern über den Hoax „Online-Durchsuchung“ schrieben, es würde nichts nützen.

Was lesen wir über Rheinland-Pfalz? „Mit der gesetzlichen Zulassung von Online-Durchsuchungen dürfen rheinland-pfälzische Ermittler künftig zudem verdeckt auf Computer von Terrorverdächtigen und Schwerkriminellen zugreifen.“ hat auch nur einer der Journalisten, die sich das Gefasel des dortigen Innen-Daus anhörten oder darüber schrieben, gefragt, wie das geschehen, also technisch umgesetzt werden soll? Nein, niemand. Wieso? Sind die Medien gleichgeschaltet? Droht ein Bußgeld, wenn man Fragen stellt als Journalist? Nein, aber bei einem Mythos denkt eben niemand nach. Kopf ab zum Gebet.

Mich ärgert auch die schlampige Formulierung bei Heise. „Die rheinland-pfälzische Polizei erhält damit die Befugnis, Programme auf IT-Systemen zu installieren, die ein Mitschneiden von Kommunikation etwa in Form von Internet-Telefonie noch vor einer Verschlüsselung erlauben (Quellen-TKÜ). Voraussetzung für die Maßnahme ist ein richterlicher Beschluss.“

Natürlich kann man Spionage-Programme auf Rechnern installieren, wenn man den physischen Zugriff hat. Aber ist das bei einem verdächtigen Privatier realistisch? „Heimlich online“ geht es nicht.

Das Mitschneiden der Kommunikation hat uns schon Rot-Grün beschwert in Form der (Luftholen vor dem Aussprechen des Wortes nicht vergessen) Telekommunikations-Überwachungsverordnung (TKÜV) und der SINA-Box. Das Abhören hat aber rein gar nichts mit der „Online-Durchsuchung“ zu tun, es handelt sich auch um zwei völlig verschiedene Rechtsgrundlagen. Wieso muss man das immer total durcheinanderwürfeln? Nur um irgendwann das sexy Wort „Online-Durchsuchung“ unterbringen zu können?




Sonnenaufgang in der Wüste 2.0

Aretai

Eine deutsche Gor-Sim – die Oase Torburg – Aretai in der Tahari-Wüste. By the way: Kein deutscher Jugendschutzwart traut sich hierhin – er würde sofort virtuell erschossen (von meinem Avatar persönlich).




Illiquide Piratenschwarmintelligenz-Software, revisited

Zu meinem jüngsten Posting hier „Illiquide Piratenschwarmintelligenz-Software“ gibt es jetzt einen wunderbaren Beitrag auf Feder & Herd, der das alles gut zusammenfasst, was ich schon gesagt habe und auch weiterhin sagen werden:

„Liquid Feedback spaltet im Moment die Partei, wie kein anderes Thema zuvor. An sich ist es nicht mal Liquid Feedback selbst, sondern die Art wie damit umgegangen wird. (…) Andere Politik ist nicht: … auf dem Bundesparteitag mit jedem nur möglichen Mittel Liquid Feedback als Thema allen Anderen vorzuziehen und es auf Biegen und Brechen durchzuboxen. Das ist Lobbypolitik. Eine kleine, einflußreiche Gruppe möchte Thema X unbedingt durchbringen und zieht alle Register. (…) Das für die federführenden hinter Liquid Feedback doch die Welt untergegangen wäre und sie auf Kritik auch massiv beleidigt reagieren, zeigt, dass hier nicht die Sache im Vordergrund steht, sondern das Ego.“

Etwas Ähnliches habe ich auf dem Berliner Parteitag der Piraten auch gesagt, bin aber niedergestimmt worden. Alle waren besoffen von sich selbst. Ich bin gespannt, wie das weitergeht…




Tweet of the day 27

„This document is confidential“ http://gg.ly/cmm2sR (via harper)

Ich habe mal eine eigene Version gemacht.




Tweet of the day 26

„Dortmund-Fans haben #google #streetview Löschung des Schalke-Stadions beantragt. Grund: hässlich“ (via zeitrafferin)