Was sind schon 750 000 Euro?! Liebe Leserin, lieber Leser, bevor sie jetzt entsetzt oder gelangweilt wegzappen, weil es schon wieder über das leidige Thema DJV geht: Heute reden wir über große Summen Geldes und Informationen, die mir darüber investigativ zugeflogen sind, über die Tatsache, dass die übergroße Mehrheit der organisierten Journalisten in Deutschland sich nicht dafür interessiert, was mit ihren Mitgliedsgeldern geschieht, über die weitere unstrittige Tatsache, dass Apparatschiks und Ehrenämtler, die Gelder, die ihnen nicht gehören, sinnlos zum Fenster hinauswerfen und dennoch der Meinung sind, das sei alles gut so und sie müssten deshalb wiedergewählt werden, auch wenn der Laden, den sie zu verantworten haben, so gut wie pleite ist. Genau, es kann sich nur um den DFB, den DJV oder einen anderen deutschen Verein handeln. Vereinsvorstände, sind sie noch nicht im 21. Jahrhundert und in der Epoche des Internet angekommen, pflegen zwei Motti zu haben: "Avanti Dilettanti" und "Wenn ihr mich weghaben wollt, müsst ihr mich schon erschießen." Letztes sieht man insbesondere im DJV Baden-Württemberg auf's Schönste verwirklicht.
Jetzt aber, husch!, zum Thema. Worüber werden die rund 40 000 Mitglieder des Berufsverbands nicht informiert? Zum Beispiel darüber, wieviel die Ausschlüsse, die unzähligen und zumeist verlorenen Gerichtsverfahren und die Finanzierung der zwei neuen Bundesverbände gekostet haben, woher das Geld kam und wo es geblieben ist. Auf keiner offiziellen Website des DJV sind darüber zufrieden stellende Angaben zu finden. Also muss dieses kleine frauen- und familienfreundliche Forum die gewohnt aufklärerische Rolle übernehmen.
Im Jahr 2004 erhielt der neue Brandenburger Journalisten-Verband e.V., der jetzt rund 350 Mitglieder hat, rund 182 000 Euro, im Jahr 2005 135 000 Euro. Der Verein Berliner Journalisten (VBJ) sackte 2004 rund 152 000 Euro ein, 2005 - also im letzten Jahr - 195 000 Euro. Interne Schätzungen im DJV gehen davon aus, dass die Gerichtskosten, die (ungültigen) Ausschlüsse betreffend, mindestens 90 000 Euro betragen. Dazu kommen noch die Kosten für den außerordentlichen Verbandstag 2004 und und und. Alles in allem hat der Unfug rund 750 000 Euro gekostet, also eine dreiviertel Million alias 1,5 Millionen DM. Und was ist dabei herausgekommen? Nichts, gar nichts. Es ist alles wie vorher, die beiden ausgeschlossenen Verbände sind immer noch Mitglied, und zwei weitere hängen am Tropf. Und der DJV hat seine gesamten Rücklagen aufgezehrt. Super. Ich schrieb schon: Avanti Dilettanti. Und der Bundesvorstand übernimmt selbstredend nicht die Verantwortung, sondern möchte wiedergewählt werden, als sei nichts passiert. Na klar: Ich bin's nicht gewesen, Adolf Hitler oder jemand anderes ist es gewesen. Oder Hubert Engeroff.
Man kann das ausrechnen: Ich zahle 17 Euro im Monat, also 204 Euro im Jahr Beitrag. Ich müsste also mehr als 3000 Jahre Mitglied sein, um auf die Summe zu kommen, die der Bundesvorstand gerade verballert hat. Oder: Bei der stolzen Dreivierteilmillion handelt es sich um die jährlichen Mitgliedsbeiträge von rund 3677 Mitgliedern, wenn diese einen durchschnittlichen Beitrag zahlten. Der DJV Berlin hatte ungefähr so viele Mitglieder vor seiner Spaltung. Aber was soll's: Das Geld ist weg, und niemand kümmert es. Deutsches Vereinswesen eben.
