Unter Elektronegern

Ein Mann seiner Klasse

Buchempfehlung: Ein Mann seiner Klasse von Christian Baron, dessen Buch „Proleten, Pöbel, Parasiten: Warum die Linken die Arbeiter verachten) ich hier schon lobend erwähnte.

Deutsche Journalisten stammen fast ausnahmslos aus der Mittelschicht. Das bedeutet: Sie nehmen den Klassenstandpunkt der Mittelschicht ein – und nur den – und leugnen es gleichzeitig. Sie leugnen auch unisono, dass es Klassen gebe, und wenn doch, dann höchstens, was „Bildung“ angeht.

Baron passt nicht in das Schema, er stammt aus den Slums von Kaiserslautern. Das Buch schildert seine Kindheit zwischen einem prügelnden Vater und einer depressiven Mutter. Wer aber glaubt, es gehe darum, nur zu jammern und zu einem guten Ende – also dem sozialen Aufstieg – zu kommen, der irrt. Baron schildert ohne Gefühlsduselei das, was das Leben vieler prägt, die nicht zwischen Klavierstunde und Bücherregal großgeworden sind.

Man muss natürlich die Anspielung des Titels verstehen. Wie würde die „Linke“ heute mit Arbeitern umgehen, deren Lobby sie sein sollte, die aber so sind wie der Vater des Buchautors? Die „Elektroneger“ sagen, wenn sie jemanden verspotten wollen, der im Sonnenstudio war? Für die „keine Gewalt“ ein Fremdwort ist? Die saufen, rauchen und sich arm durchs Leben schlagen müssen?

Die, die gemeint sind, werden das gar nicht merken. Linke verirren sich nur selten in soziale Brennpunkte. Und wenn doch, dann meiden sie den Kontakt zum „white trash“ und wenden sich – was allein natürlich unterstützenswert ist – den dort lebenden Flüchtlingen zu.

Ich habe es mit Gewinn gelesen.