Eiternde Wander=Zellen

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Deutsche Kulturbilder der Berliner Morgenpost – diese „Postkarte“ ist eine „Quittung der Berliner Morgenpost über 55 Pfennig für die 17. Woche vom 26.04. bis 02.05.1931“.

Im Menschen-Blut schwimmen 25 Milliarden weiße Blutkörper. Sie sind die „Schutz=Polizei“ unseres Körpers, vernichten z.B. Bakterien, die in Wunden eindringen, und verlassen dann den Körper als Eiter.




Blutstropfen

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Deutsche Kulturbilder der Berliner Morgenpost – diese „Postkarte“ ist eine „Quittung der Berliner Morgenpost über 55 Pfennig für die 16. Woche vom 19.04. bis 25.04.1931“.

„Teil eines Blutstropfens unter dem Mikroskop“ – es ist irgendwie niedlich, dass die das damals gezeichnet haben, wahrscheinlich wäre Foto im Druck zu teuer gewesen. Ab wann kann man Dinge unter einem Mikroskop fotografieren?




Der Menschen=Körper und der Blutkreislauf

Morgenpost

Deutsche Kulturbilder der Berliner Morgenpost – diese „Postkarte“ ist eine „Quittung der Berliner Morgenpost über 60 55 Pfennig für die 14. Woche vom 05.04. bis 11.04.1931″.




Heute ein Stück Wurst und morgen ein Kotelett und dann abends einen Hering

Morgenpost

Deutsche Kulturbilder der Berliner Morgenpost – diese „Postkarte“ ist eine Quittung der Berliner Morgenpost „über 60 Pfennig für die 12. Woche vom 22.3. bis 28.03.1931“.

„Vergleich eines Muskels (oben) mit einem Auto=Motor (unten)“

Der Naturforscher kann nicht ohne Schmerz zu den Menschen des Alltags vom Muskel reden. Da ißt jung und alt sozusagen täglich Fleisch. Heute ein Stück Wurst und morgen ein Kotelett und übermorgen Schabefleisch und dann abends einen Hering – sie zerschneiden und schlagen, salzen und wässern, kochen und zersäbeln das Fleisch und dann zerfasern sie es mit ihren Gabeln und stecken es in den Mund und kauen es und schlucken es herunter – und wer von ihnen allen denkt einmal darüber nach, was wohl das Fleisch sei?




Die Ungleichheit der Körper=Hälften

Morgenpost

Deutsche Kulturbilder der Berliner Morgenpost – diese „Postkarte“ ist eine Quittung der Berliner Morgenpost „über 60 Pfennig für die 13. Woche vom 29.3. bis 4.4.1931“.

Es ist dem Menschen nicht möglich, mit verbundenen Augen gradeaus zu gehen. Der Mann, der von a nach b gehen soll, weicht unfehlbar seitlich nach der einen oder der anderen Richtung ab.

Der Mensch ist zwar in seinen Grundzügen zweiseitig symmetrisch gebaut. In gewissen Einzelheiten aber ist die Gleicheit der Körper-Hälften durchbrochen. (…) Im Nebel, in Wüsten und über Schneefelder bewegt man sich aus diesem Grunde leicht im Kreise. und es gibt Fälle, in denen Ruderer bei Nacht das Ufer ohne Kompaß nicht erreichten, Verirrte nicht aus tiefen Wäldern fanden und Wüsten-Wanderer zwei-, ja drei- und viermal zum Ausgangs-Punkt zurückkamen, weil sie sich im Kreise bewegten. Nichts in der Natur ist sinnlos. Auch dieses „Kreisen“ nicht. Infolge der automatischen Kreis=-ewegung verirren sich Tiere selten weit von ihrem Heimatort, auch in Steppen, Wüsten und Urwäldern nicht. Die Asymmetrie ihres Körperbaus bringt sih nach „Planlosen“ Streifereen wider zum Ausgang-Punkt zurück. Die Asymmetrie des Körperbaus ist die naturwissenschaftliche Grundlage der „Heimat“.

Eine kühne These, der ich nicht ganz folgen kann. Interessant übrigens, dass man 1931 Symmetrie schon mit zwei m schrieb.




Ankunft des Riesen Machnow

Morgenpost

Deutsche Kulturbilder der Berliner Morgenpost Februar 1931 – diese „Postkarte“ ist eine Quittung der Berliner Morgenpost „über 60 Pfennig für die 11. Woche vom 15.03. bis 21.03.1931“.

