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Am 13.05.2006 hatte ich fahrlässig gefragt: "Hacker Tron - der Schlussstrich?" Das war ein Irrtum. Verschwörungstheorien geraten nicht durch die Zeit oder durch vernünftige Argumente aus der Welt. Nein, ganz im Gegenteil: Je länger ihr Anlass zurückliegt, um so weniger Wissen ist beim Rezipienten über den Fall vorhanden - und um so eher wird dem Unfug zugehört.

Wie unseriöser Journalismus zum Tod Boris Floricic' alias "Tron" aussieht, zeigt uns jetzt "jetzt.de, nach eigenen Angaben: "jetzt.de ist das Zuhause im Web für Menschen, die neugierig und kritisch, gebildet und aufgeweckt, optimistisch und engagiert sind. Kurzum: für die SZ-Leserinnen und Leser von morgen."

Warum unseriös? "Audiatur et altera pars" heißt das urjournalistische Prinzip, auch die andere Seite zu Wort kommen zu lassen. Der Artikel heißt "Die Akte 'Tron': Wurde der Hacker doch ermordet? Eine Spurensuche". Die Autorin hat sich nicht nur nicht die Mähe gemacht, mich anzurufen, sie gibt auch noch den Inhalt meines Buches "Tron - Tod eines Hackers" falsch wieder. Der Artikel ist auschließlich eine Werbemaßnahme für den Aufmerksamkeitstäter Andy Müller-Maguhn, dessen Bild ohne Zusammenhang mit dem Text im Großformat abgedruckt wird - und dessen ganz private Verschwörungstheorie. Zuletzt spielte Müller-Maguhn eine unrühmliche Rolle, weil er die einstweilige Verfügung gegen Wikipedia rechtfertigte.

Der Artikel in jetzt.de wimmelt von suggestiven Formulierungen wie "des angeblich renommierten Gerichtsmediziners" und

durch nichts belegte Thesen wie für "Familie und Freunde des Hackers ist das Buch ein Schlag ins Gesicht." Welche Freunde sind denn gemeint? Trons engster Freund und Geschäftspartner Andreas H. sieht das ganz anders. Ich habe in meinem Buch auch bewusst offen gelassen, ob es sich um Suizid oder Mord handelt, sondern nur die Fakten diskutiert, die die Leserinnen und Leser selbst nach eigenem Gutdünken interpretieren sollen.

Vollends gelogen ist der Satz: "Für Andy Müller-Maguhn und den CCC ist klar: Tron wurde ermordet, aufgrund seines Wissens war er eine Gefahr" Die Autorin verschweigt, dass einige meiner engsten "Mitarbeiter" und Rechercheure zum Buch Mitglieder des CCC waren und dass die Mehrheit der Mitglieder die Verschwörungstheorie garantiert nicht teilt (vgl. auch spiggel.de 19.01.2006 "Chaos im Computerclub"). Tron war für niemanden eine Gefahr.

Am Schluss des Artikels in jetzt.de heisst es: "Eine endgültige Entscheidung für eine der beiden Seiten wäre unseriös und ist angesichts der Verweigerung der Staatsanwaltschaft, den offenen Fragen doch noch nachzugehen, um eventuell die Verschwörungstheorie ein für alle Mal aus der Welt zu schaffen, nicht möglich. Genau hier liegt der Grund, warum viele stutzig sind: Hätte es nicht im Interesse aller sein müssen, diese Vorwürfe zu entwaffnen?"
Tron

Warum soll eine endgültige Entscheidung unseriös sein? Unseriös ist es, immer wieder dieselben "Argumente" widerzukäuen, die sich beim näheren Hinsehen und angesichts der Fakten in heiße Luft auflösen oder als Wunschdenken entpuppen. Eine korrekte Überschrift hätte heißen können: "Die Akte 'Tron': Hat der Hacker doch Suizid begangen? Eine Spurensuche". Aber dann wäre die Sensationslust nicht bedient worden.

"Den Text entnehmen wir mit freundlicher Genehmigung der aktuellen Ausgabe des Online-Magazins daheim, die sich mit dem Thema "Verschwörung" befasst." Ach so. Dann ist ja alles klar. jetzt.de ist das Zuhause im Web für Menschen, die gern unkritisch Verschwörungstheorien wiederkäuen und sich dabei wohlig gruseln wollen.

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BURKS ONLINE 04.11.2006
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