Lochsägen und Blindstopfen

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Ich muss beichten, jawohl. Ich habe wieder nach Versuch und Irrtum gebaut, spontan drauf los, weil ich irrig dachte, ich wüsste schon alles und brauchte nichts dazulernen. Ich weiß, das ist ein negativer Charakterzug, den zu korrigieren ich seit mehr als einem halben Jahrhundert bemüht bin.

Das auf’s Äußerste angespannte Publikum, das statt eines Kommentars über die Weltläufte jetzt ein irrelevantes Thema ertragen muss, so irrelevant wie ein nicht gefülltes Eisfach angesichts eines Vulkanausbruchs in der Nähe, darf schadenfroh über mein Werkeln kichern, das, obzwar zum Schluss selbstredend ein versöhnliches Ende zu erwarten ist, den Nachgeborenen so klar wie Kloßbrühe macht, dass man einen Plan haben sollte – wie die Russen, trotz der unerwarteten Ereignisse, die immer eintreffen, selbst beim Zwiebelschneiden, also viel mehr bei einem preiswerten, daher im Prinzip schon ab Werk schrottigen Bausatz, der sich theoretisch ohne Mühe zu einem veritablen Spülenschrank evolutionär entwickeln sollte, falls alle Teile richtig zusammengesetzt werden, keines fehlt und keines schon vor dem Einbau kaputtgeht.

Ich rezensiere den Spülenschrank 120/60 956.8001, den ich jüngst in einem Baumarkt erstand, wie das Publikum schon erfuhr. Vorab: Das fucking manual Die Anleitung ist gut, verständlich und könnte selbst von blutigen Laien nach einigem Kopfschütteln und Stirnrunzeln verstanden werden. Spanplatten und verwandte Materialien haben aber gegenüber Mahagoni oder Eiche den Nachteil, dass sie weich sind und sich schnell verziehen. Ich erwartete also, dass es spätestens beim Einbau der Türen ein böses Erwachen geben würde.

Für den Aufbau des Rahmens bzw. des Grundgerüsts habe ich daher auch nicht lange gebraucht. Dann aber kam die erste Überraschung: Da war kein Loch in dem schicken Edelstahl, um den Wasserhahn aufzuschrauben. Wie kriegt man also ein Loch hinein, ohne das Teil zu demolieren? Lochsägen für Holz hatte ich zahlreich, aber für Metall? Ich kaufte also einen Lochschneider speziell für meinen Zweck. Für die Nachgeborenen hier das Prinzip: Man bohrt ein Loch, so dick wie die Achse, mit dem mitgelieferten Metallbohrer. Dann tritt der Lochschneider in Aktion: Ein Teil ist oben, das andere wie unten angeschraubt, so dass beide jeweils eine Seite des Edelstahls pressen. Wenn man die fette Mutter dann mit einem passenden Schlüssel anzieht, noch und nöcher, wird der Stahl durch die Drehung und die beiden Blechstanzen im Inneren des Gerätes schön rund herausgeschnitten. Man muss recht viel Kraft aufwenden. (Natürlich gibt es einschlägige Videos für Leute, die Probleme haben, Texte zu lesen.)

Schön, das Loch war am Anfang an der falschen Stelle (Foto oben), weil die Leitungen zu kurz waren. Statt mich zu infoŕmieren, wie man es hätte besser machen können, plante ich, nachdem ich wild entschlossen war, längere Leitungen zu besorgen, nach dem Motto: warum einfach, wenn es auch kompliziert geht?, eine Platte aus der alten Spüle auszuschneiden und mit dieser das Loch zu bedecken. Beim Sichten des Werkzeugs, das sich in meiner Werkstatt nur so stapelt, zweifelte ich daran, dass meine alte Stichsäge das hätte bewältigen können, ja, ich befürchtete, dass sie mir um die Ohren geflogen wäre. Also musste eine Metabo 601100500 Stichsäge her, die im Baumarkt rund 30 Euro mehr kostet als bei dem Anbieter, den ich verlinkt habe. Ich wurde aber ausführlich beraten, auch über das Für und Wider von Kabel oder Akku, und das war es mir wert.

Einfacher geht es natürlich mit einem Blindstopfen, den ich mir beim zweiten Gang zum Baumarkt geholt habe. Da hätte ich auch gleich drauf kommen können, aber mir fiel es nicht ein.

Ich empfehle allen, die so etwas zum ersten Mal machen, so viel wie möglich von dem Plastik, das angeblich etwas zusammenhalten soll, wegzuwerfen und es durch Hochwertigeres zu ersetzen. Bei diesem Spülenschrank habe ich alle Ecken verstärkt, auch passten die Schräublein (Foto 6), die die Spüle auf dem Schrank fixieren sollen, überhaupt nicht, zumal die Holzleiste, die unter der Spüle montiert ist und in die die Schrauben sollen, gefühlt nur einen Millimeter nach innen vorsteht, was naturgemäß nicht genug ist für eine Schraube, die halten soll. Ich habe alles ersetzt.

Das größte Problem sind immer die Scharniere der Türen (Foto 7). Wenn man die ins vorgestanzte Loch der Spanplatten-Tür setzt und dann die Schrauben bohrt, muss man millimetergenau arbeiten – und es passt dann garantiert immer noch nicht. Wer sich so ein Patent ausgedacht hat, soll in der Hölle seiner Wahl schmoren: Das Scharnier hat nur eine Schraube, die es hält, und eine zweite, die theoretisch dazu dienen soll, die Sache zu justieren – die zweite muss man hineindrehen, damit das Scharnier weiter absteht. Sehr logisch. Außerdem habe ich eine Stunde verbracht, beide Scharnierteile beider Türen überhaupt verbinden zu können – ein entsetzliches Gefummel. Der erste Versuch (Foto 8) ging – wie erwartet – total schief, obwohl ich so etwas mitnichten zum ersten Mal mache. Zu meinem Entsetzen fiel mir noch ein passender Liedtext aus meiner Jugend ein, den ich hoffte, schon vergessen zu haben. Was will man da machen…

Was ich eigentlich sagen wollte: Exegi monumentum aere perennius – Spülenschrank ist fertig, getestet, Leitungen sind dicht, alles funzt. Sechs Stunden Arbeit.

Übrigens: beim Bloggen hörte ich Tchaikovsky: Piano Concerto nr. 1 – Sofia Vasheruk (piano).