Der größte in Europa gemessene Mensch ist der Österreicher Winkelmeyer, der 2,78 m hoch wurde. 10 cm wenger maß der Engländer O’Brin, der durch die Londoner Straßen spazierte und sich seine Pfeife an Laternen anzündete. (…) Der berühmte englische Anatom Hunter wollte durchaus den Körper dieses Riesen for seine anatomische Sammlung haben. Aber er konnte den Riesen selbst gegen große Versprechungen nicht bewegen, ihm für den Fall, daß er früher sterbe als der Professor, seinen Körper zu verkaufen. Als Hunter mit seinem Angebot nicht nachließ, bekam es der Riese mit der Angst zu tun und schloß mit einigen Fischern einen Vertrag, daß diese seinen Leichnam aufs Meer fahren und dann ins Wasser werfen sollten. Doch er hatte seine Rechnung zwar mit dem Himmel und mit den Fischern aber nicht mit dem anatomen gemacht. Dieser bestach die Fioscher, daß sie ihm den od des Riesen mitteilen sollten, und als es einen Tages soweit war, fuhr er mit den Fischern und dem toten Riesen hinaus, sah zu, wie die Fischer den Leichnam ins Wasser warfen und so ihre Pflicht erledigten, und fischte dann den Körper heraus. Mit der Beute fuhr er heim, und noch gheute sieht man das Skelett des Riesen in der berühmten Hunterschen Sammlung in London.

Diese Geschichte erschien mir anfangs doch ein wenig zu phantastisch. Heute würde sich sowieso eine Kompanie Rechtsanwälte händereibend einmischen. Nach einer kurzen Recherche stellte sich heraus, dass die „Berliner Morgenpost“ den Namen des Riesen falsch geschrieben hatte – er hieß O’Brien oder auch Charles Byrne. Über ihn gibt es sogar einen Roman: The Giant, O’Brien“ von Hilary Mantel. Bilder vom Skelett fand ich auf thetallestman.com.

Heute würde man die Angelegenheit „pietätlos“ nennen. Wahrscheinlich ist sogar „Riese“ nicht mehr politisch korrekt. Vermutlich sagt „man“ in sprachpolizeilichen Kreisen „hochwüchsig“.




Das Wachstum und der Krähwinkel

Morgenpost

Deutsche Kulturbilder der Berliner Morgenpost Februar 1931 – diese „Postkarte“ ist eine Quittung der Berliner Morgenpost „über 60 Pfennig für die 10. Woche vom 08.03. bis 14.03.1931“.

„Der neugeborene Mensch ist eine Zellen-Großeinheit. Jener ist ein ‚Krähwinkel‘, jener ein ‚Berlin'“. Neu in meinen Wortschaft importiert: „Krähwinkel„. Laut Wörterbuch der deutschen Sprache:
Krähwinkel Ortsname, auch Kra-, Kreh-, Kran-, Kram-, Grauwinkel, eigentl. ‘Ort, wo Krähen nisten’, übertragen ‘provinzielle, spießbürgerliche, schwatzhafte Kleinstadt’; literarisch zuerst bei Jean Paul (1801), dann bei Kotzebue (1803).




Automatische Ölschmierung und kein Update

Morgenpost

Deutsche Kulturbilder der Berliner Morgenpost Februar 1931 – diese „Postkarte“ ist eine Quittung der Berliner Morgenpost „über 60 Pfennig für die 08. Woche vom 22.02. bis 28.02.1931“.

„Man überlege einmal, was das heißt: einen Motor in sich zu haben, der 70 Jahre ohne Unterbrechung läuft, der niemals repariert, nicht ein einziges Mal überholt wird, den man nicht zu schmieren und zu putzen braucht. Der, wenn man nur vernünftig mit ihm umgeht und ihm nicht allzuviel zumutet, ununterbrochen seine Dienste tut. Der sich immer selbst instand hält, automatische Ölschmierung besitzt und jeden Morgen ‚wie neu geboren‘ aus der Garage des Nachtschlafes vorrollt.“

Der Homo sapiens wäre nie an die Spitze der Nahrungskette gelangt, wenn man jedem Morgen ein Update hätte einspielen müssen.

Today in History berichtet übrigens über den 25. Februar 1932: „Immigrant Adolf Hitler gets German citizenship“.




