Vom Dealen bei der richterlichen Sachaufklärung

Das Bundesverfassungsgericht hat wieder ein paar Richter abgewatscht. Kernsätze:

Der Beschluss des Oberlandesgerichts weicht in einer verfassungsrechtlich nicht hinnehmbaren Weise von den Anforderungen an die richterliche Sachaufklärung ab. (…) Darüber hinaus hätten verbleibende Zweifel nicht zulasten des Beschwerdeführers gewertet werden dürfen.

Man muss leider den Juristen-Jargon in Deutsch übersetzen, um zu verstehen, worum es geht. In § 257c StPO ist geregelt, dass die Richter mit den Angeklagten bzw. deren Verteidigern das Strafmaß aushandeln können („sich verständigen“ im Gesetzestext, das Bundesverfassungsgericht formuliert nicht ganz humorfrei „Deal„).

Zur Dokumentationspflicht des Gerichts bestimmt § 273 Abs. 1a StPO, dass im Protokoll über die Hauptverhandlung der wesentliche Ablauf und Inhalt einer Verständigung wiedergegeben und ebenfalls vermerkt sein muss, wenn keine Absprache erfolgt ist.

Der Angeklagte war hier verurteilt worden, weil er gestanden hatte, ging aber später in die Berufung (leider gibt es hier kein Wort ohne -ung. Er berief sich? Geht nicht.). Der Beschwerdeführer „machte die Unwirksamkeit seines Rechtsmittelverzichts geltend, weil die Verurteilung auf einer Absprache zwischen den Verfahrensbeteiligten beruhe.“

„Beschwerdeführer“ erinnert mich immer an Hundeführer. Derjenige, der sich beschwerte – obwohl hier „in die Berufung gehen“ gemeint ist. Der Verurteilte focht das Urteil an (fechten! Ja! Kurzer Satz! Starkes Tuwort!).

„Machte die Unwirksamkeit seines Rechtsmittelverzichts geltend“ – das ist ja dermaßen um die Ecke formuliert, dass es sich anhört, als habe jemand drei Mal verneint. Was wollte der Verurteilte? Er hatte zunächst darauf verzichtet, das Urteil gegen ihn anzufechten. Diesen Verzicht wollte er nun für ungültig erklären lassen, weil das gegen ihn erlassene Urteil offenbar vorher ausgehandelt worden war. Letzteres glaubten ihm die unteren Gerichte nicht. Dieser „Deal“ war eben nicht hinreichend dokumentiert worden, was aber § 273 Abs. 1a StPO widerspricht. Das Bundesverfassungsgericht sah das genau so und gab ihm Recht.

Wieder was gelernt. Ich musse mich in meiner Verhandlung, die mit einem Freispruch endete, nicht nur vom Staatsanwalt als „mieser Charakter“ beschimpfen lassen. Ich hätte darauf bestehen sollen, das protokollieren zu lassen.