El camino de los Incas

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Im Januar 2005 habe ich hier etwas über die Machu Picchu geschrieben, die geheimnisvolle Stadt der Inkas tief im Dschungel von Peru. Die Fotos (1979 und 1984) jedoch waren von grauenhafter Qualität. Hier also eine verbesserte „Neuauflage“ – in natura sind die Aussichten wesentlich spektakulärer. Die Magie eines Ortes kann man nicht fotografieren – auch nicht wirklich die Mühe, eine Woche lang quer durch die Berge und durch alle Klimazonen zu maschieren, über Pässe, die über 5000 Meter hoch sind, in eisiger Kälte (ich bin der im gelben Anorak) und glühender Hitze.


Touristen, die den Zug von Cusco aus nehmen, vermissen das Wesentliche. Nur wer die alten Strassen der Inkas selbst benutzt und in den verlassenen Ruinen des „camino de los Incas“ übernachtet, bekommt vielleicht den Hauch einer Idee, wie es vor 600 Jahren gewesen sein mag.

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Der „Incatrail“ oder auch Camino de los Incas hieße in den europäischen Alpen „Hüttenwanderung“. Nur sind die Hütten Ruinen und knapp tausend Jahre alt, und der Weg durch alle Vegetationszonen führt über Pässe bis zu 4200 Meter Höhe, umsäumt von schneebedeckten Fünftausendern. Über die rund einwöchige Wanderung in die Inkastadt Machu Picchu nur ein paar Zeilen schreiben zu wollen, im Rahmen eines Weblogs, ist ein literarisches Sakrileg, als handelte man die erste Landung auf dem Mond mit einem Dutzend Worten ab. Für den stilsicheren Gringo, der durch Peru reist, ist der Inkatrail Pflicht, zumal die normalen Reisenden durch das Tal des Rio Urubamba mit dem Zug fahren, um dann per Bus über endlose Serpentinen die sieben Kilometer nach oben zur Ruinenstadt transportiert zu werden.
camino de los incas

Für den gestandenen Globetrotter ist es daher eine Frage der Ehre, den ganzen Weg zu Fuß zu „machen“. Zelt, Lebensmittel für eine Woche und Kochgeschirr sind gesetzt. In Cusco, dem Ausgangspunkt, haben sich zahlreiche Einheimische darauf spezialisiert, die Gringos mit dem Notwendigen auszurüsten. Die Hardcore-Fraktion und Elite der Globetrotter, zu der ich mich selbstverständlich zähl(t)e, hatte ohnehin immer den Survival-Set in Griffnähe. Mit anderen Worten: der Inkatrail ist nichts für Weicheier, selbst wenn ein Idiot, wie beobachtet, auf die Idee kommt, die spanischen Konquistadoren nachzuahmen und einheimische Bauern mietet, um seinen Rucksack tragen zu lassen. Auch ohne Gepäck lassen einen die Höhe und der Weg an die körperlichen Grenzen kommen.

Wodurch unterscheidet sich die „Elite“ von gewöhnlichen Reisenden? Falls ein deutsches Lehrerehepaar, braun gebrannt und gut gelaunt und „die Anden in vier Wochen“ auf dem Programm fragt: „wie lange seid ihr denn schon unterwegs?“ Dann lautet die coole Antwort: „Fünf Monate, glaube ich. Wir kommen gerade aus dem bolivianischen Pando-Dschungel.“ Das ist kaum zu toppen. Karte IncatrailUnd wenn das noch nicht geholfen hätte, hatten wir noch drei Wochen im Guerillagebiet in Ost-Kolumbien zu bieten. Oder den 40-Kilometer-Fußmarsch durch die Salzwüste im Westen Boliviens, die „Salar de Uyuni„, nach Chipaya. Das ist – nach der Durchquerung des Darien Gap – eine der abenteuerlichsten Touren in ganz Lateinamerika, off the beaten track. Und ein unvergessliches Erlebnis wie der Camino de los Incas.

Über die Tour und die Inka-Ruinen informieren zahllose Websites. Die geneigten Leserinnen und wohlwollenden Leser mögen sich selbst informieren. Ich bin zwei Mal über den Inkatrail marschiert, im Januar 1979 und im Juli 1984 – bei der letzteren Version zu Fuß von Ollantaytambo aus. Diese Notizen nur zur Erinnerung für an das zweite Mal und für mich.