30 Billionen oder 100 Billionen?

Morgenpost

Deutsche Kulturbilder der Berliner Morgenpost Februar 1931 – diese „Postkarte“ ist eine Quittung der Berliner Morgenpost „über 60 Pfennig für die 06. Woche vom 08.02. bis 14.02.1931“.

Die „Morgenpost“ schreibt im Februar 1932: „Dreißig Billionen Zellen hat der Leib des Menschen. Würde ein Flieger [sagte man damals „Flieger“ statt „Flugzeug“?] die Zellen eines Menaschen als Perlen-Kette [schrieb man damals offenbar auseinander] wie von einer Spule abrollen, so reichte das Zellenband fünfmal um die Erde.

Spektrum der Wissenschaft schreibt heute: „Ein Erwachsener besteht aus (..) 100 Billionen (…) Zellen. Legte man die durchschnittlich nur 40 Tausendstel Millimeter kleinen Zellen aneinander, reichten sie vier Millionen Kilometer weit – oder 100-mal um die Erde. Und selbst wenn man in jeder Sekunde eine Zelle an die andere reihte, würde das Ziel erst nach über drei Millionen Jahren erreicht.“

30 Billionen oder 100 Billionen? Fünf Mal oder hundert Mal? Offenbar haben die Biologen seit 1932 noch mal nachgezählt.




Unter Innenexperten: Kriminelle Ausländer gehören abgeschoben

Morgenpost

Deutsche Kulturbilder der Berliner Morgenpost Januar 1931 – diese „Postkarte“ ist eine Quittung der Berliner Morgenpost „über 60 Pfennig für die 05. Woche vom 01.02. bis 07.02.1931“.

In der ersten Februarwoche 1931 scheint nicht viel passiert zu sein. Immerhin erwähnt Wikipedia: „1931/1932: Die Wirtschaftskrise in Deutschland erreicht ihren Höhepunkt. Es gibt 70.000 Konkurse und 6 Millionen Arbeitslose“.

Das ist jetzt 82 Jahre her. Was werden sie im Jahr 2095 über heute schreiben? „Schwedisches Königpaar bummelte durch Quedlinburg.“ – „Dieter Wiefelspütz, der so genannte „Innenexperte“ der SPD, findet es gerechtfertigt, dem Whistleblower Edward Snowden keinen Aufenthalt in Deutschland zu gewähren: ‚Ich kann nicht erkennen, dass der Mann politisch verfolgt wird‘, sagte er der Mitteldeutschen Zeitung.“ – „Weil angeblich der frühere amerikanische Geheimdienstmitarbeiter Snowden an Bord gewesen sein sollte, wurde die aus Moskau kommende Maschine des bolivianischen Präsidenten Morales zur Landung in Wien gezwungen.“

Vielleicht aber auch anders. „Obwohl Edward Snowden, der spätere Nobelpreisträger für Transparenz und Informationsfreiheit, in seiner Heimat USA wegen seiner politischen Überzeugung verfolgt wurde und ihm eine langjährige Haaftstrafe drohte, wurde ihm in Deutschland Asyl verweigert. Hans-Peter Friedrich (CSU), der spätere kurzzeitige Alterspräsident der deutschen Militärjunta in den Jahren 2033-2045, kündigte an, Deutschland werde nichts tun, was der US-Regierung missfalle. Man müsse der Obrigkeit untertan sein, so stehe es in der Bibel. Snowden sei ein Krimineller, und kriminelle Ausländer gehörten bekanntlich ohnehin abgeschoben. Auch sei die Industriespionage seitens des Geheimdienstes NSA irrelevant; das sei eben eine Feature des freien, sozialen und alle glücklich machenden Marktes, und man solle sich über derartige Peanuts nicht künstlich aufregen.“




Lebens-Gemeinschaft

Morgenpost

Deutsche Kulturbilder der Berliner Morgenpost Januar 1931 – diese „Postkarte“ ist eine Quittung der Berliner Morgenpost „über 60 Pfennig für die 04. Woche vom 25.01. bis 31.01.1931“.

„Eine Made setzt sich aus mehreren tausend, ein Regenwurm schon aus hunderttausend Zellen zusammen. Die größten Geschöpfe, wie der Mensch, bestehen aus zahllosen Zellen, von dene jede für sich lebt wie der Bürger im Staat, jede eine besonderen Beruf ausübt, die aber alle zusammen – gleich den Menschen in einem Volk – nicht nur neben, sondern auch für einander leben und arbeiten, eine große Lebens-Gemeinschaft wie ein Staat.




