Natürlich verfolge ich - aus bloßer Neugier und aus sportlichen Gründen - das Tagebuch des Spiegel online-Avatars Sponto in Secondlife. Und mit Schadenfreude sah ich, dass der französische Präsidentschaftskandidat Nicolas Sarkozy nicht mehr virtuelle Leute auf die "Beine" brachte als wir bei unserem jüngsten Journalistentreffen. Die wohlwollenden Leserinnen und geneigten Leser von spiggel.de bekommen aber hier mehr geboten: Ich erlebe etwas aufregendere Dinge als Sponto, wenn man das überhaupt als aufregend bezeichnen kann. (Kann man nicht, weil es unsinnlich ist, aber wir tun mal einfach so.)
Ich habe mir also zum x-ten Mal meinen wunderschönen Oldtimer angesehen, mit meiner Pistole herumgespielt und mich in nächster Umgebung umgschaut. (Nein, die U-Bahn fährt nicht.) Ein grünes Raumschiff, das ich auf der SecondLife-Karte von ganz oben sah, ähnlich wie bei Google Earth, interessierte mich (der winzige schwarze Punkt rechts unten bin ich.) Außer einem virtuellen Klo gab es aber wieder Mal nichts Interessantes im Inneren.
Spaß macht es mir, mit meinem schwarzen Hubschrauber irgendwo aufzutauchen und knapp über den Avataren herumzufliegen. In der realen Welt wäre ein solches Fluggerät Anlass für Verschwörungstheorien. Noch schöner ist meine grüne Ufo-Kugel, die sanft auf- und absteigt und dann plötzlich scharfe Kurven macht und mit den fliegenden Avataren zusammenbrettert. Wenn sie sanft landet und piepsende Töne von sich gibt und mein Avatar dann herausklettert, sind einige SecondLife-Bewohner immer wieder überrascht.
Klicken Sie auf ein Bild, um die Fotostrecke zu starten (19 Bilder) Man kann die Leute auch richtig ärgern und bei ihren sinnfreien sozialen Geräuschen - Chat genannt - stören. Irgendwo fand ich eine deutschtümelnde Altstadt mit virtuellem Kopfsteinpflaster im Mondschein. In einer Ecke des Areals holte ich meinen Oldtimer hervor und knatterte mitten durch die "Fußgängerzone" durch die "schnatternde" Avatare, stellte das Auto ab, legte mich dann in einen Sarg in der Kirche und versuchte anschließend, unter großem Lärm und mit heulendem Motor auch mit dem Auto in die Verehrungsstätte für höhere Wesen hineinzukommen. Der Eigentümer des Areals teleportiere mich mitsamt meinem Wagen schnell hinaus. Man muss sich eben benehmen, auch virtuell.
Apropos: Sex sells. Aber welch ein Quatsch ist das in SecondLife! Es mag ja ganz lustig sein, wenn die Avatarinnen mit fast bloßen Brüsten herumstehen. Aber das habe ich alles schon in Natura gesehen, und sogar noch hübscher. Die Babyface-Puttchen und die dazu passenden Gesichter, die man sich in den zahllosen Läden kaufen kann, sind doch eher etwas für den Dieter-Bohlen-Geschmack. Auch wenn es hier niemand glaubt: Ich stehe auf intelligente Frauen über 30, die auch so aussehen. Das musste jetzt mal gesagt werden.
Das Dämlichste weit und breit war die Striptease-Bar, in die ich geriet. Wer von Berufs wegen schreiben kann, sollte das Wort "unbeschreiblich" meiden, weil das ein Armutszeugnis wäre - ein Journalist sollte alles beschreiben können oder das Maul halten. Aber diese virtuelle Bar - ich wiederhole mich - war wirklich unbeschreiblich bescheuert. Die LeserInnen können sich gern davon überzeugen. |