Tagebuch Juli 1984, Auszug, geschrieben während des Marsches. „Wir kreuzen den Fluss bei Chilca. Der Pfad führt im Tal auf und ab. Gegen Nachmittag immer steiler und anstrengender, die Riemen des Rucksacks schneiden ins Fleisch, die Arme werden gefühllos. Nach Llaqtapata ein wahnsinniger Abstieg. Wir pausieren alle paar Minuten, weil unsere Beine zittern. Endlich, auf einer Anhöhe, die Stadt – es ziehen schon finstere Wolken auf. Wir quartieren uns im Turm ein. Aus das Zelt gerade aufgebaut ist, fängt es an zu schütten. Wir genießen die heiße Suppe und die Schokolade. Die Kerze beleuchtet die Innenwände, unsere Schatten flackern riesengroß umher. Wir sind allein in der Nacht.
Karte Incatrail
Vor Sonnenaufgang das Tal hindurch, den schneebedeckten Chuyuncu im Blick. Der erste Pass schließt das Tal wie eine Staumauer ab, links eine tiefe und unpassierbare Schlucht. vorbei an den Hütten von Wayllabamba. Es gibt oben nur einen Platz für ein paar Zelte, genannt „Tres Piedras“, die „drei Steine“. Noch ein anderer Gringo, ein verrückter Kalifornier, der vor einigen Wochen ein paar Sechstausender bestiegen hat und zudem noch Marathonläufer ist. Kein Wunder, dass der weniger keucht als wir….“ Der nächste und höchste Pass heisst „Warmiwañusca“ – „Wo die Frau stirbt“.

Belanglos. Ich habe mir beide Reisetagebücher vorgenommen, aber nichts gefunden, was auch nur annähernd meiner Erinnerung gleicht. Auf knapp 4000 Metern wusch meine Begleiterin ihr T-Shirt in einem Bach, am Morgen hing es gefroren über dem Zelt. Fünf Nächte (oder waren es sechs?) in geheimnisumwitterten Ruinenstädten, zumeist ganz allein. Die Bäder und Wasserleitungen in den Gemäuern, noch aus der Inkazeit, sind intakt. Steinerne Stufen merkieren den Pfad: die Inkas kannten das Rad nicht – dann kann man eine Straße auch fast schnurgerade bauen, ungeachtet, ob es steil bergauf oder bergab geht. Wie das beschreiben? Die wilde Bergwelt, garniert mit tropischem Dschungel? „Am Felscamino de los incas klebt die Inka-Siedlung Sayaqmarka und blickt über eine bewaldete Schlucht auf ferne Höhen. Halsbrecherisch führt ein Steig hinab. Tropische Dschungelpflanzen überwuchern den Pfad, Orchideen leuchten aus tiefem Grün. Zwei Inka-Tunnel verschlucken uns Trekker und spucken uns auf der anderen Seite wieder aus. Zum Lunch rasten wir auf der Höhe über dem Inka-Dorf Phuyupatamarka. Reste des Tempels auf dem Hügel, Bürgerhäuser, Maisterrassen und dazwischen Leitungen für Frischwasser, für Abwasser und zur Bewässerung der Felder. In der Ferne blitzt die Sonne auf dem ewigen Eis der Andengipfel.“

Und dann, nur wenige Stunden Fußmarsch vor Machu Picchu entfernt, Winay Wayna: das ist Quechua und bedeutet „Ewige Jugend„. Wir übernachteten in einem Söller, direkt unter uns ging es 800 Meter steil hinab.

Vorfreude – wenn man weiß, was einen erwartet, ist das Gefühl noch stärker, fast Sehnsucht. Nach wenigen Stunden wieder ein schmaler Pass. Oben das Sonnentor – „inti punktu“. Wer danach googelt, findet immer wieder die gleichen Metaphern: „ein überwältigender Anblick“, „der schönste Moment der Reise“, „unvergesslich“. Wohl wahr. Wenn Worte fehlen, sollte der Ehrgeiz des Schriftstellers einsetzen, diesen Missstand zu beheben. Tinkunanchikkama!