Salzhunger

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Deutsche Kulturbilder der Berliner Morgenpost Januar 1931 – diese „Postkarte“ ist eine Quittung der Berliner Morgenpost „über 60 Pfennig für die 03. Woche vom 18.01. bis 24.01.1931“.

„Da wir Meerwasser in uns tragen, müssen wir, damit sich das Körper-Wasser nicht mit der Zeit verdünnt, unsere Speisen salzen. (…) In Deutschland verbraucht jeder Bürger jährlich 15 Pfund Kochsalz. Ohne dieses kann dieser Mensch nicht leben. (…) Als man die Unentbehrlichkeit des Sales noch nicht kannte, entzog man in einem Gefängnis den Insassen das Salz, weil man es für einen Luxus hielt. Die Gefangenen erkrankten und starben. (…)

Der spanische Eroberer Mexikos, Cortez, konnte die Azteken mit Waffen-Gewalt nicht besiegen. Deshalb griff er zu folgender List: Er schnitt sie vom Wasser ab, und bald mußte sich das tapfere Volk, vom Salzhunger bezwungen, den spanischen Eroberern ergeben.“




Quinta essentia

Morgenpost

Deutsche Kulturbilder der Berliner Morgenpost Januar 1931 – diese „Postkarte“ ist eine Quittung der Berliner Morgenpost „über 60 Pfennig für die 02. Woche vom 11.01. bis 11.01.1931“.




Welt der Wunder: Die Zeitung, die du täglich in den Händen hältst

Morgenpost

Deutsche Kulturbilder der Berliner Morgenpost Januar 1931 – diese „Postkarte“ ist eine Quittung der Berliner Morgenpost „über 60 Pfennig für die 01. Woche vom 04.01. bis 10.01.1931“.

„Die Lokomotive, die an uns vorüberrast, dieses schnaubende Riesen-Ungetüm, wird von der Kraft unsichtbarer kleiner Uratome hingetrieben, die im Dampf mit 100 km Schnelle hin- und herzittern und die Kessel bis zum Bersten füllen. Die Zeitung, die du täglich in den Händen hältst, ist aus Holz gepreßt, das vor ein paar Dutzend Monaten in einem nordischen Wald als Baum im Winde hin- und hergeschaukelt hat…“

Worüber sich die Leute wohl in hundert Jahren wundern werden?




Gesunder Geist nur in gesundem Körper

Morgenpost

Deutsche Kulturbilder der Berliner Morgenpost November 1929 – diese „Postkarte“ ist eine Quittung der Berliner Morgenpost „über 60 Pfennig für die 52. Woche vom 22.12. bis 28.12.1929“.

„Nach einem Jahrtausend stetiger Fortentwicklung hat heute die Kultur unserer Zeit das ganze deutsche Volk erfaßt. (…) Der Sport ist notwenig gesellig. Die Gesellschaft bildende Kraft des Sports entspricht dem zur Massenhafigkeit drängenden Zuge unserer Zeit. (…) Der allgemeine Hochstand der Volksbildung wird davor schützen, daß eine ungesunde Überbewertung des rein körperlichen die geistigen Leistungen herabdrückt. In harmonischem Verein müssen beide gedeihen, entsprechend dem alten Römerwort: gesunder Geist nur in gesundem Körper.“

Leider haben sich der Verfasser dieser niedlichen Zeilen im Jahr 1929 schrecklich geirrt. Von „stetiger Fortentwicklung“ der deutschen Kultur weit und breit keine Spur, auch nicht vom einem „allgemeine Hochstand der Volksbildung“.




Albert Ballin und die deutschen Kais in Hoboken

Morgenpost

Deutsche Kulturbilder der Berliner Morgenpost November 1929 – diese „Postkarte“ ist eine Quittung der Berliner Morgenpost „über 60 Pfennig für die 50. Woche vom 08.12. bis 14.12.1929“.

Ich muss gestehen, dass ich Albert Ballin bisher nicht kannte.

Albert Ballin (* 15. August 1857 in Hamburg; † 9. November 1918 ebenda) war ein Hamburger Reeder und eine der bedeutendsten jüdischen Persönlichkeiten in der Zeit des deutschen Kaiserreiches. Er machte als Generaldirektor die Hamburg-Amerikanische Packetfahrt-Actien-Gesellschaft (HAPAG) zur größten Schifffahrtslinie der Welt.

