Koalition der Willigen und hinreichende Nähe

Al Jazeera: „Egypt has denied any role in air attacks in Libya, as the US said it believed Cairo worked with the UAE to attack rebels in the capital Tripoli.“

Nur mal so zur Erinnerung: „Nach öffentlichen Protesten im Februar 2011, die die Sicherheitskräfte gewaltsam zu ersticken suchten, kam es zu einer Spaltung der politischen Führung des Landes. In Bengasi übernahmen bewaffnete Oppositionelle die Kontrolle. Nach einem koordinierten militärischen Eingreifen der NATO und einer Reihe arabischer Staaten zur Durchsetzung der mit der UN-Resolution 1973 eingerichteten Flugverbotszone gelang es den in der Libyschen Nationale Befreiungsarmee zusammengeschlossenen Milizen, die Einheiten der regulären Streitkräfte Libyens zu besiegen. Dabei kamen mindestens 30.000 Menschen ums Leben.“

In Afghanistan Irak Syrien Ukraine Libyen tobt also nach der Intervention der USA Deutschland Grossbritannien Nachbarstaaten einer Koalition der Willigen NATO ein Bürgerkrieg, der schlimmer genauso schlimm ist wie das vorherige Regime, das gestürzt werden sollte. War es das wert?

Ich frage mich, wer welche Interessen vertritt und warum. Ich gehe davon aus, dass diejenigen, die über die Kriegseinsätze entschieden habe – wie Tony Blair, Sarkozy oder Angela Merkel – ihrer Rolle als Charaktermaske gerecht werden und nur das tun und anordnen, was man von Helfershelfern der jeweiligen Interessen des Kapitals erwartet. Man kann davon ausgehen, dass die Unternehmen, die von den jeweiligen Bürgerkriegen profitieren, sich für die Folgen nicht interessieren, solange die Gewinne garantiert bleiben. Den Abnehmern und Käufern des Öls aus Libyen ist es egal, wer es ihnen verkauft – separatistische Milizen aus der Kyrenaika oder pseudoislamische Terrorbanden oder der Bürgermeister von Kabul Tripolis.

Der Tagesspiegel schrieb dazu ganz richtig: „Experten gehen davon aus, dass die Nachfolger des Gaddafi-Regimes fundamentales Interesse daran haben, die Ölausfuhren rasch wieder anzukurbeln, um die Einnahmen zu sichern. Nach Ansicht von Udo Steinberg ist die EU und die internationale Gemeinschaft den neuen Kräften ‚hinreichend nahe‘, um eine Kontinuität des Ölflusses sicherzustellen.“

Es ist spannend zu beobachten, welche Strategien der Neo-Imperialismus wählt, um die immer gleichen Ziele zu verfolgen: Der direkte Einmarsch ist nicht mehr angesagt – außer wenn man einen hinreichenden Vorwand hat, der von den freiwillig gleichgeschalteten Medien hinreichend propagandistisch ventiliert wird. Besser, weil effektiver, ist heutzurage asymmetrische Kriegsführung: Wenn die imperialistische Koalition der Willigen einheimische Söldner und Hilfstruppen und Lakaien findet, die an ihrer Stelle die Schmutzarbeit machen.

Niemand hat also ein Interesse daran, dass in den Anrainer-Ländern der EU stabile Regierungen existieren. Das wird noch interessant werden. Ein Bürgerkrieg auf kleiner Flamme ist allemal effektiver – nach der Devise „divide et impera“ – als ein autoritäres Regime, das sicher im Sattel sitzt, aber dann plötzlich auf dumme Gedanken kommt und sein eigenes Spiel spielt, das den Interessen der internationalen Konzerne zuwider ist.