„Wir sind hier im Vereinsrecht“

Iustitia

Der DJV (als Kläger) und der DJV Brandenburg (als Beklagter) haben heute bei der Verhandlung vor dem Brandenburgischen Oberlandesgericht einen Vergleich geschlossen. In Kürze (und ohne Gewähr) sieht der folgendes vor:

– Der DJV (Bundesverband) zahlt an den DJV Brandenburg 11563,73 Euro (bis zum 30.04.2008). Damit sind die Ansprüche des DJV Brandenburg auf Strukturhilfe von 2004 bis zum Juni 2008 abgegolten. Der Bundesverband verzichtet auf Beitragszahlungen des Landesverbands bis einschließlich Juni 2008. Alle weiteren Gegenstände des juristischen Streits haben sich damit erledigt.

– Der DJV trägt dafür Sorge, dass der DJV Brandenburg bis zum 30.04. (anonymisierte) Informationen über das Strukturhilfeverfahren erhält und darüber, welche Kriterien ein Landesverband, der eine finanzielle Beihilfe beantragt, erfüllen muss.

– Die Kosten des Verfahrens werden hälftig geteilt, jede Partei trägt die außergerichtlichen Kosten selbst.

– Der DJV bekommt eine Frist zum Widerruf des Vergleichs bis zum 30.04.2008.

Zur Vorgeschichte vgl. recherchegruppe.tk (09.02.2008): „High Noon in Brandenburg; (25.12.2007): „Scheitern die Vergleichsverhandlungen zwischen dem DJV und dem DJV Brandenburg?“ und 07.11.2007: „DJV Brandenburg im Vorteil, update“]

JVA

„Wir sind hier im Vereinsrecht“

Einige Prozessbeoabachter meinten, leise Walzerklänge in den Gängen des Brandenburgischen Oberlandesgerichts gehört zu haben. Wenn das stimmt, dann konnte es nur die Göttin der Vernunft sein, die, vormals verzweifelt und tief depressiv, plötzlich leicht beschwingt einherschwebte. Ein Vergleich! Es geschehen doch noch Zeichen und Wunder, sogar im Dilettantenstadl des DJV.

Ohne das gestrenge Regiment der äußerst gut informierten Vorsitzenden Richterin („das könnte man jetzt lateinisch viel besser formulieren“) und ihrer beider Kolleginnen wäre es sicher schwer geworden, das komplizierte Lügengebäude zu durchschauen, das in zahllosen Schriftsätzen aufgebaut worden war und das nur absolute Insider (zu denen sich der Autor dieser unmaßgeblichen Zeilen zählt) zu durchschauen vermochten.

Zu einigen Punkten hat sich das Gericht jedoch eindeutig erklärt: Die These, dass die Landesverbände für die „Strukturhilfe“ innerhalb des DJV zuständig seien, wurde verworfen. Auch glaubte die Vorsitzende kein Wort, als behauptet wurde, die Höhe dieser Hilfe habe sich allein nach den in den Landesverbänden entstandenen Personalkosten gerichtet.

Sehr ärgerlich wurde das Gericht, das zur Aufklärung explizit ein Vorstandsmitglied des Bundesverbands herbeizitiert hatte, als Michael Anger keine Fakten vortragen, sondern stattdessen sich „etwas vorstellen“ konnte. Die Vertreter des Bundesverbands mussten sich ausführlich belehren lassen: „Wir sind hier im Vereinsrecht“. Und das bedeute: Was nicht in der Satzung steht, geht nicht.

Der Gesamtvorstand habe laut Satzung des DJV nicht das Recht, eine „Finanzkommission“ oder ein ähnliches Gremien einzurichten, die plötzlich die Mitgliedsgelder anders verteilen, zumal der betreffende Beschluss nur als „Tischvorlage“, nicht aber in der Einladung zu der damaligen Sitzung vorgelegen haben. Nur eine Mitgliederversammlung könne das beschließen. Tenor: „Die Landesverbände“ als Gremium „gibt es laut Satzung nicht.“ Auch sei ein Eilbedürfnis damals nicht zu erkennen gewesen, da die Höhe der Strukturhilfe sich nach dem Beschluss nicht geändert habe. Nur sei der DJV Brandenurg nicht mehr berücksichtigt worden.

Rechtsanwalt Roger Schwarz, der den DJV vertrat, versuchte noch zu argumentieren, die Landesverbände des DJV hätten beschlossen, der Bundesverband könne die Sturkturhilfe nicht mehr verteilen, sie müssten das jetzt tun. Und es sei schlicht – auch rechtlich – unmöglich, jetzt Gelder a posteriori auszuschütten, wenn keine mehr da seien. Das half nichts. „Dann muss man halt gucken, wo das Geld herkommt“, meinte die Richterin lapidar: „Ein Verein muss sich daran halten, was in der Satzung steht, sonst gibt es ein Problem.“

Es war erholsam, wie ein Gericht selbstherrlichen Apparatschiks die Leviten las. Im DJV Brandenburg war man sich einig: Wenn der Vergleich doch noch scheitere, würden die drei Richterinnen vermutlich gegen den Bundesverband einen sehr großen juristischen Knüppel schwingen, da sie die Parteien mehrfach und inständig zu einem Vergleich aufgefordert hatten: „Sie sind doch aneinander gekettet.“

Alle gewinnen bei diesem Vergleich: Der DJV Brandenburg hat die Genugtuung, dass seine Position, er habe genau so ein Recht auf Strukturhilfe wie die anderen finanzschwachen Landesverbände, bestätigt wurde. Der Bundesverband braucht jetzt keine „Schattenwirtschaft“ und keine „Reptilienfonds“ mehr, sondern kann ab Juli wieder dazu übergehen, den „Länderfinanzausgleich“ selbst vorzunehmen, da der DJV Brandenburg ab dann brav seine Mitgliedsbeiträge abführen wird. Die Prozesshanselei hat ein Ende, da nicht nur der Streit um die Finanzen in den Jahren 2004 und 2005 beigelegt, sondern gleich bis in die Gegenwart reiner Tisch gemacht wurde.

Es gibt noch ein paar Gewinner – die müssen es nur noch merken: Die Landesverände im Beitrittgebiet sind durch die Argumentation des Gerichts bestärkt worden, dass das Füllhorn der Strukturhilfe nach klar nachvollziehenden Regeln ausgeschüttet werden muss und nicht nach dem Kriterium, welche Nase dem Gesamtvorstand passt oder auf Zuruf und nach der Maxime „divide et impera“. Letzteres fördert den Opportunismus und züchtet eine Riege willfähriger Landesgeschäftsführer heran, die um ihren Posten fürchten müssten, wenn sie dem Quatsch, der auf Bundesebene des DJV manchmal beschlossen wird, widersprächen. Aber eine eigene Meinung zu haben, muss gelernt zu sein und setzt Charakter voraus. Leider wird das beim Eintritt in den DJV nicht überprüft.

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Date posted: Mittwoch, März 5th, 2008 23:19 | Under category: DJV Brandenburg, DJV Bundesverband, DJV Landesverbände
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