Offenbar war Albert Ballin auch der Erfinder der Zwischendecks auf den Überseepassagierschiffen, die auch im Titanic-Film vorkommen. Es ist doch sehr nett, wenn man durch das eigene Blog etwas lernt, obwohl das so ist, als erzählte man sich selbst einen Witz.

Als ich diese „Postkarte“ in die Hand nahm, fiel mir aber sofort „Hoboken“ auf. Im allerersten Karl-May-Roman, den ich je las („Kapitän Kaiman“), tauchte das Wort auf und ich hatte nie verstanden, was das bedeutete. Ein Rätsel meiner Jugend hat sich also gelöst. Ich habe mir natürlich sofort Hoboken von oben angeschaut. 1979 stand ich auf dem Empire State Building und 1982 auf dem World Trade Center und werde Hoboken vermutlich auch gesehen habe.




Griechenland und die Wissenschaft vom Spaten

Morgenpost

Deutsche Kulturbilder der Berliner Morgenpost November 1929 – diese „Postkarte“ ist eine Quittung der Berliner Morgenpost „über 60 Pfennig für die 49. Woche vom 01.12. bis 07.12.1929“.

„Die Wissenschaft vom Spaten hat und die Märchen und Sagen altersgrauenr Vorzeit zur Wahrheit gemacht“, heisst es da. So war es wohl nicht, aber das wissenschaftliche Buddeln nach Artefakten aka Altertümerkunde ist noch gar nicht so alt.

Die Archäologie interessiert sich ausschließlich für den Menschen und seine Hinterlassenschaften, wie etwa Gebäude, Werkzeuge, Kunstwerke etc. Sie umfasst einen Zeitabschnitt, der von den ersten Steinwerkzeugen vor etwa 2,5 Millionen Jahren bis in die nähere Gegenwart reicht. Erkenntnisse zu Umwelt, Klima, Ernährung oder Alter von Funden tragen zur Rekonstruktion vergangener Kulturen bei. Als Quelle dienen dabei die materiellen Hinterlassenschaften des Menschen.

Heinrich Schliemann, der Ausgaber einer alten Stadtanlage am Hellespont, ist heute in der Wissenschaft umstritten. Ich halte das „Troja“ Schliemanns übrigens für das hethitische Wilusa – ich habe aber nur das überzeugende Buch Birgit Brandau „Troja – eine Stadt und ihr Mythos: Die neuesten Entdeckungen“ dazu gelesen.




Schutztruppen und fanatisierte mohammedanische Neger

Morgenpost

Deutsche Kulturbilder der Berliner Morgenpost November 1929 – diese „Postkarte“ ist eine Quittung der Berliner Morgenpost „über 60 Pfennig für die 48. Woche vom 14.11. bis 30.11.1929“.

Nicht jeder wird wissen, in welchem historischen Zusammenhang der Begriff „Schutztruppen“ steht, den unsere mental gleichgeschalteten Medien für die alliierten Besatzertruppen – darunter die Bundeswehr – in Afghanistan benutzen.

Dieses „Kulturbild“ beschäftigt sich mit Georg Schweinfurth und Gustav Nachtigal, beides so genannte „Afrika-Reisende“ bzw. „Forscher“. Letzterer war auch Arzt; nach ihm ist noch heute ein Platz in Berlin benannt.

Unter dem Mantel der wissenschaftlichen Forschung werden schlicht imperialistische und kolonialistische Ziele verfolgt. Das Bild – zwei hell gekleidete „Forscher“ mit Tropenhelm, die von dummen Negern umringt werden – ist ein gern benutzter Topos bis heute – die jeweiligen Eingeborenen sind keine „Naturvölker“ mehr, sondern zum Beispiel Studenten, die beim „Aufbau“ ihres Landes mithelfen. (By the way: Was bedeutet eigentlich „Aufbau“ – zu was? Zur „Erschließung“ für wen?)

Auf der Rückseite des „Kulturbilds“ lesen wir u.a.:
Der schwarze Erdteil, Afrika, lag Jahrhunderte unerforscht. (…) Erst im 19. Jahrhundert ging man daran, dieses ungeheure Gebiet zu erforschen. Eine große Reihe von Forschungs-Expeditionen zog in das Innere des dunklen Erdteils, den schwarze Naturvölker bewohnten. (…)

So war die Erschließung Afrikas für den neuzeitlichen Handel nicht nur wissenschaftlich beeinflußt, sondern auch von politischen Motiven bestimmt. Deutschland, das politisch zerrissen war, blieb deshalb trotz des Aufschwungs (…) zunächst im Hintergrund. (…)

Nachtigal hat in Westafrika an verschiedenen Stellen im Auftrag Bismarcks die deutsche Flagge gehißt, um sie zu Kolonien des Reiches zu machen (…).