Doch halt. Die Sache war komplizierter. Diverse Landgerichte hatten dem DJV verboten, die neu gegründeten Landesverbände in Berlin und Brandenburg direkt zu unterstützen. Das widerspräche der Pflicht des DJV, alle gleich zu behandeln. Bis dahin gab es eine Art Länderfinanzausgleich - die Landesverbände, die selbst finanziell nicht lebensfähig waren - wie die im Beitrittsgebiet - bekamen Geld vom Bundesverband. Also ließ man sich etwas einfallen. Jetzt liefen die Gelder zuerst vom DJV Baden-Württemberg, dann vom DJV Nordrhein-Westfalen nach Brandenburg und Berlin. Dummerweise vergaß man, dass bei der Transaktion von Geldern zwischen unabhängigen Vereinen 29 Prozent Schenkungssteuer fällig werden. Dann trudelten böse Briefe von Finanzämtern ein, und, um das Unheil irgendwie zu vermeiden, wurden die Gelder flugs in Darlehen umgerubelt. Ob die Finanzbehörden die A-posteriori-Aktion akzeptieren, weiß noch niemand. Das hatte aber wiederum zur Folge, dass die Darlehensnehmer dadurch überschuldet sind (vgl. spiggel.de, 17.07.2006: "Zu jung zum Sterben?") und eigentlich zum Insolvenzrichter müssten. Und die Darlehensgeber wie der DJV NRW müssen mit die fehlenden Gelder, die sie ohnehin nie wiederbekommen werden, aber in den Büchern stehen, ihren Mitgliedern erklären, falls die denn auf die Idee kämen zu fragen. Avanti Dilettanti.
Jetzt möchte der Bundesvorstand gern einen so genannten "Regionalverband" Berlin-Brandenburg gründen, in den der DJV Berlin, der VBJ und die kleinen Brandenburger hineinmarschieren sollen. Den DJV Brandenburg und seine rund 600 Mitglieder will man raushaben. Sollen die doch zur dju oder sonstwohin. Der Vorstand gefällt uns nicht. Dafür setzen wir 600 Journalisten vor die Tür. Ist uns doch egal. Es kommt ja eh nicht mehr darauf an. Und auch die PR-Wirkung geht uns am Gesäß vorbei.
Das mit dem Regionalverband wird aber nicht funktionieren. Vermutlich hofft man, den VBJ und den Brandenburger Journalistenverband in die Insolvenz treiben zu können, um dann in einen neuen Verein ohne Schulden flüchten zu können. So etwas sehen Gerichte aber gar nicht gern. Stichwort "Rechtsnachfolge" undsoweiter. Und warum sollte der DJV Berlin, dessen Vorstand gerade einen Sanierungsplan verabschiedet hat, sich auflösen, nur weil der VBJ, trotzig wie ein pubertierendes Mädchen, keinen Bock auf eine Fusion hat? Der Verfasser dieser unmaßgeblichen Zeichen wird dafür sorgen, dass das nicht geschieht.
Nein, es wird ganz anders kommen. Der Brandenburger Journalisten-Verband und der Verein Berliner Journalisten (VBJ) müssen sich zum Beitrittsgebiet erklären, ihre Mitglieder in den DJV Berlin überweisen - und dann jeweils bei sich das Licht ausmachen. Ganz ohne "Regionalverband". Dann gäbe es wieder nur einen finanziell gesunden Landesverband DJV Berlin-Brandenburg, der genug Mitglieder hätte, um sich aus eigener Kraft schnell zu sanieren. Und auch der DJV Nordrhein-Westfalen würde sein Geld wiedersehen. Bei allen anderen Denkmodellen nicht. Was spräche dagegen? Nichts Rationales. Nur die irrationale Gruppendynamik bei Kothys. Aber wie schon gesagt: Was sind schon 750 000 Euro? Für den DJV nur Peanuts.
Bild Mitte: Dr. Michael Rediske, 2003/4 Geschäftsführer des DJV Berlin (aus: Wort, Bild & Ton), heute Leiter der Geschäftsstelle des VBJ.
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