Wißmann hat den schwarzen Kontinent durchquert und war nachher Beamter des Reiches in Deutsch-Ostafrika, als Führer der Schutztruppe.

Edmund Schnitzer (…) hat die abenteuerlichste Laufbahn gehabt. Er war in der Provinz Äquatoria, im Quellgebiet des Nil, Gouverneur, wurde durch einen Aufstand der fanatisierten mohammedanischen Neger abgeschnitten und hielt jahrelang seinen verlorenen Posten..

Wie sich die Metaphern gleichen: Damals waren es die „fanatisierten mohammedanischen Neger„, heute sind es die „extremistischen“ Islamisten und Taliban. Und die Bundeswehr hält schon wieder jahrelang auf verlorenem Posten aus.

Wikipedia zu Nachtigal: Am 5. Juli 1884 errichtete Nachtigal die sogenannte deutsche „Schutzherrschaft“ über das Gebiet von Togoland (heute Togo bzw. Teilgebiet von Ghana). Am 14. Juli stellte er Kamerun „unter deutschen Schutz“. Im selben Jahr beglaubigte er die teilweise betrügerisch erworbenen Rechte bzw. Landerwerbungen der Firma Lüderitz in Südwestafrika, dem heutigen Namibia…




Alleswisser und Wohltäter der leidenden Menschheit

Morgenpost

Deutsche Kulturbilder der Berliner Morgenpost Oktober 1929 – diese „Postkarte“ ist eine Quittung der Berliner Morgenpost „über 60 Pfennig für die 47. Woche vom 17.11. bis 23.11.1929“.

„Modernes Forscher-Laboratorium“ heisst es – damals noch Computer-frei. Liebe Kinder, heute behandeln wir Hermann von Helmholtz, wie ihn die Welt 1929 sah (und heute vermutlich auch noch). „Als Universalgelehrter war er einer der vielseitigsten Naturwissenschaftler seiner Zeit.“ Universalgelehrte aka Alleswisser gibt es heute jedoch nicht mehr (ausser Burks).

Vor Helmholtz konnte man die Vorgänge im Augen-Inneren nicht beobachten und stand deshalb einer Reihe von Krankheiten machtlos gegenüber, namentlich dem zur Erblindung führenden Schwarzen Star. Helmholtz erfand eine Kombination von Gläsern, welche gestattet, durch die Pupille hindurch den Hintergrund des Auges zu beleuchten, ohne blendendes Licht anzuwenden; dabei treten alle Einzelheiten der Netzhaut genauestens hervor, weil die durchsichtigen Teile des Auges als Lupe wirken und die Netzhaut etwas 20fach vergrößern. Diese Erfindung machte Helmholtz‘ Namen für alle Zeiten als den einen Wohltäters der leidenden Menschheit unsterblich.

An die Nachgeborenen und die Ossis: Man beachte den korrekten Gebrauch des Genitivs bei „Helmholtz‘ Namen“ sowie das hier in einem Satz real vorkommende Semikolon, dessen Existenz jungen JournalistInnen oft unbekannt ist.




Die Selbsterregung des Werner Siemens

Morgenpost

Deutsche Kulturbilder der Berliner Morgenpost Oktober 1929 – diese „Postkarte“ ist eine Quittung der Berliner Morgenpost „über 60 Pfennig für die 49. Woche vom 11.11. bis 16.11.1929“.

„Der Deutsche Werner Siemens hat ähnlich wie später der Amerikaner Edison der Welt eine Fülle von Erfindungen geschenkt. um das Leben auf diesem Planeten lebenswerter und angenehmer zu machen.“

Wikipedia: „Werner Siemens war allerdings der erste, der der Selbsterregung eine große Bedeutung für die Erzeugung elektrischer Energie voraussagte“. Aha. Hätten sie’s gewusst?

Warum steht eigentlich bei Wikipedia Werner von Siemens, auf dieser Karte jedoch nur Werner Siemens? Weil sich die Leute 1929 noch gut an die Revolution 1918 erinnerten, als der Adel in Deutschland zum Teufel gejagt wurde?

Interessant finde ich die Herrenbekleidung auf dem Gemälde – das karierte Hemd vorn sieht aus als stammte es von der guten alten Marke Fred Perry.